Großes Schlachtvieh wird hier auch nicht gezo- gen, und kommt, wie das meiste Geflügel, aus Piemont.
An Bauholz hat diese Gegend einen gänzlichen Mangel. Die Tannenbäume, die zur Zimmerar- beit und zu andern, dem Wetter nicht ausgesetzten Ar- beiten gebraucht werden, werden auf der See herge- bracht. Fensterrahme, und was an einem Hause der Luft ausgesetzt ist, wird insgemein von Lerchenholze gemacht, das schon in kurze Bretter geschnitten aus dem Jnnern der piemontesischen Alpen auf Eseln hie- her gebracht wird, vielleicht auch noch von andern Or- ten her.
Auch fast alles, was zur Kleidung gehört, kommt von außen herein, nebst den vielen mehr oder weniger nöthigen indianischen Waaren.
Alles dieses erfordert Summen, welche diejeni- gen, die durch ausgeführte Landesgüter eingehen, nothwendig übertreffen. Deswegen ist die Graf- schaft Nizza ein Land, das seine Einwohner nicht er- nähren kann, oder das nach Verhältniß seiner Frucht- barkeit zu stark bevölkert ist.
Dieses müßte die natürliche Folge haben, daß ein Theil der Einwohner wegziehen, oder daß sie sich auf Fabriken legen müßten, von denen außerhalb Landes ein Absatz wäre. Aber keines von beyden geschieht hier. Es war ein drittes Mittel übrig, das fehlende Geld zu ersetzen. Dieses kommt von Turin aus, zur Bezahlung der Besatzung in Nizza, der kleinen in Villa franca liegenden Marine, zu den Besol- dungen der königlichen Justiz- und Civilbedienten, und nun auch seit einigen Jahren zu dem öffentlichen
Bau
O 5
gethanen Reiſe.
Großes Schlachtvieh wird hier auch nicht gezo- gen, und kommt, wie das meiſte Gefluͤgel, aus Piemont.
An Bauholz hat dieſe Gegend einen gaͤnzlichen Mangel. Die Tannenbaͤume, die zur Zimmerar- beit und zu andern, dem Wetter nicht ausgeſetzten Ar- beiten gebraucht werden, werden auf der See herge- bracht. Fenſterrahme, und was an einem Hauſe der Luft ausgeſetzt iſt, wird insgemein von Lerchenholze gemacht, das ſchon in kurze Bretter geſchnitten aus dem Jnnern der piemonteſiſchen Alpen auf Eſeln hie- her gebracht wird, vielleicht auch noch von andern Or- ten her.
Auch faſt alles, was zur Kleidung gehoͤrt, kommt von außen herein, nebſt den vielen mehr oder weniger noͤthigen indianiſchen Waaren.
Alles dieſes erfordert Summen, welche diejeni- gen, die durch ausgefuͤhrte Landesguͤter eingehen, nothwendig uͤbertreffen. Deswegen iſt die Graf- ſchaft Nizza ein Land, das ſeine Einwohner nicht er- naͤhren kann, oder das nach Verhaͤltniß ſeiner Frucht- barkeit zu ſtark bevoͤlkert iſt.
Dieſes muͤßte die natuͤrliche Folge haben, daß ein Theil der Einwohner wegziehen, oder daß ſie ſich auf Fabriken legen muͤßten, von denen außerhalb Landes ein Abſatz waͤre. Aber keines von beyden geſchieht hier. Es war ein drittes Mittel uͤbrig, das fehlende Geld zu erſetzen. Dieſes kommt von Turin aus, zur Bezahlung der Beſatzung in Nizza, der kleinen in Villa franca liegenden Marine, zu den Beſol- dungen der koͤniglichen Juſtiz- und Civilbedienten, und nun auch ſeit einigen Jahren zu dem oͤffentlichen
Bau
O 5
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0237"n="217"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">gethanen Reiſe.</hi></fw><lb/><p>Großes Schlachtvieh wird hier auch nicht gezo-<lb/>
gen, und kommt, wie das meiſte Gefluͤgel, aus<lb/><hirendition="#fr">Piemont.</hi></p><lb/><p>An Bauholz hat dieſe Gegend einen gaͤnzlichen<lb/>
Mangel. Die Tannenbaͤume, die zur Zimmerar-<lb/>
beit und zu andern, dem Wetter nicht ausgeſetzten Ar-<lb/>
beiten gebraucht werden, werden auf der See herge-<lb/>
bracht. Fenſterrahme, und was an einem Hauſe der<lb/>
Luft ausgeſetzt iſt, wird insgemein von Lerchenholze<lb/>
gemacht, das ſchon in kurze Bretter geſchnitten aus<lb/>
dem Jnnern der piemonteſiſchen Alpen auf Eſeln hie-<lb/>
her gebracht wird, vielleicht auch noch von andern Or-<lb/>
ten her.</p><lb/><p>Auch faſt alles, was zur Kleidung gehoͤrt,<lb/>
kommt von außen herein, nebſt den vielen mehr oder<lb/>
weniger noͤthigen indianiſchen Waaren.</p><lb/><p>Alles dieſes erfordert Summen, welche diejeni-<lb/>
gen, die durch ausgefuͤhrte Landesguͤter eingehen,<lb/>
nothwendig uͤbertreffen. Deswegen iſt die Graf-<lb/>ſchaft <hirendition="#fr">Nizza</hi> ein Land, das ſeine Einwohner nicht er-<lb/>
naͤhren kann, oder das nach Verhaͤltniß ſeiner Frucht-<lb/>
barkeit zu ſtark bevoͤlkert iſt.</p><lb/><p>Dieſes muͤßte die natuͤrliche Folge haben, daß ein<lb/>
Theil der Einwohner wegziehen, oder daß ſie ſich auf<lb/>
Fabriken legen muͤßten, von denen außerhalb Landes<lb/>
ein Abſatz waͤre. Aber keines von beyden geſchieht<lb/>
hier. Es war ein drittes Mittel uͤbrig, das fehlende<lb/>
Geld zu erſetzen. Dieſes kommt von <hirendition="#fr">Turin</hi> aus,<lb/>
zur Bezahlung der Beſatzung in <hirendition="#fr">Nizza,</hi> der kleinen<lb/>
in <hirendition="#fr">Villa franca</hi> liegenden Marine, zu den Beſol-<lb/>
dungen der koͤniglichen Juſtiz- und Civilbedienten,<lb/>
und nun auch ſeit einigen Jahren zu dem oͤffentlichen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Bau</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[217/0237]
gethanen Reiſe.
Großes Schlachtvieh wird hier auch nicht gezo-
gen, und kommt, wie das meiſte Gefluͤgel, aus
Piemont.
An Bauholz hat dieſe Gegend einen gaͤnzlichen
Mangel. Die Tannenbaͤume, die zur Zimmerar-
beit und zu andern, dem Wetter nicht ausgeſetzten Ar-
beiten gebraucht werden, werden auf der See herge-
bracht. Fenſterrahme, und was an einem Hauſe der
Luft ausgeſetzt iſt, wird insgemein von Lerchenholze
gemacht, das ſchon in kurze Bretter geſchnitten aus
dem Jnnern der piemonteſiſchen Alpen auf Eſeln hie-
her gebracht wird, vielleicht auch noch von andern Or-
ten her.
Auch faſt alles, was zur Kleidung gehoͤrt,
kommt von außen herein, nebſt den vielen mehr oder
weniger noͤthigen indianiſchen Waaren.
Alles dieſes erfordert Summen, welche diejeni-
gen, die durch ausgefuͤhrte Landesguͤter eingehen,
nothwendig uͤbertreffen. Deswegen iſt die Graf-
ſchaft Nizza ein Land, das ſeine Einwohner nicht er-
naͤhren kann, oder das nach Verhaͤltniß ſeiner Frucht-
barkeit zu ſtark bevoͤlkert iſt.
Dieſes muͤßte die natuͤrliche Folge haben, daß ein
Theil der Einwohner wegziehen, oder daß ſie ſich auf
Fabriken legen muͤßten, von denen außerhalb Landes
ein Abſatz waͤre. Aber keines von beyden geſchieht
hier. Es war ein drittes Mittel uͤbrig, das fehlende
Geld zu erſetzen. Dieſes kommt von Turin aus,
zur Bezahlung der Beſatzung in Nizza, der kleinen
in Villa franca liegenden Marine, zu den Beſol-
dungen der koͤniglichen Juſtiz- und Civilbedienten,
und nun auch ſeit einigen Jahren zu dem oͤffentlichen
Bau
O 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/237>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.