Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite
Beschreibung einiger Merckwürdigkeiten

Die Wände dieser Hölen sind verschieden; einige sind von Quarz,
welche allein Crystalle haben, andere von bemeldtem Saxo quarzoso,
und noch andre von dem Selenite oder Spato compacto pellucido, wel-
ches wie der Jßländische Crystall, eine doppelte Reflexion hat, wel-
ches sich hier in grosser Menge findet. Die Gänge gehen bald auf
diese, bald auf eine andre Seite, je nachdem sich die Quarz-Ader
lenckt, welcher die Graber allein folgen.

Allgemeine
Untersu-
chung von
Crystallen.

Nachdem ich nun eine besondre Nachricht von dieser Crystall-
Mine gegeben habe, so wird nicht ausser dem Weg seyn, eine allge-
meine Untersuchung von dem Ursprunge der Crystallen hier einzu-
rücken.

Wo sie
wachsen.

Jch wil forderst von ihrem Geburts-Ort, hernach von der Ma-
terie woraus sie bestehen, und endlich von ihrer Figur reden. Jhre
Geburtsstätte findet sich nur, oder doch meistens in den allerhöchsten
Bergen, und zwar allein in den Quarz-Adern, welche die Berg-
leute Bande, Crystall-Bande heissen, weil diese Adern an den kah-
len Bergen meistens wie weisse Bande scheinen. Es wird nirgend
gegraben, als wo solche Bande erscheinen. Siehet ein Crystall-
Graber diese Bande an einem kahlen Berge, so trachtet er vor allen
Dingen einen bequemen Weg dahin zu finden, welcher oft in die Fel-
sen muß ausgehauen werden; hernach fängt er an von diesem weissen
Quarz ein Stück nach dem andern durch die Gewalt des Schieß-
Pulvers wegzusprengen; da er denn oft etliche Jahre zubringen
Hölen wo
sie liegen.
muß, ehe er in dieser Quarz-Ader eine kleine Höle antrifft, in wel-
cher er die Crystalle meistens in grosser Menge beysammen antrifft;
sie finden sich auf allen vier Seiten der kleinen Höle; sie sind mei-
stens horizontal an dem Quarz angewachsen, und werden ohne Mühe
mit einem eisernen Haken hervorgelanget. Einige haben sich schon
von dem Quarz abgesondert, und liegen loß in dem Boden, etc.

Unterscheid
der Crystall-
Minen vor
andern Mi-
nen.

Von diesen Minen ist noch zu bemercken, daß sie von den Me-
tall-Minen darin abgehen, daß jene trocken, diese aber fast allezeit
Wasser haben, welches oft mit grosser Mühe muß abgeleitet oder aus-
geschöpft werden; doch sind die Crystall-Minen so gar trocken nicht,
daß es nicht Ausdünstungen daselbst gebe. Jch habe in der oben be-
schriebenen Mine an der obern Wand einen Zapfen, in Form eines
herabhangenden umgekehrten Kegels, gefunden, welcher durch das
anrühren herunter fiele; es war eine Schwefel-Kieß-artige sehr sub-
tile Erde, (daher sie von den Bergleuten Sammet-Erde genennt

wird,)
Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten

Die Waͤnde dieſer Hoͤlen ſind verſchieden; einige ſind von Quarz,
welche allein Cryſtalle haben, andere von bemeldtem Saxo quarzoſo,
und noch andre von dem Selenite oder Spato compacto pellucido, wel-
ches wie der Jßlaͤndiſche Cryſtall, eine doppelte Reflexion hat, wel-
ches ſich hier in groſſer Menge findet. Die Gaͤnge gehen bald auf
dieſe, bald auf eine andre Seite, je nachdem ſich die Quarz-Ader
lenckt, welcher die Graber allein folgen.

Allgemeine
Unterſu-
chung von
Cryſtallen.

Nachdem ich nun eine beſondre Nachricht von dieſer Cryſtall-
Mine gegeben habe, ſo wird nicht auſſer dem Weg ſeyn, eine allge-
meine Unterſuchung von dem Urſprunge der Cryſtallen hier einzu-
ruͤcken.

Wo ſie
wachſen.

Jch wil forderſt von ihrem Geburts-Ort, hernach von der Ma-
terie woraus ſie beſtehen, und endlich von ihrer Figur reden. Jhre
Geburtsſtaͤtte findet ſich nur, oder doch meiſtens in den allerhoͤchſten
Bergen, und zwar allein in den Quarz-Adern, welche die Berg-
leute Bande, Cryſtall-Bande heiſſen, weil dieſe Adern an den kah-
len Bergen meiſtens wie weiſſe Bande ſcheinen. Es wird nirgend
gegraben, als wo ſolche Bande erſcheinen. Siehet ein Cryſtall-
Graber dieſe Bande an einem kahlen Berge, ſo trachtet er vor allen
Dingen einen bequemen Weg dahin zu finden, welcher oft in die Fel-
ſen muß ausgehauen werden; hernach faͤngt er an von dieſem weiſſen
Quarz ein Stuͤck nach dem andern durch die Gewalt des Schieß-
Pulvers wegzuſprengen; da er denn oft etliche Jahre zubringen
Hoͤlen wo
ſie liegen.
muß, ehe er in dieſer Quarz-Ader eine kleine Hoͤle antrifft, in wel-
cher er die Cryſtalle meiſtens in groſſer Menge beyſammen antrifft;
ſie finden ſich auf allen vier Seiten der kleinen Hoͤle; ſie ſind mei-
ſtens horizontal an dem Quarz angewachſen, und werden ohne Muͤhe
mit einem eiſernen Haken hervorgelanget. Einige haben ſich ſchon
von dem Quarz abgeſondert, und liegen loß in dem Boden, ꝛc.

Unterſcheid
der Cryſtall-
Minen vor
andern Mi-
nen.

Von dieſen Minen iſt noch zu bemercken, daß ſie von den Me-
tall-Minen darin abgehen, daß jene trocken, dieſe aber faſt allezeit
Waſſer haben, welches oft mit groſſer Muͤhe muß abgeleitet oder aus-
geſchoͤpft werden; doch ſind die Cryſtall-Minen ſo gar trocken nicht,
daß es nicht Ausduͤnſtungen daſelbſt gebe. Jch habe in der oben be-
ſchriebenen Mine an der obern Wand einen Zapfen, in Form eines
herabhangenden umgekehrten Kegels, gefunden, welcher durch das
anruͤhren herunter fiele; es war eine Schwefel-Kieß-artige ſehr ſub-
tile Erde, (daher ſie von den Bergleuten Sammet-Erde genennt

wird,)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="diaryEntry" n="2">
          <pb facs="#f0057" n="50"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung einiger Merckwu&#x0364;rdigkeiten</hi> </fw><lb/>
          <p>Die Wa&#x0364;nde die&#x017F;er Ho&#x0364;len &#x017F;ind ver&#x017F;chieden; einige &#x017F;ind von Quarz,<lb/>
welche allein Cry&#x017F;talle haben, andere von bemeldtem <hi rendition="#aq">Saxo quarzo&#x017F;o,</hi><lb/>
und noch andre von dem <hi rendition="#aq">Selenite</hi> oder <hi rendition="#aq">Spato compacto pellucido,</hi> wel-<lb/>
ches wie der Jßla&#x0364;ndi&#x017F;che Cry&#x017F;tall, eine doppelte <hi rendition="#aq">Reflexion</hi> hat, wel-<lb/>
ches &#x017F;ich hier in gro&#x017F;&#x017F;er Menge findet. Die Ga&#x0364;nge gehen bald auf<lb/>
die&#x017F;e, bald auf eine andre Seite, je nachdem &#x017F;ich die Quarz-Ader<lb/>
lenckt, welcher die Graber allein folgen.</p><lb/>
          <note place="left">Allgemeine<lb/>
Unter&#x017F;u-<lb/>
chung von<lb/>
Cry&#x017F;tallen.</note>
          <p>Nachdem ich nun eine be&#x017F;ondre Nachricht von die&#x017F;er Cry&#x017F;tall-<lb/>
Mine gegeben habe, &#x017F;o wird nicht au&#x017F;&#x017F;er dem Weg &#x017F;eyn, eine allge-<lb/>
meine Unter&#x017F;uchung von dem Ur&#x017F;prunge der Cry&#x017F;tallen hier einzu-<lb/>
ru&#x0364;cken.</p><lb/>
          <note place="left">Wo &#x017F;ie<lb/>
wach&#x017F;en.</note>
          <p>Jch wil forder&#x017F;t von ihrem Geburts-Ort, hernach von der Ma-<lb/>
terie woraus &#x017F;ie be&#x017F;tehen, und endlich von ihrer Figur reden. Jhre<lb/>
Geburts&#x017F;ta&#x0364;tte findet &#x017F;ich nur, oder doch mei&#x017F;tens in den allerho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Bergen, und zwar allein in den Quarz-Adern, welche die Berg-<lb/>
leute <hi rendition="#fr">Bande, Cry&#x017F;tall-Bande</hi> hei&#x017F;&#x017F;en, weil die&#x017F;e Adern an den kah-<lb/>
len Bergen mei&#x017F;tens wie wei&#x017F;&#x017F;e Bande &#x017F;cheinen. Es wird nirgend<lb/>
gegraben, als wo &#x017F;olche Bande er&#x017F;cheinen. Siehet ein Cry&#x017F;tall-<lb/>
Graber die&#x017F;e Bande an einem kahlen Berge, &#x017F;o trachtet er vor allen<lb/>
Dingen einen bequemen Weg dahin zu finden, welcher oft in die Fel-<lb/>
&#x017F;en muß ausgehauen werden; hernach fa&#x0364;ngt er an von die&#x017F;em wei&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Quarz ein Stu&#x0364;ck nach dem andern durch die Gewalt des Schieß-<lb/>
Pulvers wegzu&#x017F;prengen; da er denn oft etliche Jahre zubringen<lb/><note place="left">Ho&#x0364;len wo<lb/>
&#x017F;ie liegen.</note>muß, ehe er in die&#x017F;er Quarz-Ader eine kleine Ho&#x0364;le antrifft, in wel-<lb/>
cher er die Cry&#x017F;talle mei&#x017F;tens in gro&#x017F;&#x017F;er Menge bey&#x017F;ammen antrifft;<lb/>
&#x017F;ie finden &#x017F;ich auf allen vier Seiten der kleinen Ho&#x0364;le; &#x017F;ie &#x017F;ind mei-<lb/>
&#x017F;tens horizontal an dem Quarz angewach&#x017F;en, und werden ohne Mu&#x0364;he<lb/>
mit einem ei&#x017F;ernen Haken hervorgelanget. Einige haben &#x017F;ich &#x017F;chon<lb/>
von dem Quarz abge&#x017F;ondert, und liegen loß in dem Boden, &#xA75B;c.</p><lb/>
          <note place="left">Unter&#x017F;cheid<lb/>
der Cry&#x017F;tall-<lb/>
Minen vor<lb/>
andern Mi-<lb/>
nen.</note>
          <p>Von die&#x017F;en Minen i&#x017F;t noch zu bemercken, daß &#x017F;ie von den Me-<lb/>
tall-Minen darin abgehen, daß jene trocken, die&#x017F;e aber fa&#x017F;t allezeit<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er haben, welches oft mit gro&#x017F;&#x017F;er Mu&#x0364;he muß abgeleitet oder aus-<lb/>
ge&#x017F;cho&#x0364;pft werden; doch &#x017F;ind die Cry&#x017F;tall-Minen &#x017F;o gar trocken nicht,<lb/>
daß es nicht Ausdu&#x0364;n&#x017F;tungen da&#x017F;elb&#x017F;t gebe. Jch habe in der oben be-<lb/>
&#x017F;chriebenen Mine an der obern Wand einen Zapfen, in Form eines<lb/>
herabhangenden umgekehrten Kegels, gefunden, welcher durch das<lb/>
anru&#x0364;hren herunter fiele; es war eine Schwefel-Kieß-artige &#x017F;ehr &#x017F;ub-<lb/>
tile Erde, (daher &#x017F;ie von den Bergleuten <hi rendition="#fr">Sammet-Erde</hi> genennt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wird,)</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0057] Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten Die Waͤnde dieſer Hoͤlen ſind verſchieden; einige ſind von Quarz, welche allein Cryſtalle haben, andere von bemeldtem Saxo quarzoſo, und noch andre von dem Selenite oder Spato compacto pellucido, wel- ches wie der Jßlaͤndiſche Cryſtall, eine doppelte Reflexion hat, wel- ches ſich hier in groſſer Menge findet. Die Gaͤnge gehen bald auf dieſe, bald auf eine andre Seite, je nachdem ſich die Quarz-Ader lenckt, welcher die Graber allein folgen. Nachdem ich nun eine beſondre Nachricht von dieſer Cryſtall- Mine gegeben habe, ſo wird nicht auſſer dem Weg ſeyn, eine allge- meine Unterſuchung von dem Urſprunge der Cryſtallen hier einzu- ruͤcken. Jch wil forderſt von ihrem Geburts-Ort, hernach von der Ma- terie woraus ſie beſtehen, und endlich von ihrer Figur reden. Jhre Geburtsſtaͤtte findet ſich nur, oder doch meiſtens in den allerhoͤchſten Bergen, und zwar allein in den Quarz-Adern, welche die Berg- leute Bande, Cryſtall-Bande heiſſen, weil dieſe Adern an den kah- len Bergen meiſtens wie weiſſe Bande ſcheinen. Es wird nirgend gegraben, als wo ſolche Bande erſcheinen. Siehet ein Cryſtall- Graber dieſe Bande an einem kahlen Berge, ſo trachtet er vor allen Dingen einen bequemen Weg dahin zu finden, welcher oft in die Fel- ſen muß ausgehauen werden; hernach faͤngt er an von dieſem weiſſen Quarz ein Stuͤck nach dem andern durch die Gewalt des Schieß- Pulvers wegzuſprengen; da er denn oft etliche Jahre zubringen muß, ehe er in dieſer Quarz-Ader eine kleine Hoͤle antrifft, in wel- cher er die Cryſtalle meiſtens in groſſer Menge beyſammen antrifft; ſie finden ſich auf allen vier Seiten der kleinen Hoͤle; ſie ſind mei- ſtens horizontal an dem Quarz angewachſen, und werden ohne Muͤhe mit einem eiſernen Haken hervorgelanget. Einige haben ſich ſchon von dem Quarz abgeſondert, und liegen loß in dem Boden, ꝛc. Hoͤlen wo ſie liegen. Von dieſen Minen iſt noch zu bemercken, daß ſie von den Me- tall-Minen darin abgehen, daß jene trocken, dieſe aber faſt allezeit Waſſer haben, welches oft mit groſſer Muͤhe muß abgeleitet oder aus- geſchoͤpft werden; doch ſind die Cryſtall-Minen ſo gar trocken nicht, daß es nicht Ausduͤnſtungen daſelbſt gebe. Jch habe in der oben be- ſchriebenen Mine an der obern Wand einen Zapfen, in Form eines herabhangenden umgekehrten Kegels, gefunden, welcher durch das anruͤhren herunter fiele; es war eine Schwefel-Kieß-artige ſehr ſub- tile Erde, (daher ſie von den Bergleuten Sammet-Erde genennt wird,)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742/57
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742/57>, abgerufen am 22.11.2024.