Sorgfalt, da die Majorate hier nicht statt haben. Dem ältesten Sohn können nur die außer dem Herzog- thum liegenden Familiengüter zum voraus vermacht werden: das übrige Vermögen muß unter die Erben gleich vertheilt werden.
Dieser der Erhaltung großer Familien nachthei- ligen Veranstaltung wird die Bemühung der ganzen Familie entgegengesetzt, die jüngern Brüder, die sich seltener verheirathen, in der Kirche oder in Kriegs- diensten empor zu heben, damit sie Gelegenheit haben sich zu bereichern, und hernach ihr erworbenes Ver- mögen nach ihrem Tode dem Haupterben der Familie zu überlassen. Man kann es nicht undeutlich merken, daß vielen Vornehmern der Pabst, als Hirte der Kir- che betrachtet, Nichts, und als Austheiler hoher Würden und reicher Pfründen Alles ist.
Meiland hat von dem Souverain das Vorrecht erhalten, daß die Einwohner in Kriegszeiten sich da- durch vor einer Belagerung sicher stellen können, daß sie einem auf die Stadt anrückenden Feinde die Schlüs- sel der Stadt entgegen bringen. Die feste Citadelle aber bleibet denn doch einer Belagerung ausgesetzt; und eine hartnäckige Vertheidigung derselben würde doch allemal auch in der Stadt große Verwüstung an- richten.
Das Herzogthum Meiland wird von dem Sou- verain, in Ansehung der Abgaben, ziemlich hart an- gegriffen, und hat Ursache sich darüber zu beschweren, daß die Landanlagen zur Unterhaltung des Kriegsstaa- tes auf 16000 Mann gemacht sind, da gemeiniglich nur etwa der vierte Theil dieser Zahl im Lande liegt. Mithin gehen drey Viertheil von der bewilligten
Sum-
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von Nizza nach Deutſchland.
Sorgfalt, da die Majorate hier nicht ſtatt haben. Dem aͤlteſten Sohn koͤnnen nur die außer dem Herzog- thum liegenden Familienguͤter zum voraus vermacht werden: das uͤbrige Vermoͤgen muß unter die Erben gleich vertheilt werden.
Dieſer der Erhaltung großer Familien nachthei- ligen Veranſtaltung wird die Bemuͤhung der ganzen Familie entgegengeſetzt, die juͤngern Bruͤder, die ſich ſeltener verheirathen, in der Kirche oder in Kriegs- dienſten empor zu heben, damit ſie Gelegenheit haben ſich zu bereichern, und hernach ihr erworbenes Ver- moͤgen nach ihrem Tode dem Haupterben der Familie zu uͤberlaſſen. Man kann es nicht undeutlich merken, daß vielen Vornehmern der Pabſt, als Hirte der Kir- che betrachtet, Nichts, und als Austheiler hoher Wuͤrden und reicher Pfruͤnden Alles iſt.
Meiland hat von dem Souverain das Vorrecht erhalten, daß die Einwohner in Kriegszeiten ſich da- durch vor einer Belagerung ſicher ſtellen koͤnnen, daß ſie einem auf die Stadt anruͤckenden Feinde die Schluͤſ- ſel der Stadt entgegen bringen. Die feſte Citadelle aber bleibet denn doch einer Belagerung ausgeſetzt; und eine hartnaͤckige Vertheidigung derſelben wuͤrde doch allemal auch in der Stadt große Verwuͤſtung an- richten.
Das Herzogthum Meiland wird von dem Sou- verain, in Anſehung der Abgaben, ziemlich hart an- gegriffen, und hat Urſache ſich daruͤber zu beſchweren, daß die Landanlagen zur Unterhaltung des Kriegsſtaa- tes auf 16000 Mann gemacht ſind, da gemeiniglich nur etwa der vierte Theil dieſer Zahl im Lande liegt. Mithin gehen drey Viertheil von der bewilligten
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von Nizza nach Deutſchland.
Sorgfalt, da die Majorate hier nicht ſtatt haben.
Dem aͤlteſten Sohn koͤnnen nur die außer dem Herzog-
thum liegenden Familienguͤter zum voraus vermacht
werden: das uͤbrige Vermoͤgen muß unter die Erben
gleich vertheilt werden.
Dieſer der Erhaltung großer Familien nachthei-
ligen Veranſtaltung wird die Bemuͤhung der ganzen
Familie entgegengeſetzt, die juͤngern Bruͤder, die
ſich ſeltener verheirathen, in der Kirche oder in Kriegs-
dienſten empor zu heben, damit ſie Gelegenheit haben
ſich zu bereichern, und hernach ihr erworbenes Ver-
moͤgen nach ihrem Tode dem Haupterben der Familie
zu uͤberlaſſen. Man kann es nicht undeutlich merken,
daß vielen Vornehmern der Pabſt, als Hirte der Kir-
che betrachtet, Nichts, und als Austheiler hoher
Wuͤrden und reicher Pfruͤnden Alles iſt.
Meiland hat von dem Souverain das Vorrecht
erhalten, daß die Einwohner in Kriegszeiten ſich da-
durch vor einer Belagerung ſicher ſtellen koͤnnen, daß
ſie einem auf die Stadt anruͤckenden Feinde die Schluͤſ-
ſel der Stadt entgegen bringen. Die feſte Citadelle
aber bleibet denn doch einer Belagerung ausgeſetzt;
und eine hartnaͤckige Vertheidigung derſelben wuͤrde
doch allemal auch in der Stadt große Verwuͤſtung an-
richten.
Das Herzogthum Meiland wird von dem Sou-
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gegriffen, und hat Urſache ſich daruͤber zu beſchweren,
daß die Landanlagen zur Unterhaltung des Kriegsſtaa-
tes auf 16000 Mann gemacht ſind, da gemeiniglich
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/361>, abgerufen am 16.02.2025.
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