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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
wirft, so glaubet man, durch die vollkommene Beob-
achtung der Perspective getäuscht, über der Thüre des
Saals ein besonderes tiefes Zimmer mit einer wirkli-
chen an der Tafel sitzenden Gesellschaft zu sehen.

Jch will bey dieser Gelegenheit anführen, daß ein
meiländischer Monaco Orvietano, Namens Galle-
rati,
von diesem berühmten Gemälde eine Copie von
beträchtlicher Größe in Miniatur verfertigt hat. Er
war damals, als ich es sah, im Begriff die letzte
Hand daran zu legen. Das Merkwürdigste dabey ist,
daß er sich die Mühe gegeben, aus der Originalzeich-
nung, der ich vorher erwähnt habe, und aus einigen an-
dern Originalzeichnungen, die da Vinci als Studia
zu diesem Gemälde gemacht hat, die wahren ursprüng-
lichen Köpfe der ersten Hand wieder herzustellen.

Dieser Mönch ist überhaupt ein sehr guter Minia-
turmaler, der es in Behandlung der Farben zu dieser
Art viel weiter als alle vor ihm gebracht hat. Er
hat einige Copien von Oelfarbgemälden berühmter
Meister verfertiget, welche das Eigene der Farbenge-
bung jedes dieser Künstler sehr wohl ausdrücken.

Die ambrosi-
anische Bibli-
othek.

Die berühmte ambrosianische Bibliothek ist eine
der größten Merkwürdigkeiten in Meiland, sowohl
für den Gelehrten als für den Liebhaber der zeichnenden
Künste. Die Bibliothek selbst ist in einem Saale
aufgestellt, der ein langes Viereck ist; er ist von be-
trächtlicher Höhe, und mit einem Moldengewölbe be-
deckt. Der ganze Raum an der Vorder- und Hin-
terseite des Saals zwischen dem Hauptgesims und dem
Gewölbe, ist ein Fenster. Dadurch wird der Saal
von zwey Seiten her von oben herab erleuchtet, und
die Seitenmauern bedurften deswegen keine Fenster.

Sie

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
wirft, ſo glaubet man, durch die vollkommene Beob-
achtung der Perſpective getaͤuſcht, uͤber der Thuͤre des
Saals ein beſonderes tiefes Zimmer mit einer wirkli-
chen an der Tafel ſitzenden Geſellſchaft zu ſehen.

Jch will bey dieſer Gelegenheit anfuͤhren, daß ein
meilaͤndiſcher Monaco Orvietano, Namens Galle-
rati,
von dieſem beruͤhmten Gemaͤlde eine Copie von
betraͤchtlicher Groͤße in Miniatur verfertigt hat. Er
war damals, als ich es ſah, im Begriff die letzte
Hand daran zu legen. Das Merkwuͤrdigſte dabey iſt,
daß er ſich die Muͤhe gegeben, aus der Originalzeich-
nung, der ich vorher erwaͤhnt habe, und aus einigen an-
dern Originalzeichnungen, die da Vinci als Studia
zu dieſem Gemaͤlde gemacht hat, die wahren urſpruͤng-
lichen Koͤpfe der erſten Hand wieder herzuſtellen.

Dieſer Moͤnch iſt uͤberhaupt ein ſehr guter Minia-
turmaler, der es in Behandlung der Farben zu dieſer
Art viel weiter als alle vor ihm gebracht hat. Er
hat einige Copien von Oelfarbgemaͤlden beruͤhmter
Meiſter verfertiget, welche das Eigene der Farbenge-
bung jedes dieſer Kuͤnſtler ſehr wohl ausdruͤcken.

Die ambroſi-
aniſche Bibli-
othek.

Die beruͤhmte ambroſianiſche Bibliothek iſt eine
der groͤßten Merkwuͤrdigkeiten in Meiland, ſowohl
fuͤr den Gelehrten als fuͤr den Liebhaber der zeichnenden
Kuͤnſte. Die Bibliothek ſelbſt iſt in einem Saale
aufgeſtellt, der ein langes Viereck iſt; er iſt von be-
traͤchtlicher Hoͤhe, und mit einem Moldengewoͤlbe be-
deckt. Der ganze Raum an der Vorder- und Hin-
terſeite des Saals zwiſchen dem Hauptgeſims und dem
Gewoͤlbe, iſt ein Fenſter. Dadurch wird der Saal
von zwey Seiten her von oben herab erleuchtet, und
die Seitenmauern bedurften deswegen keine Fenſter.

Sie
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[330/0350] Tagebuch von der Ruͤckreiſe wirft, ſo glaubet man, durch die vollkommene Beob- achtung der Perſpective getaͤuſcht, uͤber der Thuͤre des Saals ein beſonderes tiefes Zimmer mit einer wirkli- chen an der Tafel ſitzenden Geſellſchaft zu ſehen. Jch will bey dieſer Gelegenheit anfuͤhren, daß ein meilaͤndiſcher Monaco Orvietano, Namens Galle- rati, von dieſem beruͤhmten Gemaͤlde eine Copie von betraͤchtlicher Groͤße in Miniatur verfertigt hat. Er war damals, als ich es ſah, im Begriff die letzte Hand daran zu legen. Das Merkwuͤrdigſte dabey iſt, daß er ſich die Muͤhe gegeben, aus der Originalzeich- nung, der ich vorher erwaͤhnt habe, und aus einigen an- dern Originalzeichnungen, die da Vinci als Studia zu dieſem Gemaͤlde gemacht hat, die wahren urſpruͤng- lichen Koͤpfe der erſten Hand wieder herzuſtellen. Dieſer Moͤnch iſt uͤberhaupt ein ſehr guter Minia- turmaler, der es in Behandlung der Farben zu dieſer Art viel weiter als alle vor ihm gebracht hat. Er hat einige Copien von Oelfarbgemaͤlden beruͤhmter Meiſter verfertiget, welche das Eigene der Farbenge- bung jedes dieſer Kuͤnſtler ſehr wohl ausdruͤcken. Die beruͤhmte ambroſianiſche Bibliothek iſt eine der groͤßten Merkwuͤrdigkeiten in Meiland, ſowohl fuͤr den Gelehrten als fuͤr den Liebhaber der zeichnenden Kuͤnſte. Die Bibliothek ſelbſt iſt in einem Saale aufgeſtellt, der ein langes Viereck iſt; er iſt von be- traͤchtlicher Hoͤhe, und mit einem Moldengewoͤlbe be- deckt. Der ganze Raum an der Vorder- und Hin- terſeite des Saals zwiſchen dem Hauptgeſims und dem Gewoͤlbe, iſt ein Fenſter. Dadurch wird der Saal von zwey Seiten her von oben herab erleuchtet, und die Seitenmauern bedurften deswegen keine Fenſter. Sie

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/350>, abgerufen am 25.11.2024.