ber das Land haben verlassen wollen. Man weiß, daß diese Verwüstung oft nur schmale Striche Landes be- trifft, so daß ein Theil der Feldmark desselben Ortes verschont bleibet, da ein anderer Theil ganz verwüstet wird. Dieser Umstand möchte die einzige erhebliche Einwendung gegen die jetzt sonst überall begünstigte Einrichtung, die Güter jedes Baurenhofes ununter- brochen zu vereinigen, an die Hand geben.
Zwischen Chivasso und Cigliano wird das Land etwas höher und rauher, aber in den Gründen schien es mir von großer Fruchtbarkeit. Auf dem ganzen Wege wechseln die Kornfelder mit andern, die mit Hanf oder großem türkischen Korn besetzt sind, ab. Jn den Kornfeldern wird auch, wie ich schon weiter oben angemerkt habe, Wein gewonnen.
Den 22 May. Reise von Cigliano über Ver- celli nach Novarra.
Von Ciglia- no nach Ver- celli.
Von Cigliano bis Vercelli sind 15 Meilen. Das Land ist durchaus schön, eben, wasserreich, und wird deswegen größtentheils zum Reisbau gebraucht. Weil dieses Getraide nur im Wasser wächst, so muß- ten die Ländereyen zum Anbau desselben besonders und mühsam eingerichtet werden, damit jeder Acker, so lange der Reis zu wachsen hat, beständig frisches Wasser bekommen, und hernach wieder trocken ge- macht werden konnte. Man kann sich leicht vorstel- len, was für mühsame Anstalten dieses erfodert hat. Jeder Acker ist mit einem etwas erhöhten Bort oder kleinen Wall umgeben. An einer Seite läuft bestän- dig frisches Wasser durch eine kleine Oeffnung im Bort von dem nächsten Acker hinein, und so an dem entge-
gen-
Tagebuch von der Ruͤckreiſe
ber das Land haben verlaſſen wollen. Man weiß, daß dieſe Verwuͤſtung oft nur ſchmale Striche Landes be- trifft, ſo daß ein Theil der Feldmark deſſelben Ortes verſchont bleibet, da ein anderer Theil ganz verwuͤſtet wird. Dieſer Umſtand moͤchte die einzige erhebliche Einwendung gegen die jetzt ſonſt uͤberall beguͤnſtigte Einrichtung, die Guͤter jedes Baurenhofes ununter- brochen zu vereinigen, an die Hand geben.
Zwiſchen Chivaſſo und Cigliano wird das Land etwas hoͤher und rauher, aber in den Gruͤnden ſchien es mir von großer Fruchtbarkeit. Auf dem ganzen Wege wechſeln die Kornfelder mit andern, die mit Hanf oder großem tuͤrkiſchen Korn beſetzt ſind, ab. Jn den Kornfeldern wird auch, wie ich ſchon weiter oben angemerkt habe, Wein gewonnen.
Den 22 May. Reiſe von Cigliano uͤber Ver- celli nach Novarra.
Von Ciglia- no nach Ver- celli.
Von Cigliano bis Vercelli ſind 15 Meilen. Das Land iſt durchaus ſchoͤn, eben, waſſerreich, und wird deswegen groͤßtentheils zum Reisbau gebraucht. Weil dieſes Getraide nur im Waſſer waͤchſt, ſo muß- ten die Laͤndereyen zum Anbau deſſelben beſonders und muͤhſam eingerichtet werden, damit jeder Acker, ſo lange der Reis zu wachſen hat, beſtaͤndig friſches Waſſer bekommen, und hernach wieder trocken ge- macht werden konnte. Man kann ſich leicht vorſtel- len, was fuͤr muͤhſame Anſtalten dieſes erfodert hat. Jeder Acker iſt mit einem etwas erhoͤhten Bort oder kleinen Wall umgeben. An einer Seite laͤuft beſtaͤn- dig friſches Waſſer durch eine kleine Oeffnung im Bort von dem naͤchſten Acker hinein, und ſo an dem entge-
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Tagebuch von der Ruͤckreiſe
ber das Land haben verlaſſen wollen. Man weiß, daß
dieſe Verwuͤſtung oft nur ſchmale Striche Landes be-
trifft, ſo daß ein Theil der Feldmark deſſelben Ortes
verſchont bleibet, da ein anderer Theil ganz verwuͤſtet
wird. Dieſer Umſtand moͤchte die einzige erhebliche
Einwendung gegen die jetzt ſonſt uͤberall beguͤnſtigte
Einrichtung, die Guͤter jedes Baurenhofes ununter-
brochen zu vereinigen, an die Hand geben.
Zwiſchen Chivaſſo und Cigliano wird das Land
etwas hoͤher und rauher, aber in den Gruͤnden ſchien
es mir von großer Fruchtbarkeit. Auf dem ganzen
Wege wechſeln die Kornfelder mit andern, die mit
Hanf oder großem tuͤrkiſchen Korn beſetzt ſind, ab.
Jn den Kornfeldern wird auch, wie ich ſchon weiter
oben angemerkt habe, Wein gewonnen.
Den 22 May. Reiſe von Cigliano uͤber Ver-
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Von Cigliano bis Vercelli ſind 15 Meilen.
Das Land iſt durchaus ſchoͤn, eben, waſſerreich, und
wird deswegen groͤßtentheils zum Reisbau gebraucht.
Weil dieſes Getraide nur im Waſſer waͤchſt, ſo muß-
ten die Laͤndereyen zum Anbau deſſelben beſonders und
muͤhſam eingerichtet werden, damit jeder Acker, ſo
lange der Reis zu wachſen hat, beſtaͤndig friſches
Waſſer bekommen, und hernach wieder trocken ge-
macht werden konnte. Man kann ſich leicht vorſtel-
len, was fuͤr muͤhſame Anſtalten dieſes erfodert hat.
Jeder Acker iſt mit einem etwas erhoͤhten Bort oder
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/342>, abgerufen am 22.07.2024.
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