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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
sondern auch die Verzierungen sowohl dieser Gewöl-
ber, als der ebenfalls zugespitzten Bogen über die
Hauptportale solcher Kirchen. Diese Bogen bestehen
meistentheils aus einer Menge erhobener runder Glie-
der, die mit den von beyden Seiten zumsammenstos-
senden schlanken Aesten der Bäume große Aehnlichkeit
haben. Hiebey fiel mir auch noch ein, wie so viel al-
te Völker dergleichen dunkele und zu feyerlich andäch-
tigen Empfindungen einladende Haine, nicht ohne ei-
nen natürlichen Wink, zum Orte ihrer gottesdienstli-
chen Gebräuche gewählt haben.

Wenn man durch einige kleine Thäler durch ist,
muß man wieder an einem ziemlich wilden Berg in
die Höhe. Hier sah ich wieder verschiedene Arten
wilder Bäume, die mir durch die Lombardey nicht zu
Gesichte gekommen, darunter den Wacholderbaum
und die Stechpalmen (aquifolium). Von dieser
Höhe kommt man etwa eine halbe Stunde vor Bel-
linzona
in ein weiteres Thal herunter, das beym An-
fange des langen Sees, oder Lago maggiore, sich
in die schönen Ebenen des nördlichen Theiles vom Her-
zogthum Meiland öffnet. Mitten durch dieses Thal
fließt der Ticino, der gedachten See bildet. Die
Aussicht über dieses Thal ist von der Höhe herunter
sehr reizend. Um sieben Uhr traf ich in Bellinzona
ein.

Bellinzona.

Dieser Ort kann als das Thor angesehen werden,
wodurch der Paß über den Gotthardsberg verschlossen
werden kann. Er liegt nicht nur in dem Thale, durch
welches der von dem Gotthard herunterkommende Ti-
cino
in die Ebenen der Lombardey heraus fließt, son-
dern er versperrt auch dieses durch fast unübersteig-

liche

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
ſondern auch die Verzierungen ſowohl dieſer Gewoͤl-
ber, als der ebenfalls zugeſpitzten Bogen uͤber die
Hauptportale ſolcher Kirchen. Dieſe Bogen beſtehen
meiſtentheils aus einer Menge erhobener runder Glie-
der, die mit den von beyden Seiten zumſammenſtoſ-
ſenden ſchlanken Aeſten der Baͤume große Aehnlichkeit
haben. Hiebey fiel mir auch noch ein, wie ſo viel al-
te Voͤlker dergleichen dunkele und zu feyerlich andaͤch-
tigen Empfindungen einladende Haine, nicht ohne ei-
nen natuͤrlichen Wink, zum Orte ihrer gottesdienſtli-
chen Gebraͤuche gewaͤhlt haben.

Wenn man durch einige kleine Thaͤler durch iſt,
muß man wieder an einem ziemlich wilden Berg in
die Hoͤhe. Hier ſah ich wieder verſchiedene Arten
wilder Baͤume, die mir durch die Lombardey nicht zu
Geſichte gekommen, darunter den Wacholderbaum
und die Stechpalmen (aquifolium). Von dieſer
Hoͤhe kommt man etwa eine halbe Stunde vor Bel-
linzona
in ein weiteres Thal herunter, das beym An-
fange des langen Sees, oder Lago maggiore, ſich
in die ſchoͤnen Ebenen des noͤrdlichen Theiles vom Her-
zogthum Meiland oͤffnet. Mitten durch dieſes Thal
fließt der Ticino, der gedachten See bildet. Die
Ausſicht uͤber dieſes Thal iſt von der Hoͤhe herunter
ſehr reizend. Um ſieben Uhr traf ich in Bellinzona
ein.

Bellinzona.

Dieſer Ort kann als das Thor angeſehen werden,
wodurch der Paß uͤber den Gotthardsberg verſchloſſen
werden kann. Er liegt nicht nur in dem Thale, durch
welches der von dem Gotthard herunterkommende Ti-
cino
in die Ebenen der Lombardey heraus fließt, ſon-
dern er verſperrt auch dieſes durch faſt unuͤberſteig-

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[354/0374] Tagebuch von der Ruͤckreiſe ſondern auch die Verzierungen ſowohl dieſer Gewoͤl- ber, als der ebenfalls zugeſpitzten Bogen uͤber die Hauptportale ſolcher Kirchen. Dieſe Bogen beſtehen meiſtentheils aus einer Menge erhobener runder Glie- der, die mit den von beyden Seiten zumſammenſtoſ- ſenden ſchlanken Aeſten der Baͤume große Aehnlichkeit haben. Hiebey fiel mir auch noch ein, wie ſo viel al- te Voͤlker dergleichen dunkele und zu feyerlich andaͤch- tigen Empfindungen einladende Haine, nicht ohne ei- nen natuͤrlichen Wink, zum Orte ihrer gottesdienſtli- chen Gebraͤuche gewaͤhlt haben. Wenn man durch einige kleine Thaͤler durch iſt, muß man wieder an einem ziemlich wilden Berg in die Hoͤhe. Hier ſah ich wieder verſchiedene Arten wilder Baͤume, die mir durch die Lombardey nicht zu Geſichte gekommen, darunter den Wacholderbaum und die Stechpalmen (aquifolium). Von dieſer Hoͤhe kommt man etwa eine halbe Stunde vor Bel- linzona in ein weiteres Thal herunter, das beym An- fange des langen Sees, oder Lago maggiore, ſich in die ſchoͤnen Ebenen des noͤrdlichen Theiles vom Her- zogthum Meiland oͤffnet. Mitten durch dieſes Thal fließt der Ticino, der gedachten See bildet. Die Ausſicht uͤber dieſes Thal iſt von der Hoͤhe herunter ſehr reizend. Um ſieben Uhr traf ich in Bellinzona ein. Dieſer Ort kann als das Thor angeſehen werden, wodurch der Paß uͤber den Gotthardsberg verſchloſſen werden kann. Er liegt nicht nur in dem Thale, durch welches der von dem Gotthard herunterkommende Ti- cino in die Ebenen der Lombardey heraus fließt, ſon- dern er verſperrt auch dieſes durch faſt unuͤberſteig- liche

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/374>, abgerufen am 25.11.2024.