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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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gethanen Reise.
Menge gemeines Volk an, das mit diesen Leuten seinen
Verkehr hat. Einer kauft etwas, ein andrer läßt
sich barbiren, oder wählt sich eine Perücke, ein Drit-
ter läßt sich ein Memorial aufsetzen u. s. f.

Die Einfahrt in den Hafen ist ziemlich enge, und
eine Fregatte würde schon mit großer Behutsamkeit
müssen durchgeführt werden. Sie geht zwischen zwey
hohen Felsen durch, die beyde mit starken Forts besetzt
sind, so daß die Stadt von der Seeseite her für jeden
feindlichen Anfall gesichert ist.

Die lange Straße zwischen der obern und untern
Stadt, deren ich vorher erwähnt habe, wird gegen-
wärtig vor das südliche Thor fast um ein Drit-
tel ihrer jetzigen Länge weiter hinausgeführt. Vor
diesem Thore war der Boden außerhalb der Stadt
sehr uneben, hatte beträchtliche Höhen und Tiefen;
hier und da stund ein einzeles Haus mit einem Garten.
Nun wird das ganze Revier eben gemacht. Die Hö-
hen werden abgetragen und die Tiefen ausgefüllt, und
eine neue Vorstadt auf diesen Grund gebaut. Schon
stehen viel große und schöne Häuser fertig da, und zu
Erbauung anderer wurden jetzt die Materialien herbey-
gefahren. Am südlichen Ende dieser neuen Straße
wird ein großer runder Marktplatz angelegt, um wel-
chen jetzt schöne und große Gebäude aufgeführt werden.

Dieser Platz wird dem Marquis de Castellane
zu Ehren la Place Castellane genennt werden; denn
der ganze Boden, worauf der neue Bau angelegt
wird, gehört diesem Herrn, und die Arbeit an der
Einrichtung des Platzes geschieht auf seine Kosten, so
wie ein großer Theil der Gebäude ebenfalls von ihm
aufgeführt wird. Seinen Vorschuß bekommt er

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gethanen Reiſe.
Menge gemeines Volk an, das mit dieſen Leuten ſeinen
Verkehr hat. Einer kauft etwas, ein andrer laͤßt
ſich barbiren, oder waͤhlt ſich eine Peruͤcke, ein Drit-
ter laͤßt ſich ein Memorial aufſetzen u. ſ. f.

Die Einfahrt in den Hafen iſt ziemlich enge, und
eine Fregatte wuͤrde ſchon mit großer Behutſamkeit
muͤſſen durchgefuͤhrt werden. Sie geht zwiſchen zwey
hohen Felſen durch, die beyde mit ſtarken Forts beſetzt
ſind, ſo daß die Stadt von der Seeſeite her fuͤr jeden
feindlichen Anfall geſichert iſt.

Die lange Straße zwiſchen der obern und untern
Stadt, deren ich vorher erwaͤhnt habe, wird gegen-
waͤrtig vor das ſuͤdliche Thor faſt um ein Drit-
tel ihrer jetzigen Laͤnge weiter hinausgefuͤhrt. Vor
dieſem Thore war der Boden außerhalb der Stadt
ſehr uneben, hatte betraͤchtliche Hoͤhen und Tiefen;
hier und da ſtund ein einzeles Haus mit einem Garten.
Nun wird das ganze Revier eben gemacht. Die Hoͤ-
hen werden abgetragen und die Tiefen ausgefuͤllt, und
eine neue Vorſtadt auf dieſen Grund gebaut. Schon
ſtehen viel große und ſchoͤne Haͤuſer fertig da, und zu
Erbauung anderer wurden jetzt die Materialien herbey-
gefahren. Am ſuͤdlichen Ende dieſer neuen Straße
wird ein großer runder Marktplatz angelegt, um wel-
chen jetzt ſchoͤne und große Gebaͤude aufgefuͤhrt werden.

Dieſer Platz wird dem Marquis de Caſtellane
zu Ehren la Place Caſtellane genennt werden; denn
der ganze Boden, worauf der neue Bau angelegt
wird, gehoͤrt dieſem Herrn, und die Arbeit an der
Einrichtung des Platzes geſchieht auf ſeine Koſten, ſo
wie ein großer Theil der Gebaͤude ebenfalls von ihm
aufgefuͤhrt wird. Seinen Vorſchuß bekommt er

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[121/0141] gethanen Reiſe. Menge gemeines Volk an, das mit dieſen Leuten ſeinen Verkehr hat. Einer kauft etwas, ein andrer laͤßt ſich barbiren, oder waͤhlt ſich eine Peruͤcke, ein Drit- ter laͤßt ſich ein Memorial aufſetzen u. ſ. f. Die Einfahrt in den Hafen iſt ziemlich enge, und eine Fregatte wuͤrde ſchon mit großer Behutſamkeit muͤſſen durchgefuͤhrt werden. Sie geht zwiſchen zwey hohen Felſen durch, die beyde mit ſtarken Forts beſetzt ſind, ſo daß die Stadt von der Seeſeite her fuͤr jeden feindlichen Anfall geſichert iſt. Die lange Straße zwiſchen der obern und untern Stadt, deren ich vorher erwaͤhnt habe, wird gegen- waͤrtig vor das ſuͤdliche Thor faſt um ein Drit- tel ihrer jetzigen Laͤnge weiter hinausgefuͤhrt. Vor dieſem Thore war der Boden außerhalb der Stadt ſehr uneben, hatte betraͤchtliche Hoͤhen und Tiefen; hier und da ſtund ein einzeles Haus mit einem Garten. Nun wird das ganze Revier eben gemacht. Die Hoͤ- hen werden abgetragen und die Tiefen ausgefuͤllt, und eine neue Vorſtadt auf dieſen Grund gebaut. Schon ſtehen viel große und ſchoͤne Haͤuſer fertig da, und zu Erbauung anderer wurden jetzt die Materialien herbey- gefahren. Am ſuͤdlichen Ende dieſer neuen Straße wird ein großer runder Marktplatz angelegt, um wel- chen jetzt ſchoͤne und große Gebaͤude aufgefuͤhrt werden. Dieſer Platz wird dem Marquis de Caſtellane zu Ehren la Place Caſtellane genennt werden; denn der ganze Boden, worauf der neue Bau angelegt wird, gehoͤrt dieſem Herrn, und die Arbeit an der Einrichtung des Platzes geſchieht auf ſeine Koſten, ſo wie ein großer Theil der Gebaͤude ebenfalls von ihm aufgefuͤhrt wird. Seinen Vorſchuß bekommt er da- H 5

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/141>, abgerufen am 22.11.2024.