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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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von Nizza nach Deutschland.
so gründlich und so reif ist die Einsicht dieser Leute in
die innere Beschaffenheit der Natur.

Aber es ist Zeit, daß ich die Erzählung von mei-
ner Reise fortsetze. Jch hoffte, diese Nacht mich
von der heutigen schweren Tagereise zu erholen, und
freute mich nunmehr, diesseits der Alpen zu seyn, und
weniger mühsame Wege vor mir zu haben. Aber
mein schleichendes Fieber hatte sich heute stark vermeh-
ret, und ich brachte die Nacht in Unruh und Verwir-
rung der Lebensgeister zu. Zum Glück hatte ich den
folgenden Tag eine zum Ausruhen sehr bequeme Ta-
gereise vor mir.

Den 4 Junius. Reise von dem Dorfe Am Stäg
nach Altorf, und von da über den Vierwald-
städtensee
nach Lucern; etwa zwölf Stunden
weit.

Der Weg von hier nach Altorf geht durch dasAbreise vom
Dorfe Am
Stäg.

ebene breite Reußthal, durch welches die Reuß nach
dem See der sogenannten vier Waldstädte, Uri,
Schweiz, Unterwalden
und Lucern hinläuft, und
an diesem See endigt sich auch das Thal. Es ist sehr
fruchtbar, und hat besonders fürtreffliche Wiesen;
am Wege viel schöne Obstbäume und herrliche Wall-
nußbäume. Man sagt insgemein, daß der Wall-
nußbaum keine andere Gewächse unter sich leide, und
daß sein Schatten schädlich sey. Davon wird man
hier nichts gewahr. Jch habe sogar auf diesem We-
ge einen mächtigen süßen Kirschbaum von trefflichem
Stamm und Krone angetroffen, der dicht am Stam-
me eines ebenfalls sehr großen Wallnußbaumes em-

por

von Nizza nach Deutſchland.
ſo gruͤndlich und ſo reif iſt die Einſicht dieſer Leute in
die innere Beſchaffenheit der Natur.

Aber es iſt Zeit, daß ich die Erzaͤhlung von mei-
ner Reiſe fortſetze. Jch hoffte, dieſe Nacht mich
von der heutigen ſchweren Tagereiſe zu erholen, und
freute mich nunmehr, dieſſeits der Alpen zu ſeyn, und
weniger muͤhſame Wege vor mir zu haben. Aber
mein ſchleichendes Fieber hatte ſich heute ſtark vermeh-
ret, und ich brachte die Nacht in Unruh und Verwir-
rung der Lebensgeiſter zu. Zum Gluͤck hatte ich den
folgenden Tag eine zum Ausruhen ſehr bequeme Ta-
gereiſe vor mir.

Den 4 Junius. Reiſe von dem Dorfe Am Staͤg
nach Altorf, und von da uͤber den Vierwald-
ſtaͤdtenſee
nach Lucern; etwa zwoͤlf Stunden
weit.

Der Weg von hier nach Altorf geht durch dasAbreiſe vom
Dorfe Am
Staͤg.

ebene breite Reußthal, durch welches die Reuß nach
dem See der ſogenannten vier Waldſtaͤdte, Uri,
Schweiz, Unterwalden
und Lucern hinlaͤuft, und
an dieſem See endigt ſich auch das Thal. Es iſt ſehr
fruchtbar, und hat beſonders fuͤrtreffliche Wieſen;
am Wege viel ſchoͤne Obſtbaͤume und herrliche Wall-
nußbaͤume. Man ſagt insgemein, daß der Wall-
nußbaum keine andere Gewaͤchſe unter ſich leide, und
daß ſein Schatten ſchaͤdlich ſey. Davon wird man
hier nichts gewahr. Jch habe ſogar auf dieſem We-
ge einen maͤchtigen ſuͤßen Kirſchbaum von trefflichem
Stamm und Krone angetroffen, der dicht am Stam-
me eines ebenfalls ſehr großen Wallnußbaumes em-

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[379/0399] von Nizza nach Deutſchland. ſo gruͤndlich und ſo reif iſt die Einſicht dieſer Leute in die innere Beſchaffenheit der Natur. Aber es iſt Zeit, daß ich die Erzaͤhlung von mei- ner Reiſe fortſetze. Jch hoffte, dieſe Nacht mich von der heutigen ſchweren Tagereiſe zu erholen, und freute mich nunmehr, dieſſeits der Alpen zu ſeyn, und weniger muͤhſame Wege vor mir zu haben. Aber mein ſchleichendes Fieber hatte ſich heute ſtark vermeh- ret, und ich brachte die Nacht in Unruh und Verwir- rung der Lebensgeiſter zu. Zum Gluͤck hatte ich den folgenden Tag eine zum Ausruhen ſehr bequeme Ta- gereiſe vor mir. Den 4 Junius. Reiſe von dem Dorfe Am Staͤg nach Altorf, und von da uͤber den Vierwald- ſtaͤdtenſee nach Lucern; etwa zwoͤlf Stunden weit. Der Weg von hier nach Altorf geht durch das ebene breite Reußthal, durch welches die Reuß nach dem See der ſogenannten vier Waldſtaͤdte, Uri, Schweiz, Unterwalden und Lucern hinlaͤuft, und an dieſem See endigt ſich auch das Thal. Es iſt ſehr fruchtbar, und hat beſonders fuͤrtreffliche Wieſen; am Wege viel ſchoͤne Obſtbaͤume und herrliche Wall- nußbaͤume. Man ſagt insgemein, daß der Wall- nußbaum keine andere Gewaͤchſe unter ſich leide, und daß ſein Schatten ſchaͤdlich ſey. Davon wird man hier nichts gewahr. Jch habe ſogar auf dieſem We- ge einen maͤchtigen ſuͤßen Kirſchbaum von trefflichem Stamm und Krone angetroffen, der dicht am Stam- me eines ebenfalls ſehr großen Wallnußbaumes em- por Abreiſe vom Dorfe Am Staͤg.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/399>, abgerufen am 22.11.2024.