aus, und alsdenn bemerkte ich, daß es die Gesellschaft sehr befremdete, daß ich unzufrieden über Sachen war, an denen sie nichts auszusetzen fanden. So habe ich an verschiedenen Orten, wo sonst die Tafel in Anse- hung der Speisen reichlich bedient ist, gesehen, daß das Wasser in schönen Flaschen von Crystallglas auf den Tisch gesetzt ward; diese Flaschen aber hatten durch den darauf sitzenden Schmuz ihre Durchsichtigkeit völ- lig verloren; und es ist wahrscheinlich, daß sie nie- mals weder von außen abgewaschen, noch inwendig ausgespült worden. Aber genug hievon.
Von Mont Luel ist der Weg nach Lyon sehr angenehm, und von dem Ort an, wo man diese Stadt zuerst in der Ferne sieht, hat man eine über- aus prächtige Aussicht. Man fährt nun beständig von dem hohen Lande, das längst dem rechten Ufer der Rhone liegt, allmählig herunter. Zur linken Seite siehet man diesen Fluß durch die Ebene fortflies- sen, und jenseit desselben hat man erst ein weites ebe- nes Land, hinter demselben aber die hohen Berge der Provinz Dauphine. Vor sich sieht man den Strom gegen Lyon hinfließen, von welcher Stadt man die an dem Ufer desselben liegenden hohen Häuser in einer beträchtlichen Entfernung erblickt. Je näher man ge- gen die Stadt kommt, je prächtiger wird diese Aussicht.
Das rechte Ufer der Rhone ist hier mit Bergen und Höhen besetzt, die sich bis Lyon und dann noch weiter herunter erstrecken. An diesen Bergen, in ei- ner ziemlichen Höhe über dem Fluß, geht die Land- straße mit dem Fluß parallel, so daß man rechter Hand der Straße keine Aussicht hat. Etwa eine hal-
be
E 4
gethanen Reiſe.
aus, und alsdenn bemerkte ich, daß es die Geſellſchaft ſehr befremdete, daß ich unzufrieden uͤber Sachen war, an denen ſie nichts auszuſetzen fanden. So habe ich an verſchiedenen Orten, wo ſonſt die Tafel in Anſe- hung der Speiſen reichlich bedient iſt, geſehen, daß das Waſſer in ſchoͤnen Flaſchen von Cryſtallglas auf den Tiſch geſetzt ward; dieſe Flaſchen aber hatten durch den darauf ſitzenden Schmuz ihre Durchſichtigkeit voͤl- lig verloren; und es iſt wahrſcheinlich, daß ſie nie- mals weder von außen abgewaſchen, noch inwendig ausgeſpuͤlt worden. Aber genug hievon.
Von Mont Luel iſt der Weg nach Lyon ſehr angenehm, und von dem Ort an, wo man dieſe Stadt zuerſt in der Ferne ſieht, hat man eine uͤber- aus praͤchtige Ausſicht. Man faͤhrt nun beſtaͤndig von dem hohen Lande, das laͤngſt dem rechten Ufer der Rhone liegt, allmaͤhlig herunter. Zur linken Seite ſiehet man dieſen Fluß durch die Ebene fortflieſ- ſen, und jenſeit deſſelben hat man erſt ein weites ebe- nes Land, hinter demſelben aber die hohen Berge der Provinz Dauphiné. Vor ſich ſieht man den Strom gegen Lyon hinfließen, von welcher Stadt man die an dem Ufer deſſelben liegenden hohen Haͤuſer in einer betraͤchtlichen Entfernung erblickt. Je naͤher man ge- gen die Stadt kommt, je praͤchtiger wird dieſe Ausſicht.
Das rechte Ufer der Rhone iſt hier mit Bergen und Hoͤhen beſetzt, die ſich bis Lyon und dann noch weiter herunter erſtrecken. An dieſen Bergen, in ei- ner ziemlichen Hoͤhe uͤber dem Fluß, geht die Land- ſtraße mit dem Fluß parallel, ſo daß man rechter Hand der Straße keine Ausſicht hat. Etwa eine hal-
be
E 4
<TEI><text><body><divn="1"><divtype="diaryEntry"n="2"><p><pbfacs="#f0089"n="71"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">gethanen Reiſe.</hi></fw><lb/>
aus, und alsdenn bemerkte ich, daß es die Geſellſchaft<lb/>ſehr befremdete, daß ich unzufrieden uͤber Sachen war,<lb/>
an denen ſie nichts auszuſetzen fanden. So habe ich<lb/>
an verſchiedenen Orten, wo ſonſt die Tafel in Anſe-<lb/>
hung der Speiſen reichlich bedient iſt, geſehen, daß<lb/>
das Waſſer in ſchoͤnen Flaſchen von Cryſtallglas auf<lb/>
den Tiſch geſetzt ward; dieſe Flaſchen aber hatten durch<lb/>
den darauf ſitzenden Schmuz ihre Durchſichtigkeit voͤl-<lb/>
lig verloren; und es iſt wahrſcheinlich, daß ſie nie-<lb/>
mals weder von außen abgewaſchen, noch inwendig<lb/>
ausgeſpuͤlt worden. Aber genug hievon.</p><lb/><p>Von <hirendition="#fr">Mont Luel</hi> iſt der Weg nach <hirendition="#fr">Lyon</hi>ſehr<noteplace="right">Ausſicht ge-<lb/>
gen Lyon.</note><lb/>
angenehm, und von dem Ort an, wo man dieſe<lb/>
Stadt zuerſt in der Ferne ſieht, hat man eine uͤber-<lb/>
aus praͤchtige Ausſicht. Man faͤhrt nun beſtaͤndig<lb/>
von dem hohen Lande, das laͤngſt dem rechten Ufer<lb/>
der Rhone liegt, allmaͤhlig herunter. Zur linken<lb/>
Seite ſiehet man dieſen Fluß durch die Ebene fortflieſ-<lb/>ſen, und jenſeit deſſelben hat man erſt ein weites ebe-<lb/>
nes Land, hinter demſelben aber die hohen Berge der<lb/>
Provinz <hirendition="#fr"><choice><sic>Dauphine’</sic><corr>Dauphiné</corr></choice>.</hi> Vor ſich ſieht man den Strom<lb/>
gegen <hirendition="#fr">Lyon</hi> hinfließen, von welcher Stadt man die<lb/>
an dem Ufer deſſelben liegenden hohen Haͤuſer in einer<lb/>
betraͤchtlichen Entfernung erblickt. Je naͤher man ge-<lb/>
gen die Stadt kommt, je praͤchtiger wird dieſe<lb/>
Ausſicht.</p><lb/><p>Das rechte Ufer der Rhone iſt hier mit Bergen<lb/>
und Hoͤhen beſetzt, die ſich bis <hirendition="#fr">Lyon</hi> und dann noch<lb/>
weiter herunter erſtrecken. An dieſen Bergen, in ei-<lb/>
ner ziemlichen Hoͤhe uͤber dem Fluß, geht die Land-<lb/>ſtraße mit dem Fluß parallel, ſo daß man rechter<lb/>
Hand der Straße keine Ausſicht hat. Etwa eine hal-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">be</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[71/0089]
gethanen Reiſe.
aus, und alsdenn bemerkte ich, daß es die Geſellſchaft
ſehr befremdete, daß ich unzufrieden uͤber Sachen war,
an denen ſie nichts auszuſetzen fanden. So habe ich
an verſchiedenen Orten, wo ſonſt die Tafel in Anſe-
hung der Speiſen reichlich bedient iſt, geſehen, daß
das Waſſer in ſchoͤnen Flaſchen von Cryſtallglas auf
den Tiſch geſetzt ward; dieſe Flaſchen aber hatten durch
den darauf ſitzenden Schmuz ihre Durchſichtigkeit voͤl-
lig verloren; und es iſt wahrſcheinlich, daß ſie nie-
mals weder von außen abgewaſchen, noch inwendig
ausgeſpuͤlt worden. Aber genug hievon.
Von Mont Luel iſt der Weg nach Lyon ſehr
angenehm, und von dem Ort an, wo man dieſe
Stadt zuerſt in der Ferne ſieht, hat man eine uͤber-
aus praͤchtige Ausſicht. Man faͤhrt nun beſtaͤndig
von dem hohen Lande, das laͤngſt dem rechten Ufer
der Rhone liegt, allmaͤhlig herunter. Zur linken
Seite ſiehet man dieſen Fluß durch die Ebene fortflieſ-
ſen, und jenſeit deſſelben hat man erſt ein weites ebe-
nes Land, hinter demſelben aber die hohen Berge der
Provinz Dauphiné. Vor ſich ſieht man den Strom
gegen Lyon hinfließen, von welcher Stadt man die
an dem Ufer deſſelben liegenden hohen Haͤuſer in einer
betraͤchtlichen Entfernung erblickt. Je naͤher man ge-
gen die Stadt kommt, je praͤchtiger wird dieſe
Ausſicht.
Ausſicht ge-
gen Lyon.
Das rechte Ufer der Rhone iſt hier mit Bergen
und Hoͤhen beſetzt, die ſich bis Lyon und dann noch
weiter herunter erſtrecken. An dieſen Bergen, in ei-
ner ziemlichen Hoͤhe uͤber dem Fluß, geht die Land-
ſtraße mit dem Fluß parallel, ſo daß man rechter
Hand der Straße keine Ausſicht hat. Etwa eine hal-
be
E 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/89>, abgerufen am 21.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.