Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.zur Bestimmung der Lebendigen. wiesen. So ist es aber mehrern Leuten mit ihrenStädten gegangen, wenn sie der Eigenliebe zu viel eingeräumet. Ich weiß aber nicht, wie der Herr D. Kuchelbecker [d] diesem Pater in seiner seltsamen Rechnung hat folgen können, da ihm doch die Grün- de und die Art bekandt gewesen, wie man aus der Sterbe-Zahl die Einwohner berechnet. Er rühmet Wien wegen seiner gesunden Lage, die er denen vie- len Winden und zwar mit Recht zuschreibt. Hier- auf fähret er also fort: "Daher kommt es auch," daß man in Ausrechnung der hiesigen Einwohner" auf die bekandte Art, da man nemlich von den ver-" storbenen fünf Personen auf hundert lebende (das" ist wie 1 zu 20, wie ich bey London gerechnet)" jährlich rechnet, keinesweges procediren könne, weil" man sich dadurch sehr betrügen und einen unrich-" tigen Calculum ziehen würde. Denn zu Wien" sind 1727 sowohl in der Stadt als dessen Vor-" städten 6154 Personen verstorben, wenn nun von" hundert fünfe stürben, würden daselbst nicht mehr" als 123080 Menschen seyn, welches offenbahr" falsch und der Wahrheit zuwieder ist, indem man" allein in der Vorstadt zu St. Ulrich ehemahls an" die 45 tausend Seelen gezehlet." (Dis beweiset er aus angezogenem Vienna gloriosa.) "Befindet sich" nun in einer eintzigen Vorstadt eine solche Menge" Menschen, schließt er weiter, wie viel mahl mehr" müssen nicht in der Stadt und übrigen Vorstädten" seyn. Man setzet daher die Anzahl der Einwoh-" ner und aller derer, so sich hier sowohl in als ausser" der Stadt aufhalten, insgemein auf 500 tausend" "See- [d] Allerneueste Nachricht vom Kayserl. Hofe nebst ausführ- licher Beschreibung von Wien. 1731. edit. 2. W 4
zur Beſtimmung der Lebendigen. wieſen. So iſt es aber mehrern Leuten mit ihrenStaͤdten gegangen, wenn ſie der Eigenliebe zu viel eingeraͤumet. Ich weiß aber nicht, wie der Herr D. Kuchelbecker [d] dieſem Pater in ſeiner ſeltſamen Rechnung hat folgen koͤnnen, da ihm doch die Gruͤn- de und die Art bekandt geweſen, wie man aus der Sterbe-Zahl die Einwohner berechnet. Er ruͤhmet Wien wegen ſeiner geſunden Lage, die er denen vie- len Winden und zwar mit Recht zuſchreibt. Hier- auf faͤhret er alſo fort: „Daher kommt es auch,„ daß man in Ausrechnung der hieſigen Einwohner„ auf die bekandte Art, da man nemlich von den ver-„ ſtorbenen fuͤnf Perſonen auf hundert lebende (das„ iſt wie 1 zu 20, wie ich bey London gerechnet)„ jaͤhrlich rechnet, keinesweges procediren koͤnne, weil„ man ſich dadurch ſehr betruͤgen und einen unrich-„ tigen Calculum ziehen wuͤrde. Denn zu Wien„ ſind 1727 ſowohl in der Stadt als deſſen Vor-„ ſtaͤdten 6154 Perſonen verſtorben, wenn nun von„ hundert fuͤnfe ſtuͤrben, wuͤrden daſelbſt nicht mehr„ als 123080 Menſchen ſeyn, welches offenbahr„ falſch und der Wahrheit zuwieder iſt, indem man„ allein in der Vorſtadt zu St. Ulrich ehemahls an„ die 45 tauſend Seelen gezehlet.„ (Dis beweiſet er aus angezogenem Vienna glorioſa.) „Befindet ſich„ nun in einer eintzigen Vorſtadt eine ſolche Menge„ Menſchen, ſchließt er weiter, wie viel mahl mehr„ muͤſſen nicht in der Stadt und uͤbrigen Vorſtaͤdten„ ſeyn. Man ſetzet daher die Anzahl der Einwoh-„ ner und aller derer, ſo ſich hier ſowohl in als auſſer„ der Stadt aufhalten, insgemein auf 500 tauſend„ „See- [d] Allerneueſte Nachricht vom Kayſerl. Hofe nebſt ausfuͤhr- licher Beſchreibung von Wien. 1731. edit. 2. W 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0375" n="327"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zur Beſtimmung der Lebendigen.</hi></fw><lb/> wieſen. So iſt es aber mehrern Leuten mit ihren<lb/> Staͤdten gegangen, wenn ſie der Eigenliebe zu viel<lb/> eingeraͤumet. Ich weiß aber nicht, wie der Herr<lb/><hi rendition="#aq">D.</hi> Kuchelbecker <note place="foot" n="[d]">Allerneueſte Nachricht vom Kayſerl. Hofe nebſt ausfuͤhr-<lb/> licher Beſchreibung von Wien. 1731. <hi rendition="#aq">edit.</hi> 2.</note> dieſem Pater in ſeiner ſeltſamen<lb/> Rechnung hat folgen koͤnnen, da ihm doch die Gruͤn-<lb/> de und die Art bekandt geweſen, wie man aus der<lb/> Sterbe-Zahl die Einwohner berechnet. Er ruͤhmet<lb/> Wien wegen ſeiner geſunden Lage, die er denen vie-<lb/> len Winden und zwar mit Recht zuſchreibt. Hier-<lb/> auf faͤhret er alſo fort: „Daher kommt es auch,„<lb/> daß man in Ausrechnung der hieſigen Einwohner„<lb/> auf die bekandte Art, da man nemlich von den ver-„<lb/> ſtorbenen fuͤnf Perſonen auf hundert lebende (das„<lb/> iſt wie 1 zu 20, wie ich bey London gerechnet)„<lb/> jaͤhrlich rechnet, keinesweges procediren koͤnne, weil„<lb/> man ſich dadurch ſehr betruͤgen und einen unrich-„<lb/> tigen Calculum ziehen wuͤrde. Denn zu Wien„<lb/> ſind 1727 ſowohl in der Stadt als deſſen Vor-„<lb/> ſtaͤdten 6154 Perſonen verſtorben, wenn nun von„<lb/> hundert fuͤnfe ſtuͤrben, wuͤrden daſelbſt nicht mehr„<lb/> als 123080 Menſchen ſeyn, welches offenbahr„<lb/> falſch und der Wahrheit zuwieder iſt, indem man„<lb/> allein in der Vorſtadt zu St. Ulrich ehemahls an„<lb/> die 45 tauſend Seelen gezehlet.„ (Dis beweiſet er<lb/> aus angezogenem <hi rendition="#aq">Vienna glorioſa.</hi>) „Befindet ſich„<lb/> nun in einer eintzigen Vorſtadt eine ſolche Menge„<lb/> Menſchen, ſchließt er weiter, wie viel mahl mehr„<lb/> muͤſſen nicht in der Stadt und uͤbrigen Vorſtaͤdten„<lb/> ſeyn. Man ſetzet daher die Anzahl der Einwoh-„<lb/> ner und aller derer, ſo ſich hier ſowohl in als auſſer„<lb/> der Stadt aufhalten, insgemein auf 500 tauſend„<lb/> <fw place="bottom" type="sig">W 4</fw><fw place="bottom" type="catch">„See-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [327/0375]
zur Beſtimmung der Lebendigen.
wieſen. So iſt es aber mehrern Leuten mit ihren
Staͤdten gegangen, wenn ſie der Eigenliebe zu viel
eingeraͤumet. Ich weiß aber nicht, wie der Herr
D. Kuchelbecker [d] dieſem Pater in ſeiner ſeltſamen
Rechnung hat folgen koͤnnen, da ihm doch die Gruͤn-
de und die Art bekandt geweſen, wie man aus der
Sterbe-Zahl die Einwohner berechnet. Er ruͤhmet
Wien wegen ſeiner geſunden Lage, die er denen vie-
len Winden und zwar mit Recht zuſchreibt. Hier-
auf faͤhret er alſo fort: „Daher kommt es auch,„
daß man in Ausrechnung der hieſigen Einwohner„
auf die bekandte Art, da man nemlich von den ver-„
ſtorbenen fuͤnf Perſonen auf hundert lebende (das„
iſt wie 1 zu 20, wie ich bey London gerechnet)„
jaͤhrlich rechnet, keinesweges procediren koͤnne, weil„
man ſich dadurch ſehr betruͤgen und einen unrich-„
tigen Calculum ziehen wuͤrde. Denn zu Wien„
ſind 1727 ſowohl in der Stadt als deſſen Vor-„
ſtaͤdten 6154 Perſonen verſtorben, wenn nun von„
hundert fuͤnfe ſtuͤrben, wuͤrden daſelbſt nicht mehr„
als 123080 Menſchen ſeyn, welches offenbahr„
falſch und der Wahrheit zuwieder iſt, indem man„
allein in der Vorſtadt zu St. Ulrich ehemahls an„
die 45 tauſend Seelen gezehlet.„ (Dis beweiſet er
aus angezogenem Vienna glorioſa.) „Befindet ſich„
nun in einer eintzigen Vorſtadt eine ſolche Menge„
Menſchen, ſchließt er weiter, wie viel mahl mehr„
muͤſſen nicht in der Stadt und uͤbrigen Vorſtaͤdten„
ſeyn. Man ſetzet daher die Anzahl der Einwoh-„
ner und aller derer, ſo ſich hier ſowohl in als auſſer„
der Stadt aufhalten, insgemein auf 500 tauſend„
„See-
[d] Allerneueſte Nachricht vom Kayſerl. Hofe nebſt ausfuͤhr-
licher Beſchreibung von Wien. 1731. edit. 2.
W 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |