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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
ohne Ernst; packten, ohne etwas durchzusuchen, wie-
der auf, und forderten hernach eine Belohnung von
mir, die aber meinerseits in etlichen Scheltworten be-
stund, die ich ihnen ins Gesicht warf, worauf diese
kleine Scene mit einem höhnischen Gelächter der Um-
stehenden sich endigte.

Mendrisio.

Bald darauf kam ich nach Mendrisio, dem er-
sten den Schweizern zugehörigen Orte. Jch weiß
nicht, ob es Täuschung oder Wirklichkeit ist, aber ich
glaubte deutlich zu merken, daß ich in ein freyeres Land
gekommen, wo das Volk nicht gedrückt wird, und
wo deutliche Spuren eines größern Wohlstandes anzu-
treffen waren. Und doch ist die hiesige landvögtische
Regierung, wie ich gewiß weiß, eben nicht die beste.
Doch ist der Unterthan, der sich für Rechtshändeln hü-
ten kann, und nichts gesetzwidriges unternimmt, alle-
mal sicher, das, was er erwirbt, ruhig zu besitzen.

Es ist bekannt, daß die vier ehedem zum Herzog-
thum Meiland gehörigen Distrikte, Mendrisio,
Lugano, Locarno
und Val Maggia, von dem
Herzog Maxim. Sforzia den damaligen zwölf
Cantonen des Schweizerbundes, für die ihm geleiste-
ten großen Dienste, sind abgetreten worden. Seit
dieser Zeit werden sie durch Landvögte, welche die Can-
tone wechselsweise dahin setzen, nach ihren alten Gese-
tzen, Freyheiten und Gebräuchen regiert. Da die
Schweizer gern alles im alten Stande lassen, so kann
man sich leicht vorstellen, daß diese ihre sogenannten
welschen Unterthanen die Last der Regierung eben nicht
sehr fühlen. Denn zu der Zeit, da sie in den Besitz die-
ser Länder kamen, wußte man die verschiedenen Kün-
ste, die Unterthanen mit beständigen Abgaben auf so

man-

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
ohne Ernſt; packten, ohne etwas durchzuſuchen, wie-
der auf, und forderten hernach eine Belohnung von
mir, die aber meinerſeits in etlichen Scheltworten be-
ſtund, die ich ihnen ins Geſicht warf, worauf dieſe
kleine Scene mit einem hoͤhniſchen Gelaͤchter der Um-
ſtehenden ſich endigte.

Mendriſio.

Bald darauf kam ich nach Mendriſio, dem er-
ſten den Schweizern zugehoͤrigen Orte. Jch weiß
nicht, ob es Taͤuſchung oder Wirklichkeit iſt, aber ich
glaubte deutlich zu merken, daß ich in ein freyeres Land
gekommen, wo das Volk nicht gedruͤckt wird, und
wo deutliche Spuren eines groͤßern Wohlſtandes anzu-
treffen waren. Und doch iſt die hieſige landvoͤgtiſche
Regierung, wie ich gewiß weiß, eben nicht die beſte.
Doch iſt der Unterthan, der ſich fuͤr Rechtshaͤndeln huͤ-
ten kann, und nichts geſetzwidriges unternimmt, alle-
mal ſicher, das, was er erwirbt, ruhig zu beſitzen.

Es iſt bekannt, daß die vier ehedem zum Herzog-
thum Meiland gehoͤrigen Diſtrikte, Mendriſio,
Lugano, Locarno
und Val Maggia, von dem
Herzog Maxim. Sforzia den damaligen zwoͤlf
Cantonen des Schweizerbundes, fuͤr die ihm geleiſte-
ten großen Dienſte, ſind abgetreten worden. Seit
dieſer Zeit werden ſie durch Landvoͤgte, welche die Can-
tone wechſelsweiſe dahin ſetzen, nach ihren alten Geſe-
tzen, Freyheiten und Gebraͤuchen regiert. Da die
Schweizer gern alles im alten Stande laſſen, ſo kann
man ſich leicht vorſtellen, daß dieſe ihre ſogenannten
welſchen Unterthanen die Laſt der Regierung eben nicht
ſehr fuͤhlen. Denn zu der Zeit, da ſie in den Beſitz die-
ſer Laͤnder kamen, wußte man die verſchiedenen Kuͤn-
ſte, die Unterthanen mit beſtaͤndigen Abgaben auf ſo

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[348/0368] Tagebuch von der Ruͤckreiſe ohne Ernſt; packten, ohne etwas durchzuſuchen, wie- der auf, und forderten hernach eine Belohnung von mir, die aber meinerſeits in etlichen Scheltworten be- ſtund, die ich ihnen ins Geſicht warf, worauf dieſe kleine Scene mit einem hoͤhniſchen Gelaͤchter der Um- ſtehenden ſich endigte. Bald darauf kam ich nach Mendriſio, dem er- ſten den Schweizern zugehoͤrigen Orte. Jch weiß nicht, ob es Taͤuſchung oder Wirklichkeit iſt, aber ich glaubte deutlich zu merken, daß ich in ein freyeres Land gekommen, wo das Volk nicht gedruͤckt wird, und wo deutliche Spuren eines groͤßern Wohlſtandes anzu- treffen waren. Und doch iſt die hieſige landvoͤgtiſche Regierung, wie ich gewiß weiß, eben nicht die beſte. Doch iſt der Unterthan, der ſich fuͤr Rechtshaͤndeln huͤ- ten kann, und nichts geſetzwidriges unternimmt, alle- mal ſicher, das, was er erwirbt, ruhig zu beſitzen. Es iſt bekannt, daß die vier ehedem zum Herzog- thum Meiland gehoͤrigen Diſtrikte, Mendriſio, Lugano, Locarno und Val Maggia, von dem Herzog Maxim. Sforzia den damaligen zwoͤlf Cantonen des Schweizerbundes, fuͤr die ihm geleiſte- ten großen Dienſte, ſind abgetreten worden. Seit dieſer Zeit werden ſie durch Landvoͤgte, welche die Can- tone wechſelsweiſe dahin ſetzen, nach ihren alten Geſe- tzen, Freyheiten und Gebraͤuchen regiert. Da die Schweizer gern alles im alten Stande laſſen, ſo kann man ſich leicht vorſtellen, daß dieſe ihre ſogenannten welſchen Unterthanen die Laſt der Regierung eben nicht ſehr fuͤhlen. Denn zu der Zeit, da ſie in den Beſitz die- ſer Laͤnder kamen, wußte man die verſchiedenen Kuͤn- ſte, die Unterthanen mit beſtaͤndigen Abgaben auf ſo man-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/368>, abgerufen am 22.11.2024.