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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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von Nizza nach Deutschland.
bet ihm alles Heu, das aber insgemein dem Pachter
um einen ganz geringen Preis überlassen wird.

Jch will bey dieser Gelegenheit etwas von dem
piemontesischen Landbau anmerken. Die Aecker wer-
den wie überall, in Tagwerke, Giornate (Morgen),
eingetheilt. Ein Morgen enthält nach rheinländi-
schem Maaß ohngefähr 23500 Quadratfuß. Ein
Morgen des besten Wiesenlandes wird 1000 bis
1500 Lire geschätzt; des mittelmäßigen 600 bis 800.
Das beste Ackerland, nachdem es gelegen ist, von
500 bis 1000 Lire; das mittelmäßige 300
bis 400. Durchaus mit Weinreben angepflanztes
Land wird an den besten Orten bis auf 100 Lire ge-
schätzt; an geringern nur auf 400 bis 600. Dabey wird
aber vorausgesetzt, daß die Reben in gutem Stande seyn.

Das beste Ackerland mit Waizen besät trägt acht-
bis neunfache Saat; das mittelmäßige fünf-bis sechs-
fache. Dieses Land wird wenigstens vier- oft auch
fünfmal umgepflügt, ehe es angesät wird. Zur
zweyten Erndte wird nach dem Getraide Hirse, oder
auch das kleine türkische Korn gesät *). Der ganz
leichte Acker trägt nur einmal. Der Acker, der
Hanf getragen hat, wird, nachdem der Hanf ausge-
rissen worden, mit Rüben besät. Reisäcker tragen
nur einmal. Obst wird viel gewonnen, und gegen
Ende des Maymonats sah ich auf den Märkten in
Turin noch überall große Mengen schöner Aepfel.

Der Adel ist in diesem Lande zahlreich, aber im
Ganzen genommen, nicht von großem Vermögen.

Die
*) Es giebt zweyerley Arten des türkischen Korns: die
große, die langsamer wächst, und im Frühjahr muß
gesät werden; die kleine wird im Sommer nach der
Erndte gesäet, und wird im Herbste reif.

von Nizza nach Deutſchland.
bet ihm alles Heu, das aber insgemein dem Pachter
um einen ganz geringen Preis uͤberlaſſen wird.

Jch will bey dieſer Gelegenheit etwas von dem
piemonteſiſchen Landbau anmerken. Die Aecker wer-
den wie uͤberall, in Tagwerke, Giornate (Morgen),
eingetheilt. Ein Morgen enthaͤlt nach rheinlaͤndi-
ſchem Maaß ohngefaͤhr 23500 Quadratfuß. Ein
Morgen des beſten Wieſenlandes wird 1000 bis
1500 Lire geſchaͤtzt; des mittelmaͤßigen 600 bis 800.
Das beſte Ackerland, nachdem es gelegen iſt, von
500 bis 1000 Lire; das mittelmaͤßige 300
bis 400. Durchaus mit Weinreben angepflanztes
Land wird an den beſten Orten bis auf 100 Lire ge-
ſchaͤtzt; an geringern nur auf 400 bis 600. Dabey wird
aber vorausgeſetzt, daß die Reben in gutem Stande ſeyn.

Das beſte Ackerland mit Waizen beſaͤt traͤgt acht-
bis neunfache Saat; das mittelmaͤßige fuͤnf-bis ſechs-
fache. Dieſes Land wird wenigſtens vier- oft auch
fuͤnfmal umgepfluͤgt, ehe es angeſaͤt wird. Zur
zweyten Erndte wird nach dem Getraide Hirſe, oder
auch das kleine tuͤrkiſche Korn geſaͤt *). Der ganz
leichte Acker traͤgt nur einmal. Der Acker, der
Hanf getragen hat, wird, nachdem der Hanf ausge-
riſſen worden, mit Ruͤben beſaͤt. Reisaͤcker tragen
nur einmal. Obſt wird viel gewonnen, und gegen
Ende des Maymonats ſah ich auf den Maͤrkten in
Turin noch uͤberall große Mengen ſchoͤner Aepfel.

Der Adel iſt in dieſem Lande zahlreich, aber im
Ganzen genommen, nicht von großem Vermoͤgen.

Die
*) Es giebt zweyerley Arten des tuͤrkiſchen Korns: die
große, die langſamer waͤchſt, und im Fruͤhjahr muß
geſaͤt werden; die kleine wird im Sommer nach der
Erndte geſaͤet, und wird im Herbſte reif.
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[319/0339] von Nizza nach Deutſchland. bet ihm alles Heu, das aber insgemein dem Pachter um einen ganz geringen Preis uͤberlaſſen wird. Jch will bey dieſer Gelegenheit etwas von dem piemonteſiſchen Landbau anmerken. Die Aecker wer- den wie uͤberall, in Tagwerke, Giornate (Morgen), eingetheilt. Ein Morgen enthaͤlt nach rheinlaͤndi- ſchem Maaß ohngefaͤhr 23500 Quadratfuß. Ein Morgen des beſten Wieſenlandes wird 1000 bis 1500 Lire geſchaͤtzt; des mittelmaͤßigen 600 bis 800. Das beſte Ackerland, nachdem es gelegen iſt, von 500 bis 1000 Lire; das mittelmaͤßige 300 bis 400. Durchaus mit Weinreben angepflanztes Land wird an den beſten Orten bis auf 100 Lire ge- ſchaͤtzt; an geringern nur auf 400 bis 600. Dabey wird aber vorausgeſetzt, daß die Reben in gutem Stande ſeyn. Das beſte Ackerland mit Waizen beſaͤt traͤgt acht- bis neunfache Saat; das mittelmaͤßige fuͤnf-bis ſechs- fache. Dieſes Land wird wenigſtens vier- oft auch fuͤnfmal umgepfluͤgt, ehe es angeſaͤt wird. Zur zweyten Erndte wird nach dem Getraide Hirſe, oder auch das kleine tuͤrkiſche Korn geſaͤt *). Der ganz leichte Acker traͤgt nur einmal. Der Acker, der Hanf getragen hat, wird, nachdem der Hanf ausge- riſſen worden, mit Ruͤben beſaͤt. Reisaͤcker tragen nur einmal. Obſt wird viel gewonnen, und gegen Ende des Maymonats ſah ich auf den Maͤrkten in Turin noch uͤberall große Mengen ſchoͤner Aepfel. Der Adel iſt in dieſem Lande zahlreich, aber im Ganzen genommen, nicht von großem Vermoͤgen. Die *) Es giebt zweyerley Arten des tuͤrkiſchen Korns: die große, die langſamer waͤchſt, und im Fruͤhjahr muß geſaͤt werden; die kleine wird im Sommer nach der Erndte geſaͤet, und wird im Herbſte reif.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/339>, abgerufen am 24.11.2024.