Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.gethanen Reise. pe Soldaten begegneten, die eben den Berg herun-ter kamen. An einigen Orten sah man sie ganz von weitem von der Höhe herunter steigen; an andern Or- ten hörte man, ehe man sie sah, ihr lautes Gerede, oder ihr Singen von weitem. Dieses gab der Wild- niß ein Leben, das die andern Annehmlichkeiten noch sehr erhöhte. Es that mir leid, daß ich die oberste Höhe, von Die Straße über diesen Berg war ehedem nicht Nachdem man wieder auf die Ebene herunterge- schö- L 3
gethanen Reiſe. pe Soldaten begegneten, die eben den Berg herun-ter kamen. An einigen Orten ſah man ſie ganz von weitem von der Hoͤhe herunter ſteigen; an andern Or- ten hoͤrte man, ehe man ſie ſah, ihr lautes Gerede, oder ihr Singen von weitem. Dieſes gab der Wild- niß ein Leben, das die andern Annehmlichkeiten noch ſehr erhoͤhte. Es that mir leid, daß ich die oberſte Hoͤhe, von Die Straße uͤber dieſen Berg war ehedem nicht Nachdem man wieder auf die Ebene herunterge- ſchoͤ- L 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="diaryEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0185" n="165"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">gethanen Reiſe.</hi></fw><lb/> pe Soldaten begegneten, die eben den Berg herun-<lb/> ter kamen. An einigen Orten ſah man ſie ganz von<lb/> weitem von der Hoͤhe herunter ſteigen; an andern Or-<lb/> ten hoͤrte man, ehe man ſie ſah, ihr lautes Gerede,<lb/> oder ihr Singen von weitem. Dieſes gab der Wild-<lb/> niß ein Leben, das die andern Annehmlichkeiten noch<lb/> ſehr erhoͤhte.</p><lb/> <p>Es that mir leid, daß ich die oberſte Hoͤhe, von<lb/> der man hernach gegen Morgen hin herunter faͤhrt,<lb/> erſt bey anbrechender Nacht erreichte. Hier liegt mit-<lb/> ten in dieſer Wildniß das Poſthaus <hi rendition="#fr">Eſterelle,</hi> an<lb/> welchem der Englaͤnder <hi rendition="#fr">Smollet</hi> den Sommer<lb/> und Winter zugleich geſehen hat. Von hier hat man<lb/> wieder eine herrliche Ausſicht uͤber die unzaͤhligen tie-<lb/> fer liegenden Huͤgel, das daran ſtoßende ebene Land,<lb/> und auf den <hi rendition="#fr">Golfo</hi> von <hi rendition="#fr">Napoule,</hi> und die in dem-<lb/> ſelben liegenden leriniſchen Jnſeln. Es war Nacht<lb/> ehe ich auf die Ebene herunter kam.</p><lb/> <p>Die Straße uͤber dieſen Berg war ehedem nicht<lb/> ohne Gefahr wegen der Raͤuber, die ſich leicht in die-<lb/> ſer Wildniß verborgen halten konnten. Man hat<lb/> aber nun lange nichts von hier begangenen Raͤubereyen<lb/> gehoͤrt. Das Verſtecken, wenigſtens nahe an der<lb/> Straße, wuͤrde ſolchem Geſindel jetzt auch ſchwerer<lb/> ſeyn, da an der obern Hoͤhe des Berges eine weite<lb/> Strecke des Gebuͤſches ſeit einigen Jahren abgebrannt<lb/> iſt, wodurch nun die noͤrdliche Seite ziemlich kahl ge-<lb/> macht worden.</p><lb/> <p>Nachdem man wieder auf die Ebene herunterge-<lb/> kommen, faͤhrt man noch eine gute Stunde, den am<lb/> Meer liegenden Flecken <hi rendition="#fr">Napoule</hi> vorbey, auf einer<lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ſchoͤ-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [165/0185]
gethanen Reiſe.
pe Soldaten begegneten, die eben den Berg herun-
ter kamen. An einigen Orten ſah man ſie ganz von
weitem von der Hoͤhe herunter ſteigen; an andern Or-
ten hoͤrte man, ehe man ſie ſah, ihr lautes Gerede,
oder ihr Singen von weitem. Dieſes gab der Wild-
niß ein Leben, das die andern Annehmlichkeiten noch
ſehr erhoͤhte.
Es that mir leid, daß ich die oberſte Hoͤhe, von
der man hernach gegen Morgen hin herunter faͤhrt,
erſt bey anbrechender Nacht erreichte. Hier liegt mit-
ten in dieſer Wildniß das Poſthaus Eſterelle, an
welchem der Englaͤnder Smollet den Sommer
und Winter zugleich geſehen hat. Von hier hat man
wieder eine herrliche Ausſicht uͤber die unzaͤhligen tie-
fer liegenden Huͤgel, das daran ſtoßende ebene Land,
und auf den Golfo von Napoule, und die in dem-
ſelben liegenden leriniſchen Jnſeln. Es war Nacht
ehe ich auf die Ebene herunter kam.
Die Straße uͤber dieſen Berg war ehedem nicht
ohne Gefahr wegen der Raͤuber, die ſich leicht in die-
ſer Wildniß verborgen halten konnten. Man hat
aber nun lange nichts von hier begangenen Raͤubereyen
gehoͤrt. Das Verſtecken, wenigſtens nahe an der
Straße, wuͤrde ſolchem Geſindel jetzt auch ſchwerer
ſeyn, da an der obern Hoͤhe des Berges eine weite
Strecke des Gebuͤſches ſeit einigen Jahren abgebrannt
iſt, wodurch nun die noͤrdliche Seite ziemlich kahl ge-
macht worden.
Nachdem man wieder auf die Ebene herunterge-
kommen, faͤhrt man noch eine gute Stunde, den am
Meer liegenden Flecken Napoule vorbey, auf einer
ſchoͤ-
L 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |