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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von einer nach Nizza
hends sehr steil. Es verursacht ein wahres Vergnü-
gen, an solchen Anstalten die Arbeitsamkeit und den
erfinderischen Witz der Menschen zu sehen, die gegen
die Ungemächlichkeiten der Natur kämpfen, um sich
Land zum Feldbau zu verschaffen, wo die Natur es
versagt hatte. Nil mortalibus arduum.

Jn Cujes, einem Flecken, wo ich zu Mittag spei-
sete, fand sich allmählig eine ziemlich ansehnliche Ge-
sellschaft Reisender ein, die ebenfalls da ausspannten.
Es kamen da Land- und Seeofficiere, Edelleute, rei-
sende Ordensleute und Kaufleute, worunter auch ein
Armenier war, zum Essen zusammen. Ungeachtet
in jedem kleinen Orte mehrere Gasthöfe sind, so ist es
mir doch von Lyon aus bis Hieres, einem Wege von
mehr als 50 deutschen Meilen, auf dem ich sieben
Tage zugebracht habe, nur ein einzigesmal begegnet,
daß ich des Mittags und Abends allein gespeiset habe.
Ueberall finden sich mehrere Reisende zusammen. Es
war hier ziemlich reinlich und gut; wie denn überhaupt
in diesem untern Theile der Provence die Unreinlichkeit
nicht mehr so sehr herrschet, als im Dauphine.

Von Cujes aus geht eine gerade, ganz ebene mit
schönen jungen Maulbeerbäumen besetzte Straße,
zwischen den schönsten Wein- und Kornfeldern durch,
bis man etwa eine Stunde weit hinter gedachtem Orte
allmählig auf eine Höhe heranfährt, von der man sich
hernach einem gar seltsamen und fürchterlichen Felsen-
schlund nähert, durch welchen die Straße gehet. Die-
ses ist einer der wildesten und fürchterlichsten engen
Pässe, die ich jemals gesehen habe.

Merkwürdi-
ger Paß bey
Ollioules.

Die Berge, die man von Cujes aus rechter und
linker Hand der Straße gesehen, stoßen hier zusam-

men;

Tagebuch von einer nach Nizza
hends ſehr ſteil. Es verurſacht ein wahres Vergnuͤ-
gen, an ſolchen Anſtalten die Arbeitſamkeit und den
erfinderiſchen Witz der Menſchen zu ſehen, die gegen
die Ungemaͤchlichkeiten der Natur kaͤmpfen, um ſich
Land zum Feldbau zu verſchaffen, wo die Natur es
verſagt hatte. Nil mortalibus arduum.

Jn Cujes, einem Flecken, wo ich zu Mittag ſpei-
ſete, fand ſich allmaͤhlig eine ziemlich anſehnliche Ge-
ſellſchaft Reiſender ein, die ebenfalls da ausſpannten.
Es kamen da Land- und Seeofficiere, Edelleute, rei-
ſende Ordensleute und Kaufleute, worunter auch ein
Armenier war, zum Eſſen zuſammen. Ungeachtet
in jedem kleinen Orte mehrere Gaſthoͤfe ſind, ſo iſt es
mir doch von Lyon aus bis Hieres, einem Wege von
mehr als 50 deutſchen Meilen, auf dem ich ſieben
Tage zugebracht habe, nur ein einzigesmal begegnet,
daß ich des Mittags und Abends allein geſpeiſet habe.
Ueberall finden ſich mehrere Reiſende zuſammen. Es
war hier ziemlich reinlich und gut; wie denn uͤberhaupt
in dieſem untern Theile der Provence die Unreinlichkeit
nicht mehr ſo ſehr herrſchet, als im Dauphiné.

Von Cujes aus geht eine gerade, ganz ebene mit
ſchoͤnen jungen Maulbeerbaͤumen beſetzte Straße,
zwiſchen den ſchoͤnſten Wein- und Kornfeldern durch,
bis man etwa eine Stunde weit hinter gedachtem Orte
allmaͤhlig auf eine Hoͤhe heranfaͤhrt, von der man ſich
hernach einem gar ſeltſamen und fuͤrchterlichen Felſen-
ſchlund naͤhert, durch welchen die Straße gehet. Die-
ſes iſt einer der wildeſten und fuͤrchterlichſten engen
Paͤſſe, die ich jemals geſehen habe.

Merkwuͤrdi-
ger Paß bey
Ollioules.

Die Berge, die man von Cujes aus rechter und
linker Hand der Straße geſehen, ſtoßen hier zuſam-

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[126/0146] Tagebuch von einer nach Nizza hends ſehr ſteil. Es verurſacht ein wahres Vergnuͤ- gen, an ſolchen Anſtalten die Arbeitſamkeit und den erfinderiſchen Witz der Menſchen zu ſehen, die gegen die Ungemaͤchlichkeiten der Natur kaͤmpfen, um ſich Land zum Feldbau zu verſchaffen, wo die Natur es verſagt hatte. Nil mortalibus arduum. Jn Cujes, einem Flecken, wo ich zu Mittag ſpei- ſete, fand ſich allmaͤhlig eine ziemlich anſehnliche Ge- ſellſchaft Reiſender ein, die ebenfalls da ausſpannten. Es kamen da Land- und Seeofficiere, Edelleute, rei- ſende Ordensleute und Kaufleute, worunter auch ein Armenier war, zum Eſſen zuſammen. Ungeachtet in jedem kleinen Orte mehrere Gaſthoͤfe ſind, ſo iſt es mir doch von Lyon aus bis Hieres, einem Wege von mehr als 50 deutſchen Meilen, auf dem ich ſieben Tage zugebracht habe, nur ein einzigesmal begegnet, daß ich des Mittags und Abends allein geſpeiſet habe. Ueberall finden ſich mehrere Reiſende zuſammen. Es war hier ziemlich reinlich und gut; wie denn uͤberhaupt in dieſem untern Theile der Provence die Unreinlichkeit nicht mehr ſo ſehr herrſchet, als im Dauphiné. Von Cujes aus geht eine gerade, ganz ebene mit ſchoͤnen jungen Maulbeerbaͤumen beſetzte Straße, zwiſchen den ſchoͤnſten Wein- und Kornfeldern durch, bis man etwa eine Stunde weit hinter gedachtem Orte allmaͤhlig auf eine Hoͤhe heranfaͤhrt, von der man ſich hernach einem gar ſeltſamen und fuͤrchterlichen Felſen- ſchlund naͤhert, durch welchen die Straße gehet. Die- ſes iſt einer der wildeſten und fuͤrchterlichſten engen Paͤſſe, die ich jemals geſehen habe. Die Berge, die man von Cujes aus rechter und linker Hand der Straße geſehen, ſtoßen hier zuſam- men;

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/146>, abgerufen am 22.11.2024.