gleichen es viel auf diesem Striche giebt, als zum Ackerbau. Von Potsdam aus trifft man beträchtliche Strecken Landes an, die wegen der Unfruchtbarkeit des Bodens ganz wüste liegen.
Von Treuen- britzen nachWittenberg.
Den 24 Aug. Von Treuenbritzen über Wit- tenberg bis mitten in den Dübbener Wald.
Von Treuenbritzen aus geht der Weg meistens über sehr magere, auch ganz unbebaute Felder. Alle Fremde, die von Leipzig aus nach Berlin reisen, be- kommen einen sehr nachtheiligen Begriff von der Mark Brandenburg, weil sie von Wittenberg aus bis nach Berlin nichts als unfruchtbares Land und Fichtenwälder sehen. Doch ist dagegen unweit davon an dem rechten Ufer der Havel das sogenannte Havelland in einem hohen Grade fruchtbar.
Weil ich zu schwach war herumzugehen, und eini- ge mir bekannte gelehrte Männer in Wittenberg zu be- suchen, so blieb ich den Mittag über in einem schlech- ten Gasthofe vor der Stadt, und mußte also diese be- rühmte und gegenwärtig mit verschiedenen sehr ge- schickten Männern besetzte Universität vorbeyreisen.
Gränzen zwischen Branden- burg und Sachsen.
Sobald man über die Elbe gekommen ist, trifft man schon merklich besseres Land an. Jch habe so- wohl hier, als bey vielen andern Reisen bemerkt, daß bey der zufällig scheinenden Eintheilung der Länder doch meistentheils zwischen größern benachbarten Staa- ten natürliche Gränzen gesetzt sind, und daß gemei- niglich die größern an einander stoßenden Provinzen durch die Verschiedenheit ihres Bodens und andre na- türliche Eigenschaften sich von einander unterscheiden. Daraus läßt sich einigermaßen begreifen, warum in ganz alten Zeiten ein Volk, das einem Lande den Na-
men
Tagebuch von einer nach Nizza
gleichen es viel auf dieſem Striche giebt, als zum Ackerbau. Von Potsdam aus trifft man betraͤchtliche Strecken Landes an, die wegen der Unfruchtbarkeit des Bodens ganz wuͤſte liegen.
Von Treuen- britzen nachWittenberg.
Den 24 Aug. Von Treuenbritzen uͤber Wit- tenberg bis mitten in den Duͤbbener Wald.
Von Treuenbritzen aus geht der Weg meiſtens uͤber ſehr magere, auch ganz unbebaute Felder. Alle Fremde, die von Leipzig aus nach Berlin reiſen, be- kommen einen ſehr nachtheiligen Begriff von der Mark Brandenburg, weil ſie von Wittenberg aus bis nach Berlin nichts als unfruchtbares Land und Fichtenwaͤlder ſehen. Doch iſt dagegen unweit davon an dem rechten Ufer der Havel das ſogenannte Havelland in einem hohen Grade fruchtbar.
Weil ich zu ſchwach war herumzugehen, und eini- ge mir bekannte gelehrte Maͤnner in Wittenberg zu be- ſuchen, ſo blieb ich den Mittag uͤber in einem ſchlech- ten Gaſthofe vor der Stadt, und mußte alſo dieſe be- ruͤhmte und gegenwaͤrtig mit verſchiedenen ſehr ge- ſchickten Maͤnnern beſetzte Univerſitaͤt vorbeyreiſen.
Graͤnzen zwiſchen Branden- burg und Sachſen.
Sobald man uͤber die Elbe gekommen iſt, trifft man ſchon merklich beſſeres Land an. Jch habe ſo- wohl hier, als bey vielen andern Reiſen bemerkt, daß bey der zufaͤllig ſcheinenden Eintheilung der Laͤnder doch meiſtentheils zwiſchen groͤßern benachbarten Staa- ten natuͤrliche Graͤnzen geſetzt ſind, und daß gemei- niglich die groͤßern an einander ſtoßenden Provinzen durch die Verſchiedenheit ihres Bodens und andre na- tuͤrliche Eigenſchaften ſich von einander unterſcheiden. Daraus laͤßt ſich einigermaßen begreifen, warum in ganz alten Zeiten ein Volk, das einem Lande den Na-
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[2/0020]
Tagebuch von einer nach Nizza
gleichen es viel auf dieſem Striche giebt, als zum
Ackerbau. Von Potsdam aus trifft man betraͤchtliche
Strecken Landes an, die wegen der Unfruchtbarkeit
des Bodens ganz wuͤſte liegen.
Den 24 Aug. Von Treuenbritzen uͤber Wit-
tenberg bis mitten in den Duͤbbener Wald.
Von Treuenbritzen aus geht der Weg meiſtens
uͤber ſehr magere, auch ganz unbebaute Felder. Alle
Fremde, die von Leipzig aus nach Berlin reiſen, be-
kommen einen ſehr nachtheiligen Begriff von der Mark
Brandenburg, weil ſie von Wittenberg aus bis nach
Berlin nichts als unfruchtbares Land und Fichtenwaͤlder
ſehen. Doch iſt dagegen unweit davon an dem rechten
Ufer der Havel das ſogenannte Havelland in einem
hohen Grade fruchtbar.
Weil ich zu ſchwach war herumzugehen, und eini-
ge mir bekannte gelehrte Maͤnner in Wittenberg zu be-
ſuchen, ſo blieb ich den Mittag uͤber in einem ſchlech-
ten Gaſthofe vor der Stadt, und mußte alſo dieſe be-
ruͤhmte und gegenwaͤrtig mit verſchiedenen ſehr ge-
ſchickten Maͤnnern beſetzte Univerſitaͤt vorbeyreiſen.
Sobald man uͤber die Elbe gekommen iſt, trifft
man ſchon merklich beſſeres Land an. Jch habe ſo-
wohl hier, als bey vielen andern Reiſen bemerkt, daß
bey der zufaͤllig ſcheinenden Eintheilung der Laͤnder
doch meiſtentheils zwiſchen groͤßern benachbarten Staa-
ten natuͤrliche Graͤnzen geſetzt ſind, und daß gemei-
niglich die groͤßern an einander ſtoßenden Provinzen
durch die Verſchiedenheit ihres Bodens und andre na-
tuͤrliche Eigenſchaften ſich von einander unterſcheiden.
Daraus laͤßt ſich einigermaßen begreifen, warum in
ganz alten Zeiten ein Volk, das einem Lande den Na-
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/20>, abgerufen am 22.07.2024.
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