von Hantschire gegründet. Da aber die unsrigen gantze und mehrere Provincien zum Grunde haben, so erlangen sie hierdurch eine mehrere Gewißheit und Vorzug. Ich zweiffele auch fast, daß dieses Kirch- spiel in dieser geraumen Zeit, von Pest und Krieg, gäntzlich solte befreyet gewesen seyn.
Will man aber die Geschwindigkeit des Wachsthums, und der Verdoppelung dergestalt be- stimmen, daß alle Hindernisse der Vermehrung, son- derlich Krieg und Pest darunter sollen mit begriffen werden: So scheinet mir solches ein gantz ver- gebliches Bemühen zu seyn. Die vornehmste Ur- sach davon ist, weil Krieg und Pest gantz ungewis- se Dinge sind, die an einem Ort häufiger kommen als an einem andern. Z. Ex. Ungarn hat jeder- zeit von diesen Plagen viel erlitten. Unsere Chur- Marck Brandenburg hat GOtt lob! in mehr als sechzig Jahren von beyden nichts erfahren dürffen. Nun aber hemmet sonderlich die Pest den Wachs- thum gantz ungemein sehr, wie ich im folgenden mit Exempeln erweisen werde. Folglich läßt sich auf einer so ungewissen Sache nichts gewisses bauen. Man müste, wenn man ja hierinnen noch etwas bestimmen wolte, viele Anmerckungen von vielen Ländern, und zwar von vielen 100. Jahren haben, und sodann möchten sich doch noch allerley Einwen- dungen dagegen finden. Petty aber hat dem ohn- geachtet kein Bedencken getragen, die Zeit der Ver- doppelung dergestalt zu bestimmen, daß alle Hinder- nisse der Vermehrung darunter begriffen sind. Er zeiget, [i] daß es möglich sey, daß die Menschen sich in 10. Jahren können verdoppeln, wenn alle geboh-
ren
[i]Essays p. 16.
des Menſchlichen Geſchlechts.
von Hantſchire gegruͤndet. Da aber die unſrigen gantze und mehrere Provincien zum Grunde haben, ſo erlangen ſie hierdurch eine mehrere Gewißheit und Vorzug. Ich zweiffele auch faſt, daß dieſes Kirch- ſpiel in dieſer geraumen Zeit, von Peſt und Krieg, gaͤntzlich ſolte befreyet geweſen ſeyn.
Will man aber die Geſchwindigkeit des Wachsthums, und der Verdoppelung dergeſtalt be- ſtimmen, daß alle Hinderniſſe der Vermehrung, ſon- derlich Krieg und Peſt darunter ſollen mit begriffen werden: So ſcheinet mir ſolches ein gantz ver- gebliches Bemuͤhen zu ſeyn. Die vornehmſte Ur- ſach davon iſt, weil Krieg und Peſt gantz ungewiſ- ſe Dinge ſind, die an einem Ort haͤufiger kommen als an einem andern. Z. Ex. Ungarn hat jeder- zeit von dieſen Plagen viel erlitten. Unſere Chur- Marck Brandenburg hat GOtt lob! in mehr als ſechzig Jahren von beyden nichts erfahren duͤrffen. Nun aber hemmet ſonderlich die Peſt den Wachs- thum gantz ungemein ſehr, wie ich im folgenden mit Exempeln erweiſen werde. Folglich laͤßt ſich auf einer ſo ungewiſſen Sache nichts gewiſſes bauen. Man muͤſte, wenn man ja hierinnen noch etwas beſtimmen wolte, viele Anmerckungen von vielen Laͤndern, und zwar von vielen 100. Jahren haben, und ſodann moͤchten ſich doch noch allerley Einwen- dungen dagegen finden. Petty aber hat dem ohn- geachtet kein Bedencken getragen, die Zeit der Ver- doppelung dergeſtalt zu beſtimmen, daß alle Hinder- niſſe der Vermehrung darunter begriffen ſind. Er zeiget, [i] daß es moͤglich ſey, daß die Menſchen ſich in 10. Jahren koͤnnen verdoppeln, wenn alle geboh-
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[i]Eſſays p. 16.
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des Menſchlichen Geſchlechts.
von Hantſchire gegruͤndet. Da aber die unſrigen
gantze und mehrere Provincien zum Grunde haben,
ſo erlangen ſie hierdurch eine mehrere Gewißheit und
Vorzug. Ich zweiffele auch faſt, daß dieſes Kirch-
ſpiel in dieſer geraumen Zeit, von Peſt und Krieg,
gaͤntzlich ſolte befreyet geweſen ſeyn.
Will man aber die Geſchwindigkeit des
Wachsthums, und der Verdoppelung dergeſtalt be-
ſtimmen, daß alle Hinderniſſe der Vermehrung, ſon-
derlich Krieg und Peſt darunter ſollen mit begriffen
werden: So ſcheinet mir ſolches ein gantz ver-
gebliches Bemuͤhen zu ſeyn. Die vornehmſte Ur-
ſach davon iſt, weil Krieg und Peſt gantz ungewiſ-
ſe Dinge ſind, die an einem Ort haͤufiger kommen
als an einem andern. Z. Ex. Ungarn hat jeder-
zeit von dieſen Plagen viel erlitten. Unſere Chur-
Marck Brandenburg hat GOtt lob! in mehr als
ſechzig Jahren von beyden nichts erfahren duͤrffen.
Nun aber hemmet ſonderlich die Peſt den Wachs-
thum gantz ungemein ſehr, wie ich im folgenden mit
Exempeln erweiſen werde. Folglich laͤßt ſich auf
einer ſo ungewiſſen Sache nichts gewiſſes bauen.
Man muͤſte, wenn man ja hierinnen noch etwas
beſtimmen wolte, viele Anmerckungen von vielen
Laͤndern, und zwar von vielen 100. Jahren haben,
und ſodann moͤchten ſich doch noch allerley Einwen-
dungen dagegen finden. Petty aber hat dem ohn-
geachtet kein Bedencken getragen, die Zeit der Ver-
doppelung dergeſtalt zu beſtimmen, daß alle Hinder-
niſſe der Vermehrung darunter begriffen ſind. Er
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[i] Eſſays p. 16.
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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/59>, abgerufen am 23.11.2024.
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