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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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von Nizza nach Deutschland.
Gegenden der Provinz nach der Hauptstadt führenden
geraden Landstraßen sind alle nach der Schnur gezogen,
und an beyden Seiten mit doppelten, auch dreyfachen
Reihen der schönsten Bäume besetzt. Hier und da
sieht man kleinere und größere, in der schönsten Ord-
nung gepflanzte Wäldchen von ungemein hohen Pap-
peln. Gegen Abend traf ich in Turin ein.

Jch will hier noch einige auf dieser Straße ge-
machte Beobachtungen nachholen. Auf dem ganzen
Wege trifft man keinen unbebauten Fleck Landes an,
nur ein paar Stellen ausgenommen, wo etwas weni-
ges als Anger für bloße Weide gelassen worden.
Wo etwa ein kleines Stück Land etwas rauher als das
gewöhnliche ist, da hat man kleine Wälder von Pap-
peln, Espen und Weiden gepflanzt. Dies sind die
einzigen Holzungen, die man auf dieser Ebene sieht.
Man würde kaum begreifen, wo der hiesige Land-
mann sein zum täglichen Gebrauch nöthiges Holz her-
nähme, wenn man nicht bald die sorgfältigste Wirth-
schaft mit dieser Nothdürftigkeit wahrnähme. Jch
habe schon angemerkt, daß alle Aecker und Wiesen
mit Bäumen umsetzt sind. Die Borte der kleinen
Bäche sind ebenfalls dicht damit bepflanzt. Alle die-
se Bäume werden von Zeit zu Zeit geköpft. Die ab-
gehauenen Aeste und Zweige nebst den jährlich abge-
schnittenen Weinranken sind das Brennholz des Land-
manns.

Nirgends habe ich von Seiten des Landmanns so
viel Fürsorge in Ansehung der Anpflanzung und Un-
terhaltung der Bäume gesehen, als hier. Alle jun-
gen Bäume werden mit Stricken, die aus Stroh ge-
flochten sind, durch die ganze Höhe des Stammes be-

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von Nizza nach Deutſchland.
Gegenden der Provinz nach der Hauptſtadt fuͤhrenden
geraden Landſtraßen ſind alle nach der Schnur gezogen,
und an beyden Seiten mit doppelten, auch dreyfachen
Reihen der ſchoͤnſten Baͤume beſetzt. Hier und da
ſieht man kleinere und groͤßere, in der ſchoͤnſten Ord-
nung gepflanzte Waͤldchen von ungemein hohen Pap-
peln. Gegen Abend traf ich in Turin ein.

Jch will hier noch einige auf dieſer Straße ge-
machte Beobachtungen nachholen. Auf dem ganzen
Wege trifft man keinen unbebauten Fleck Landes an,
nur ein paar Stellen ausgenommen, wo etwas weni-
ges als Anger fuͤr bloße Weide gelaſſen worden.
Wo etwa ein kleines Stuͤck Land etwas rauher als das
gewoͤhnliche iſt, da hat man kleine Waͤlder von Pap-
peln, Eſpen und Weiden gepflanzt. Dies ſind die
einzigen Holzungen, die man auf dieſer Ebene ſieht.
Man wuͤrde kaum begreifen, wo der hieſige Land-
mann ſein zum taͤglichen Gebrauch noͤthiges Holz her-
naͤhme, wenn man nicht bald die ſorgfaͤltigſte Wirth-
ſchaft mit dieſer Nothduͤrftigkeit wahrnaͤhme. Jch
habe ſchon angemerkt, daß alle Aecker und Wieſen
mit Baͤumen umſetzt ſind. Die Borte der kleinen
Baͤche ſind ebenfalls dicht damit bepflanzt. Alle die-
ſe Baͤume werden von Zeit zu Zeit gekoͤpft. Die ab-
gehauenen Aeſte und Zweige nebſt den jaͤhrlich abge-
ſchnittenen Weinranken ſind das Brennholz des Land-
manns.

Nirgends habe ich von Seiten des Landmanns ſo
viel Fuͤrſorge in Anſehung der Anpflanzung und Un-
terhaltung der Baͤume geſehen, als hier. Alle jun-
gen Baͤume werden mit Stricken, die aus Stroh ge-
flochten ſind, durch die ganze Hoͤhe des Stammes be-

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[291/0311] von Nizza nach Deutſchland. Gegenden der Provinz nach der Hauptſtadt fuͤhrenden geraden Landſtraßen ſind alle nach der Schnur gezogen, und an beyden Seiten mit doppelten, auch dreyfachen Reihen der ſchoͤnſten Baͤume beſetzt. Hier und da ſieht man kleinere und groͤßere, in der ſchoͤnſten Ord- nung gepflanzte Waͤldchen von ungemein hohen Pap- peln. Gegen Abend traf ich in Turin ein. Jch will hier noch einige auf dieſer Straße ge- machte Beobachtungen nachholen. Auf dem ganzen Wege trifft man keinen unbebauten Fleck Landes an, nur ein paar Stellen ausgenommen, wo etwas weni- ges als Anger fuͤr bloße Weide gelaſſen worden. Wo etwa ein kleines Stuͤck Land etwas rauher als das gewoͤhnliche iſt, da hat man kleine Waͤlder von Pap- peln, Eſpen und Weiden gepflanzt. Dies ſind die einzigen Holzungen, die man auf dieſer Ebene ſieht. Man wuͤrde kaum begreifen, wo der hieſige Land- mann ſein zum taͤglichen Gebrauch noͤthiges Holz her- naͤhme, wenn man nicht bald die ſorgfaͤltigſte Wirth- ſchaft mit dieſer Nothduͤrftigkeit wahrnaͤhme. Jch habe ſchon angemerkt, daß alle Aecker und Wieſen mit Baͤumen umſetzt ſind. Die Borte der kleinen Baͤche ſind ebenfalls dicht damit bepflanzt. Alle die- ſe Baͤume werden von Zeit zu Zeit gekoͤpft. Die ab- gehauenen Aeſte und Zweige nebſt den jaͤhrlich abge- ſchnittenen Weinranken ſind das Brennholz des Land- manns. Nirgends habe ich von Seiten des Landmanns ſo viel Fuͤrſorge in Anſehung der Anpflanzung und Un- terhaltung der Baͤume geſehen, als hier. Alle jun- gen Baͤume werden mit Stricken, die aus Stroh ge- flochten ſind, durch die ganze Hoͤhe des Stammes be- wun- T 2

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/311>, abgerufen am 28.11.2024.