Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch]
Bew Dieses soll jeden Künstler auf das Angenehme Bewegung. (Musik.) Wenn man von der Bewegung eines Tonstüks Hier ist überhaupt anzumerken, daß ein Ton- Bew sen genau überlegt werden, damit im Ausdruk nichtgegen die Natur angestoßen werde. Niemand, als der, welcher ein Stük selbst gesezt Verschiedene sehr gute Anmerkungen hierüber Bewegung. Bedeutet in der Musik auch noch Die gerade Bewegung wird die genennt, da Beweis. (Beredsamkeit.) Die Kunst einen Beweis zu führen scheinet der die U 3
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Bew Dieſes ſoll jeden Kuͤnſtler auf das Angenehme Bewegung. (Muſik.) Wenn man von der Bewegung eines Tonſtuͤks Hier iſt uͤberhaupt anzumerken, daß ein Ton- Bew ſen genau uͤberlegt werden, damit im Ausdruk nichtgegen die Natur angeſtoßen werde. Niemand, als der, welcher ein Stuͤk ſelbſt geſezt Verſchiedene ſehr gute Anmerkungen hieruͤber Bewegung. Bedeutet in der Muſik auch noch Die gerade Bewegung wird die genennt, da Beweis. (Beredſamkeit.) Die Kunſt einen Beweis zu fuͤhren ſcheinet der die U 3
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Von dem letzten geben der<lb/> Beſeſſene in ſeiner Verklaͤrung des Heilands, und<lb/> der ſterbende Ananias deutlichen Beweis.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Bewegung.</hi><lb/> (Muſik.)</head><lb/> <p><hi rendition="#in">W</hi>enn man von der Bewegung eines Tonſtuͤks<lb/> ſpricht, ſo verſteht man den Grad der Geſchwindig-<lb/> keit, in welcher der Takt nach dem Charakter des<lb/> Stuͤks geſpielt wird. Jedes Tonſtuͤk hat, nach Be-<lb/> ſchaffenheit der Empfindung die es ausdruͤkt, einen<lb/> geſchwinden oder langſamern Gang, von dem man<lb/> drey Hauptarten, den langſamen, den maͤßigen und<lb/> den geſchwinden, unterſcheidet. Jede Hauptart<lb/> hat wieder ihre verſchiedenen Grade; und der Ton-<lb/> ſetzer zeigt den Grad der Bewegung allemal am<lb/> Anfang des Stuͤks mit einen italiaͤniſchen Wort an.<lb/> Die geſchwinden Bewegungen werden durch <hi rendition="#aq">Pre-<lb/> ſtiſſimo, Preſto, Allegro aſſai, allegro di molto,<lb/> Allegro, Allegretto,</hi> die maͤßigen durch <hi rendition="#aq">Andante,<lb/> Andantino,</hi> die langſamen durch <hi rendition="#aq">Largo, Larghetto,<lb/> Adagio,</hi> ausgedrukt. Von dieſen beſondern Gra-<lb/> den der Bewegung iſt unter dieſen Namen das<lb/> mehrere zu finden.</p><lb/> <p>Hier iſt uͤberhaupt anzumerken, daß ein Ton-<lb/> ſetzer zum richtigen Ausdruk der Muſik nicht nur<lb/> die Gattung der Leidenſchaft oder Empfindung, die<lb/> er vorſtellen will, ſondern deren beſondere Schatti-<lb/> rung, nach den Umſtaͤnden, ſich mit genauer Ueber-<lb/> legung vorſtellen muͤſſe, ehe er die Bewegung ſei-<lb/> nes Stuͤks bezeichnet. Dieſelbe Leidenſchaft ſpricht<lb/> und wuͤrkt, nach den Umſtaͤnden, bald ſchneller bald<lb/> langſamer. Ueberhaupt ſchikt ſich zu froͤhlichen<lb/> Leidenſchaften die geſchwindre, zu zaͤrtlichen die<lb/> langſamere Bewegung, zu maͤßigen aber die ge-<lb/> maͤßigte. Aber die Heftigkeit einer Leidenſchaft<lb/> laͤßt oft unbeſtimmt, ob die Bewegung ſehr langſam<lb/> oder ſehr geſchwind ſeyn ſoll. Der Zorn erfodert<lb/> eine geſchwinde und der heftige Schmerz gar oft eine<lb/> langſame Bewegung. Dergleichen Umſtaͤnde muͤſ-<lb/><cb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Bew</hi></fw><lb/> ſen genau uͤberlegt werden, damit im Ausdruk nicht<lb/> gegen die Natur angeſtoßen werde.</p><lb/> <p>Niemand, als der, welcher ein Stuͤk ſelbſt geſezt<lb/> hat, iſt im Stande den richtigſten Grad der Bewe-<lb/> gung deſſelben anzugeben. Ein kleiner Grad da-<lb/> ruͤber oder darunter kann der Wuͤrkung des Stuͤks<lb/> viel ſchaden thun. 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Bew
Bew
Dieſes ſoll jeden Kuͤnſtler auf das Angenehme
und Widrige in der Bewegung aufmerkſam machen.
Nicht blos den Taͤnzer, deſſen eigentliches Studium
ſie iſt, ſondern auch den Tonſetzer, den Mahler und
den Dichter. Denn daher werden ſie bisweilen die
hoͤchſte Kraft ihrer Vorſtellungen nehmen koͤnnen.
Raphael hat nicht nur den hoͤchſten Reiz der Be-
wegung, ſondern auch das hoͤchſt widrige derſelben
in der Natur entdeket. Von dem letzten geben der
Beſeſſene in ſeiner Verklaͤrung des Heilands, und
der ſterbende Ananias deutlichen Beweis.
Bewegung.
(Muſik.)
Wenn man von der Bewegung eines Tonſtuͤks
ſpricht, ſo verſteht man den Grad der Geſchwindig-
keit, in welcher der Takt nach dem Charakter des
Stuͤks geſpielt wird. Jedes Tonſtuͤk hat, nach Be-
ſchaffenheit der Empfindung die es ausdruͤkt, einen
geſchwinden oder langſamern Gang, von dem man
drey Hauptarten, den langſamen, den maͤßigen und
den geſchwinden, unterſcheidet. Jede Hauptart
hat wieder ihre verſchiedenen Grade; und der Ton-
ſetzer zeigt den Grad der Bewegung allemal am
Anfang des Stuͤks mit einen italiaͤniſchen Wort an.
Die geſchwinden Bewegungen werden durch Pre-
ſtiſſimo, Preſto, Allegro aſſai, allegro di molto,
Allegro, Allegretto, die maͤßigen durch Andante,
Andantino, die langſamen durch Largo, Larghetto,
Adagio, ausgedrukt. Von dieſen beſondern Gra-
den der Bewegung iſt unter dieſen Namen das
mehrere zu finden.
Hier iſt uͤberhaupt anzumerken, daß ein Ton-
ſetzer zum richtigen Ausdruk der Muſik nicht nur
die Gattung der Leidenſchaft oder Empfindung, die
er vorſtellen will, ſondern deren beſondere Schatti-
rung, nach den Umſtaͤnden, ſich mit genauer Ueber-
legung vorſtellen muͤſſe, ehe er die Bewegung ſei-
nes Stuͤks bezeichnet. Dieſelbe Leidenſchaft ſpricht
und wuͤrkt, nach den Umſtaͤnden, bald ſchneller bald
langſamer. Ueberhaupt ſchikt ſich zu froͤhlichen
Leidenſchaften die geſchwindre, zu zaͤrtlichen die
langſamere Bewegung, zu maͤßigen aber die ge-
maͤßigte. Aber die Heftigkeit einer Leidenſchaft
laͤßt oft unbeſtimmt, ob die Bewegung ſehr langſam
oder ſehr geſchwind ſeyn ſoll. Der Zorn erfodert
eine geſchwinde und der heftige Schmerz gar oft eine
langſame Bewegung. Dergleichen Umſtaͤnde muͤſ-
ſen genau uͤberlegt werden, damit im Ausdruk nicht
gegen die Natur angeſtoßen werde.
Niemand, als der, welcher ein Stuͤk ſelbſt geſezt
hat, iſt im Stande den richtigſten Grad der Bewe-
gung deſſelben anzugeben. Ein kleiner Grad da-
ruͤber oder darunter kann der Wuͤrkung des Stuͤks
viel ſchaden thun. So viel Woͤrter man auch hie-
zu ausgedacht hat, ſo ſind ſie dennoch nicht hinlaͤng-
lich. Genau koͤnnte die Bewegung durch wuͤrkliche
Feſtſetzung der Zeit, in welcher das ganze Stuͤk
geſpielt werden ſoll, angezeigt werden. Wer ſich
ein Verdienſt daraus macht ein Stuͤk von einem
großen Meiſter vollkommen vorzutragen, der thut
wol, daſſelbe in der Art der vorgeſchriebenen Bewe-
gung ſehr ofte, bald etwas geſchwinder, bald etwas
langſamer zu ſpielen und jedesmal genau auf die
Wuͤrkung deſſelben Achtung zu geben, damit er
hernach bey dem vortheilhafteſten Grad bleiben
koͤnne.
Verſchiedene ſehr gute Anmerkungen hieruͤber
giebt Quanz in ſeiner Anleitung zur Floͤte im XVII.
Abſch. in der VII. Abtheil. §. 45. u. ſ. f.
Bewegung. Bedeutet in der Muſik auch noch
die Fortruͤkung des Geſanges in den Stimmen in
Abſicht auf das Steigen und Fallen. Ueber dieſe
Bewegung geben die Tonlehrer verſchiedene Regeln,
wodurch man die fehlerhafte Fortſchreitung durch
Quinten und Octaven vermeiden kann. Dieſe Re-
geln findet man in dem Artikel Fortſchreitung;
hier aber werden die Arten der Bewegung erklaͤrt.
Die gerade Bewegung wird die genennt, da
zwey Stimmen zugleich ſteigen oder fallen. Die
Seitenbewegung die, da die eine Stimme auf der-
ſelbigen Hoͤhe bleibt, die andre aber ſteigt oder faͤllt;
die Gegenbewegung aber die, da die eine Stimme
ſteigt indem die andre faͤllt.
Beweis.
(Beredſamkeit.)
Die Kunſt einen Beweis zu fuͤhren ſcheinet der
wichtigſte Theil der Beredſamkeit zu ſeyn. Jn ge-
richtlichen Reden kommt auf die Beweiſe alles an;
in Berathſchlagenden ſehr vieles: aber auch außer
dieſen Hauptgelegenheiten hat man faſt uͤberall
noͤthig das Urtheil andrer zu lenken, oder ſein eige-
nes zu rechtfertigen. Eigentlich beſteht die ganze
Beredſamkeit darin, daß man ſich ſo wol des Ur-
theils, als der Empfindungen der Menſchen durch
die
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