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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
tenes; die gemeinsten Häuser sind groß, hoch und
sehr massiv in Mauren von gebrannten Steinen. Der
Hof hat sich vorgesetzt, die Stadt durchaus schön zu
machen. Es wird deswegen beständig stark gebaut.
Ganze Straßen werden niedergerissen, um sogleich
schöner wieder aufgebaut zu werden. Wer in einer
solchen Straße ein Haus besitzt, und entweder den
Willen oder das Vermögen nicht hat, es neu aufzu-
bauen, muß es an einen, der es bauen will, verkau-
fen. Das Eigenthum eines Hauses wird hier, we-
gen der starken Miethgelder, die dafür bezahlt wer-
den, für das sicherste Capital gehalten.

Die Straßen sind ziemlich reinlich; und ein
Quartier der Stadt hat die Bequemlichkeit, daß die
Straßen, vermittelst einiger aus der Doire kommen-
den Canäle, mit reinem durchfließenden und gleich
wieder ablaufenden Wasser können abgespült werden;
welches während der Nacht geschieht.

Ueber die öffentlichen Gebäude habe ich über-
haupt folgendes angemerkt. Die Kirchen zeigen
durchgehends mehr Pracht und in die Augen fallenden
Reichthum an Marmor, Vergoldungen und Aus-
zierungen, als großen und reinen Geschmack der
Baukunst. Jch habe keine einzige gesehen, die von
außen von untadelhafter Bauart, innerhalb aber nicht
mit architektonischen Zierrathen überladen wäre, und
die das Auge gleich beym ersten Eintritt in Verwirrung
setzen, eine einzige Capelle in dem großen Hospital aus-
genommen, wovon ich hernach sprechen werde. Ue-
berhaupt fehlt es den hiesigen öffentlichen Gebäuden an
der einfachen Majestät und der stillen Größe, die den

Cha-

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
tenes; die gemeinſten Haͤuſer ſind groß, hoch und
ſehr maſſiv in Mauren von gebrannten Steinen. Der
Hof hat ſich vorgeſetzt, die Stadt durchaus ſchoͤn zu
machen. Es wird deswegen beſtaͤndig ſtark gebaut.
Ganze Straßen werden niedergeriſſen, um ſogleich
ſchoͤner wieder aufgebaut zu werden. Wer in einer
ſolchen Straße ein Haus beſitzt, und entweder den
Willen oder das Vermoͤgen nicht hat, es neu aufzu-
bauen, muß es an einen, der es bauen will, verkau-
fen. Das Eigenthum eines Hauſes wird hier, we-
gen der ſtarken Miethgelder, die dafuͤr bezahlt wer-
den, fuͤr das ſicherſte Capital gehalten.

Die Straßen ſind ziemlich reinlich; und ein
Quartier der Stadt hat die Bequemlichkeit, daß die
Straßen, vermittelſt einiger aus der Doire kommen-
den Canaͤle, mit reinem durchfließenden und gleich
wieder ablaufenden Waſſer koͤnnen abgeſpuͤlt werden;
welches waͤhrend der Nacht geſchieht.

Ueber die oͤffentlichen Gebaͤude habe ich uͤber-
haupt folgendes angemerkt. Die Kirchen zeigen
durchgehends mehr Pracht und in die Augen fallenden
Reichthum an Marmor, Vergoldungen und Aus-
zierungen, als großen und reinen Geſchmack der
Baukunſt. Jch habe keine einzige geſehen, die von
außen von untadelhafter Bauart, innerhalb aber nicht
mit architektoniſchen Zierrathen uͤberladen waͤre, und
die das Auge gleich beym erſten Eintritt in Verwirrung
ſetzen, eine einzige Capelle in dem großen Hoſpital aus-
genommen, wovon ich hernach ſprechen werde. Ue-
berhaupt fehlt es den hieſigen oͤffentlichen Gebaͤuden an
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[300/0320] Tagebuch von der Ruͤckreiſe tenes; die gemeinſten Haͤuſer ſind groß, hoch und ſehr maſſiv in Mauren von gebrannten Steinen. Der Hof hat ſich vorgeſetzt, die Stadt durchaus ſchoͤn zu machen. Es wird deswegen beſtaͤndig ſtark gebaut. Ganze Straßen werden niedergeriſſen, um ſogleich ſchoͤner wieder aufgebaut zu werden. Wer in einer ſolchen Straße ein Haus beſitzt, und entweder den Willen oder das Vermoͤgen nicht hat, es neu aufzu- bauen, muß es an einen, der es bauen will, verkau- fen. Das Eigenthum eines Hauſes wird hier, we- gen der ſtarken Miethgelder, die dafuͤr bezahlt wer- den, fuͤr das ſicherſte Capital gehalten. Die Straßen ſind ziemlich reinlich; und ein Quartier der Stadt hat die Bequemlichkeit, daß die Straßen, vermittelſt einiger aus der Doire kommen- den Canaͤle, mit reinem durchfließenden und gleich wieder ablaufenden Waſſer koͤnnen abgeſpuͤlt werden; welches waͤhrend der Nacht geſchieht. Ueber die oͤffentlichen Gebaͤude habe ich uͤber- haupt folgendes angemerkt. Die Kirchen zeigen durchgehends mehr Pracht und in die Augen fallenden Reichthum an Marmor, Vergoldungen und Aus- zierungen, als großen und reinen Geſchmack der Baukunſt. Jch habe keine einzige geſehen, die von außen von untadelhafter Bauart, innerhalb aber nicht mit architektoniſchen Zierrathen uͤberladen waͤre, und die das Auge gleich beym erſten Eintritt in Verwirrung ſetzen, eine einzige Capelle in dem großen Hoſpital aus- genommen, wovon ich hernach ſprechen werde. Ue- berhaupt fehlt es den hieſigen oͤffentlichen Gebaͤuden an der einfachen Majeſtaͤt und der ſtillen Groͤße, die den Cha-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/320>, abgerufen am 24.11.2024.