Die Straßen der Stadt sind zwar etwas eng; aber durchgehends sind die Häuser wohl gebaut und von weit besserem Geschmack, als in den schönsten und größten Städten in Deutschland. Hier und da siehet man wirklich prächtige Gebäude, wie z. B. das Hotel de Ville, das in jedem Lande von Europa für schön würde gehalten werden; wiewohl es etwas zu viel verziert ist. An denselbigen Platz stößt auch ein anderes sehr großes und schönes Gebäude, das einem Kloster oder einer Congregation, deren Namen ich vergessen habe, gehört. Außer dem schönen und gros- sen Marktplatz vor dem Hotel de Ville, hat die Stadt noch einen der schönsten und größten Plätze von Euro- pa, der von der darauf stehenden Statue equestre Ludwigs des Vierzehnten la Place de Louis le Grand genennt wird. An einer Seite desselben ist ein angenehmer, mit etlichen Reihen schöner hoher Bäume besetzter Spaziergang.
Meine meiste Aufmerksamkeit zog hier eine nochGroßes Un- ternehmen die Stadt zu erweitern. nicht ganz ausgeführte große Unternehmung zur Er- weiterung der Stadt auf sich: eine Unterneh- mung, die durch ihre Größe und Kühnheit merkwür- dig ist, und einen Beweis von dem unternehmenden Geist der Franzosen giebt.
Jch habe gesagt, daß an dem westlichen Ende der Stadt die Rhone ihren Lauf von Morgen nach Abend plötzlich ändere, und gerade nach Norden ge- gen die Saone hinfließe. Von diesem Ellbogen an aber geht doch ein seichter Arm gerade fort in der Rich- tung von Morgen gegen Abend. Ohngefähr eine hal- be Stunde unterhalb der Stadt vereinigt sich dieser Arm wieder mit dem Hauptstrom, der nun auch die
Saone
gethanen Reiſe.
Die Straßen der Stadt ſind zwar etwas eng; aber durchgehends ſind die Haͤuſer wohl gebaut und von weit beſſerem Geſchmack, als in den ſchoͤnſten und groͤßten Staͤdten in Deutſchland. Hier und da ſiehet man wirklich praͤchtige Gebaͤude, wie z. B. das Hotel de Ville, das in jedem Lande von Europa fuͤr ſchoͤn wuͤrde gehalten werden; wiewohl es etwas zu viel verziert iſt. An denſelbigen Platz ſtoͤßt auch ein anderes ſehr großes und ſchoͤnes Gebaͤude, das einem Kloſter oder einer Congregation, deren Namen ich vergeſſen habe, gehoͤrt. Außer dem ſchoͤnen und groſ- ſen Marktplatz vor dem Hotel de Ville, hat die Stadt noch einen der ſchoͤnſten und groͤßten Plaͤtze von Euro- pa, der von der darauf ſtehenden Statue equeſtre Ludwigs des Vierzehnten la Place de Louis le Grand genennt wird. An einer Seite deſſelben iſt ein angenehmer, mit etlichen Reihen ſchoͤner hoher Baͤume beſetzter Spaziergang.
Meine meiſte Aufmerkſamkeit zog hier eine nochGroßes Un- ternehmen die Stadt zu erweitern. nicht ganz ausgefuͤhrte große Unternehmung zur Er- weiterung der Stadt auf ſich: eine Unterneh- mung, die durch ihre Groͤße und Kuͤhnheit merkwuͤr- dig iſt, und einen Beweis von dem unternehmenden Geiſt der Franzoſen giebt.
Jch habe geſagt, daß an dem weſtlichen Ende der Stadt die Rhone ihren Lauf von Morgen nach Abend ploͤtzlich aͤndere, und gerade nach Norden ge- gen die Saone hinfließe. Von dieſem Ellbogen an aber geht doch ein ſeichter Arm gerade fort in der Rich- tung von Morgen gegen Abend. Ohngefaͤhr eine hal- be Stunde unterhalb der Stadt vereinigt ſich dieſer Arm wieder mit dem Hauptſtrom, der nun auch die
Saone
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gethanen Reiſe.
Die Straßen der Stadt ſind zwar etwas eng;
aber durchgehends ſind die Haͤuſer wohl gebaut und
von weit beſſerem Geſchmack, als in den ſchoͤnſten
und groͤßten Staͤdten in Deutſchland. Hier und da
ſiehet man wirklich praͤchtige Gebaͤude, wie z. B. das
Hotel de Ville, das in jedem Lande von Europa fuͤr
ſchoͤn wuͤrde gehalten werden; wiewohl es etwas zu
viel verziert iſt. An denſelbigen Platz ſtoͤßt auch ein
anderes ſehr großes und ſchoͤnes Gebaͤude, das einem
Kloſter oder einer Congregation, deren Namen ich
vergeſſen habe, gehoͤrt. Außer dem ſchoͤnen und groſ-
ſen Marktplatz vor dem Hotel de Ville, hat die Stadt
noch einen der ſchoͤnſten und groͤßten Plaͤtze von Euro-
pa, der von der darauf ſtehenden Statue equeſtre
Ludwigs des Vierzehnten la Place de Louis le
Grand genennt wird. An einer Seite deſſelben iſt
ein angenehmer, mit etlichen Reihen ſchoͤner hoher
Baͤume beſetzter Spaziergang.
Meine meiſte Aufmerkſamkeit zog hier eine noch
nicht ganz ausgefuͤhrte große Unternehmung zur Er-
weiterung der Stadt auf ſich: eine Unterneh-
mung, die durch ihre Groͤße und Kuͤhnheit merkwuͤr-
dig iſt, und einen Beweis von dem unternehmenden
Geiſt der Franzoſen giebt.
Großes Un-
ternehmen
die Stadt zu
erweitern.
Jch habe geſagt, daß an dem weſtlichen Ende
der Stadt die Rhone ihren Lauf von Morgen nach
Abend ploͤtzlich aͤndere, und gerade nach Norden ge-
gen die Saone hinfließe. Von dieſem Ellbogen an
aber geht doch ein ſeichter Arm gerade fort in der Rich-
tung von Morgen gegen Abend. Ohngefaͤhr eine hal-
be Stunde unterhalb der Stadt vereinigt ſich dieſer
Arm wieder mit dem Hauptſtrom, der nun auch die
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/93>, abgerufen am 23.11.2024.
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