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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
Die Häuser nämlich, die von 25 bis 50000 Lire
Einkünfte haben, sind in Vergleichung der weniger
reichen nur in geringer Anzahl. Alle adeliche Güter,
ohne Ausnahme, sind Fideicommisse, so daß die jün-
gern Brüder und die Schwestern des Erben schlecht
wegkommen. Jene müssen entweder Kriegsdienste
nehmen, oder in den geistlichen Stand treten. Ein
gewisser noch lebender piemontesischer Graf hat 9 Söh-
ne, davon der älteste als Erbe ohne Bedienung lebt;
von den andern ist einer in Kriegsdiensten, und die
andern sieben sind Mönche.

Jn Turin sind die Wissenschaften in weit größe-
rem Flor als die schönen Künste, die hier, wenn man
etwa die Musik ausnehmen will, wenig bedeuten.
Gegenwärtig ist kein Maler da, der einen Namen
hätte; und selbst die Anzahl recht guter Gemälde ist
hier nicht groß. Bildhauer, von denen noch etwas zu
erwarten wäre, sind nur zwey: Colini, der wegen
seiner feinen Ausarbeitung am meisten geschätzt wird,
und Bernes, den ich dem vorigen weit vorziehen wür-
de, ob er gleich hier weniger geschätzt wird. Seine
Bilder sind voll Geist und Ausdruck. Die Gebrüder
Galiari, die berühmtesten Theatermaler in Jtalien,
sind bekannt genug. Liebhaber der alten Kunst finden
bey dem Commandeur Geloso eine schöne Sammlung
alter geschnittener Steine, deren Besitzer sich ein gros-
ses Vergnügen macht, sie zu zeigen.

Von den sämtlichen Staaten des Königs von Sar-
dinien,
die auf dem festen Lande liegen, hat man ei-
ne schöne Charte, die (ohne das Titelblatt) aus fünf
Blättern besteht, deren jedes 6 Fuß lang und 13
Zoll hoch ist. Sie ist schon im vorigen Jahrhundert

ge-

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
Die Haͤuſer naͤmlich, die von 25 bis 50000 Lire
Einkuͤnfte haben, ſind in Vergleichung der weniger
reichen nur in geringer Anzahl. Alle adeliche Guͤter,
ohne Ausnahme, ſind Fideicommiſſe, ſo daß die juͤn-
gern Bruͤder und die Schweſtern des Erben ſchlecht
wegkommen. Jene muͤſſen entweder Kriegsdienſte
nehmen, oder in den geiſtlichen Stand treten. Ein
gewiſſer noch lebender piemonteſiſcher Graf hat 9 Soͤh-
ne, davon der aͤlteſte als Erbe ohne Bedienung lebt;
von den andern iſt einer in Kriegsdienſten, und die
andern ſieben ſind Moͤnche.

Jn Turin ſind die Wiſſenſchaften in weit groͤße-
rem Flor als die ſchoͤnen Kuͤnſte, die hier, wenn man
etwa die Muſik ausnehmen will, wenig bedeuten.
Gegenwaͤrtig iſt kein Maler da, der einen Namen
haͤtte; und ſelbſt die Anzahl recht guter Gemaͤlde iſt
hier nicht groß. Bildhauer, von denen noch etwas zu
erwarten waͤre, ſind nur zwey: Colini, der wegen
ſeiner feinen Ausarbeitung am meiſten geſchaͤtzt wird,
und Bernes, den ich dem vorigen weit vorziehen wuͤr-
de, ob er gleich hier weniger geſchaͤtzt wird. Seine
Bilder ſind voll Geiſt und Ausdruck. Die Gebruͤder
Galiari, die beruͤhmteſten Theatermaler in Jtalien,
ſind bekannt genug. Liebhaber der alten Kunſt finden
bey dem Commandeur Geloſo eine ſchoͤne Sammlung
alter geſchnittener Steine, deren Beſitzer ſich ein groſ-
ſes Vergnuͤgen macht, ſie zu zeigen.

Von den ſaͤmtlichen Staaten des Koͤnigs von Sar-
dinien,
die auf dem feſten Lande liegen, hat man ei-
ne ſchoͤne Charte, die (ohne das Titelblatt) aus fuͤnf
Blaͤttern beſteht, deren jedes 6 Fuß lang und 13
Zoll hoch iſt. Sie iſt ſchon im vorigen Jahrhundert

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[320/0340] Tagebuch von der Ruͤckreiſe Die Haͤuſer naͤmlich, die von 25 bis 50000 Lire Einkuͤnfte haben, ſind in Vergleichung der weniger reichen nur in geringer Anzahl. Alle adeliche Guͤter, ohne Ausnahme, ſind Fideicommiſſe, ſo daß die juͤn- gern Bruͤder und die Schweſtern des Erben ſchlecht wegkommen. Jene muͤſſen entweder Kriegsdienſte nehmen, oder in den geiſtlichen Stand treten. Ein gewiſſer noch lebender piemonteſiſcher Graf hat 9 Soͤh- ne, davon der aͤlteſte als Erbe ohne Bedienung lebt; von den andern iſt einer in Kriegsdienſten, und die andern ſieben ſind Moͤnche. Jn Turin ſind die Wiſſenſchaften in weit groͤße- rem Flor als die ſchoͤnen Kuͤnſte, die hier, wenn man etwa die Muſik ausnehmen will, wenig bedeuten. Gegenwaͤrtig iſt kein Maler da, der einen Namen haͤtte; und ſelbſt die Anzahl recht guter Gemaͤlde iſt hier nicht groß. Bildhauer, von denen noch etwas zu erwarten waͤre, ſind nur zwey: Colini, der wegen ſeiner feinen Ausarbeitung am meiſten geſchaͤtzt wird, und Bernes, den ich dem vorigen weit vorziehen wuͤr- de, ob er gleich hier weniger geſchaͤtzt wird. Seine Bilder ſind voll Geiſt und Ausdruck. Die Gebruͤder Galiari, die beruͤhmteſten Theatermaler in Jtalien, ſind bekannt genug. Liebhaber der alten Kunſt finden bey dem Commandeur Geloſo eine ſchoͤne Sammlung alter geſchnittener Steine, deren Beſitzer ſich ein groſ- ſes Vergnuͤgen macht, ſie zu zeigen. Von den ſaͤmtlichen Staaten des Koͤnigs von Sar- dinien, die auf dem feſten Lande liegen, hat man ei- ne ſchoͤne Charte, die (ohne das Titelblatt) aus fuͤnf Blaͤttern beſteht, deren jedes 6 Fuß lang und 13 Zoll hoch iſt. Sie iſt ſchon im vorigen Jahrhundert ge-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/340>, abgerufen am 27.11.2024.