Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.Beschreibung einiger Merckwürdigkeiten Pflantzen, die sie Alp-Rosen nennen, wie auch etwas Breusch,deren Stämmen selten eines Fingers dick, und die gantze Pflantze nicht über 1. oder 11/2. Schuhe hoch ist. Diese müssen sie mit grosser Mühe auf den Bergen sammlen. Das erstere ist der Chamaerhodo- dendros Alpina serpillifolia Tournef. Das andere aber ist eine Art der Erica. An diesem Tag reißten wir vom Stäg
Den 20. August. Von Ho-spital zum Closter auf den St. Gotthards- Berg. An diesem Tag giengen wir nur von Hospital auf den Gotthard, und Thal an; und wenn man gleich sagen wolte, daß der Saame der Tannen, welcher
wegen seiner anhangenden Flügel, oft sehr weit durch die Luft getragen wird, von andern Orten durch den Wind dahin sey gebracht worden, so ist kein Grund, warum solche Tannen nur oberhalb diesem Dorffe, und sonst in die- ser gantzen Gegend nirgends gewachsen. Uberdiß ist, so viel mir bekannt, keine Pflantze, welche sich ohne menschlichen Fleiß versetzt. Ohne Zweifel werden sehr viele Saamen von den hohen Bergen in die Thäler durch den Wind getragen, wir sehen aber, daß die Berg-Pflantzen in den Thälern nicht wachsen, wenn man sie nicht mit besonderm Fleisse pfleget, Jndessen zeiget dieses Exempel, daß die dünne Luft auf hohen Bergen nicht die Ursache der Kleinheit der Berg-Pflantzen sey; denn die Luft ist gar dünne, weil der Ort wol 5 bis 6 tausend Schuhe hoch über das Mittelländische Meer steht. Die Seite des Berges, an welchem dieses Wäldlein stehet, siehet zwar gerade nach Norden, ich glaube aber, daß die auf der andern Seite des Thales ste- hende hohe Berge den Nord-Wind zimlich aufhalten, welches vielleicht dem Wachsthum dieses Wäldleins wol zu gute gekommen ist. Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten Pflantzen, die ſie Alp-Roſen nennen, wie auch etwas Breuſch,deren Staͤmmen ſelten eines Fingers dick, und die gantze Pflantze nicht uͤber 1. oder 1½. Schuhe hoch iſt. Dieſe muͤſſen ſie mit groſſer Muͤhe auf den Bergen ſammlen. Das erſtere iſt der Chamærhodo- dendros Alpina ſerpillifolia Tournef. Das andere aber iſt eine Art der Erica. An dieſem Tag reißten wir vom Staͤg
Den 20. Auguſt. Von Ho-ſpital zum Cloſter auf den St. Gotthards- Berg. An dieſem Tag giengen wir nur von Hoſpital auf den Gotthard, und Thal an; und wenn man gleich ſagen wolte, daß der Saame der Tannen, welcher
wegen ſeiner anhangenden Fluͤgel, oft ſehr weit durch die Luft getragen wird, von andern Orten durch den Wind dahin ſey gebracht worden, ſo iſt kein Grund, warum ſolche Tannen nur oberhalb dieſem Dorffe, und ſonſt in die- ſer gantzen Gegend nirgends gewachſen. Uberdiß iſt, ſo viel mir bekannt, keine Pflantze, welche ſich ohne menſchlichen Fleiß verſetzt. Ohne Zweifel werden ſehr viele Saamen von den hohen Bergen in die Thaͤler durch den Wind getragen, wir ſehen aber, daß die Berg-Pflantzen in den Thaͤlern nicht wachſen, wenn man ſie nicht mit beſonderm Fleiſſe pfleget, Jndeſſen zeiget dieſes Exempel, daß die duͤnne Luft auf hohen Bergen nicht die Urſache der Kleinheit der Berg-Pflantzen ſey; denn die Luft iſt gar duͤnne, weil der Ort wol 5 bis 6 tauſend Schuhe hoch uͤber das Mittellaͤndiſche Meer ſteht. Die Seite des Berges, an welchem dieſes Waͤldlein ſtehet, ſiehet zwar gerade nach Norden, ich glaube aber, daß die auf der andern Seite des Thales ſte- hende hohe Berge den Nord-Wind zimlich aufhalten, welches vielleicht dem Wachsthum dieſes Waͤldleins wol zu gute gekommen iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="diaryEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="56"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten</hi></fw><lb/> Pflantzen, die ſie <hi rendition="#fr">Alp-Roſen</hi> nennen, wie auch etwas <hi rendition="#fr">Breuſch,</hi><lb/> deren Staͤmmen ſelten eines Fingers dick, und die gantze Pflantze<lb/> nicht uͤber 1. oder 1½. Schuhe hoch iſt. Dieſe muͤſſen ſie mit groſſer<lb/> Muͤhe auf den Bergen ſammlen. Das erſtere iſt der <hi rendition="#aq">Chamærhodo-<lb/> dendros Alpina ſerpillifolia Tournef.</hi> Das andere aber iſt eine Art<lb/> der <hi rendition="#aq">Erica.</hi></p><lb/> <list> <item>An dieſem Tag reißten wir vom Staͤg</item> </list><lb/> <table> <row> <cell/> <cell>ins Riet</cell> <cell rows="4">}2½. St.</cell> <cell rows="9">}6½. Stund.</cell> </row><lb/> <row> <cell/> <cell>auf Meitſchlingen</cell> </row><lb/> <row> <cell/> <cell>Weiler</cell> </row><lb/> <row> <cell/> <cell>Waſſen</cell> </row><lb/> <row> <cell/> <cell>Wattingen</cell> <cell rows="2">}1. St.</cell> </row><lb/> <row> <cell rows="4">Von Geſtinen bis in Sand-<lb/> Balm, wo die beſchriebne<lb/> Cryſtall-Mine iſt, ſind<lb/> 1½. Stunden.</cell> <cell>Geſtinen</cell> </row><lb/> <row> <cell>Teufels Bruͤck</cell> <cell>2. St.</cell> </row><lb/> <row> <cell>Urſeln</cell> <cell>¼. St.</cell> </row><lb/> <row> <cell>Hoſpital</cell> <cell>½. St.</cell> </row><lb/> </table> </div> <div type="diaryEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Den 20. Auguſt.</hi> </hi> </head><lb/> <note place="left">Von Ho-<lb/> ſpital zum<lb/> Cloſter auf<lb/> den St.<lb/> Gotthards-<lb/> Berg.</note> <p>An dieſem Tag giengen wir nur von Hoſpital auf den Gotthard, und<lb/> von dannen wieder zuruͤck auf Hoſpital. Der Weg gehet hier wieder<lb/> in die Hoͤhe, und iſt, wie von dem Staͤg bis an das Urſeler-Thal,<lb/> mit Steinen beſetzt, allein das Thal, durch welches man geht, (wenn<lb/> je ein ſehr hoher Berg, auf welchen noch andre Berge ſtehen, ein<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Thal</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="(*)">an; und wenn man gleich ſagen wolte, daß der Saame der Tannen, welcher<lb/> wegen ſeiner anhangenden Fluͤgel, oft ſehr weit durch die Luft getragen wird,<lb/> von andern Orten durch den Wind dahin ſey gebracht worden, ſo iſt kein<lb/> Grund, warum ſolche Tannen nur oberhalb dieſem Dorffe, und ſonſt in die-<lb/> ſer gantzen Gegend nirgends gewachſen. Uberdiß iſt, ſo viel mir bekannt,<lb/> keine Pflantze, welche ſich ohne menſchlichen Fleiß verſetzt. Ohne Zweifel<lb/> werden ſehr viele Saamen von den hohen Bergen in die Thaͤler durch den<lb/> Wind getragen, wir ſehen aber, daß die Berg-Pflantzen in den Thaͤlern nicht<lb/> wachſen, wenn man ſie nicht mit beſonderm Fleiſſe pfleget, Jndeſſen zeiget<lb/> dieſes Exempel, daß die duͤnne Luft auf hohen Bergen nicht die Urſache der<lb/> Kleinheit der Berg-Pflantzen ſey; denn die Luft iſt gar duͤnne, weil der Ort<lb/> wol 5 bis 6 tauſend Schuhe hoch uͤber das Mittellaͤndiſche Meer ſteht. Die<lb/> Seite des Berges, an welchem dieſes Waͤldlein ſtehet, ſiehet zwar gerade<lb/> nach Norden, ich glaube aber, daß die auf der andern Seite des Thales ſte-<lb/> hende hohe Berge den Nord-Wind zimlich aufhalten, welches vielleicht dem<lb/> Wachsthum dieſes Waͤldleins wol zu gute gekommen iſt.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0064]
Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten
Pflantzen, die ſie Alp-Roſen nennen, wie auch etwas Breuſch,
deren Staͤmmen ſelten eines Fingers dick, und die gantze Pflantze
nicht uͤber 1. oder 1½. Schuhe hoch iſt. Dieſe muͤſſen ſie mit groſſer
Muͤhe auf den Bergen ſammlen. Das erſtere iſt der Chamærhodo-
dendros Alpina ſerpillifolia Tournef. Das andere aber iſt eine Art
der Erica.
An dieſem Tag reißten wir vom Staͤg
ins Riet }2½. St. }6½. Stund.
auf Meitſchlingen
Weiler
Waſſen
Wattingen }1. St.
Von Geſtinen bis in Sand-
Balm, wo die beſchriebne
Cryſtall-Mine iſt, ſind
1½. Stunden. Geſtinen
Teufels Bruͤck 2. St.
Urſeln ¼. St.
Hoſpital ½. St.
Den 20. Auguſt.
An dieſem Tag giengen wir nur von Hoſpital auf den Gotthard, und
von dannen wieder zuruͤck auf Hoſpital. Der Weg gehet hier wieder
in die Hoͤhe, und iſt, wie von dem Staͤg bis an das Urſeler-Thal,
mit Steinen beſetzt, allein das Thal, durch welches man geht, (wenn
je ein ſehr hoher Berg, auf welchen noch andre Berge ſtehen, ein
Thal
(*)
(*) an; und wenn man gleich ſagen wolte, daß der Saame der Tannen, welcher
wegen ſeiner anhangenden Fluͤgel, oft ſehr weit durch die Luft getragen wird,
von andern Orten durch den Wind dahin ſey gebracht worden, ſo iſt kein
Grund, warum ſolche Tannen nur oberhalb dieſem Dorffe, und ſonſt in die-
ſer gantzen Gegend nirgends gewachſen. Uberdiß iſt, ſo viel mir bekannt,
keine Pflantze, welche ſich ohne menſchlichen Fleiß verſetzt. Ohne Zweifel
werden ſehr viele Saamen von den hohen Bergen in die Thaͤler durch den
Wind getragen, wir ſehen aber, daß die Berg-Pflantzen in den Thaͤlern nicht
wachſen, wenn man ſie nicht mit beſonderm Fleiſſe pfleget, Jndeſſen zeiget
dieſes Exempel, daß die duͤnne Luft auf hohen Bergen nicht die Urſache der
Kleinheit der Berg-Pflantzen ſey; denn die Luft iſt gar duͤnne, weil der Ort
wol 5 bis 6 tauſend Schuhe hoch uͤber das Mittellaͤndiſche Meer ſteht. Die
Seite des Berges, an welchem dieſes Waͤldlein ſtehet, ſiehet zwar gerade
nach Norden, ich glaube aber, daß die auf der andern Seite des Thales ſte-
hende hohe Berge den Nord-Wind zimlich aufhalten, welches vielleicht dem
Wachsthum dieſes Waͤldleins wol zu gute gekommen iſt.
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