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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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Von denen Kranckheiten
gung über der Art ihres Todes gefunden, daß das
hängen, erschiessen und ersauffen nichts besonderes
wäre, deshalb habe sie diese Art erwehlet, sie habe
rings um sich her ein Feuer gemacht, habe sich hin-
ein gestellet und so lange aufrecht gestanden als es
ihre Kräfte zugelassen. Nach 2 Stunden hat sie
den Geist aufgegeben. Daß sie lange Zeit müsse
im Feuer gestanden haben, hat man daraus erken-
nen können, weil alle fleischichte Theile gleich hart
geröstet gewesen. Gewiß, es ist diese Handlung so
sonderbahr, daß ein Scävola und andre Stoicker
(was die Vestigkeit des Gemüths betrift) damit nicht
zu vergleichen. Hätte sie diesen Muth in einer tugend-
haften Handlung bewiesen, würde dieses Weib un-
ter allen standhaften Helden oben an stehen müssen,
so wie ihr anjetzo unter denen rasenden keiner den
Rang wird streitig machen können. Ein fast un-
glaublicher Hochmuth hat sie zu denen empfindlich-
sten Schmertzen verleitet, der aber dabey so närrisch
ist als man es nur dencken kan, weil keiner die Um-
stände hätte wissen können, wenn nicht noch andere
wären dazu gekommen. 3.) Wenn nun zu vorigen
Unständen noch gottlose Lehren hinzu kommen, so
werden dadurch die Hindernisse des Selbstmordes
noch mehr gehoben. Denn, wenn ein Mensch kei-
ne Unsterblichkeit der Seele und künftiges Gerichte
glaubet, und setzet sich unter die Zahl der unvernünf-
tigen Thiere, so ist wohl nichts leichter als dieser
unglückselige Entschluß. Oder wenn auch nur ein
Mensch glaubet, daß der Selbstmord erlaubet sey
wie der Engelländer Johann Donne [u] in einem

in
[u] Kuchelbeckers Beschreibung der Stadt London.

Von denen Kranckheiten
gung uͤber der Art ihres Todes gefunden, daß das
haͤngen, erſchieſſen und erſauffen nichts beſonderes
waͤre, deshalb habe ſie dieſe Art erwehlet, ſie habe
rings um ſich her ein Feuer gemacht, habe ſich hin-
ein geſtellet und ſo lange aufrecht geſtanden als es
ihre Kraͤfte zugelaſſen. Nach 2 Stunden hat ſie
den Geiſt aufgegeben. Daß ſie lange Zeit muͤſſe
im Feuer geſtanden haben, hat man daraus erken-
nen koͤnnen, weil alle fleiſchichte Theile gleich hart
geroͤſtet geweſen. Gewiß, es iſt dieſe Handlung ſo
ſonderbahr, daß ein Scaͤvola und andre Stoicker
(was die Veſtigkeit des Gemuͤths betrift) damit nicht
zu vergleichen. Haͤtte ſie dieſen Muth in einer tugend-
haften Handlung bewieſen, wuͤrde dieſes Weib un-
ter allen ſtandhaften Helden oben an ſtehen muͤſſen,
ſo wie ihr anjetzo unter denen raſenden keiner den
Rang wird ſtreitig machen koͤnnen. Ein faſt un-
glaublicher Hochmuth hat ſie zu denen empfindlich-
ſten Schmertzen verleitet, der aber dabey ſo naͤrriſch
iſt als man es nur dencken kan, weil keiner die Um-
ſtaͤnde haͤtte wiſſen koͤnnen, wenn nicht noch andere
waͤren dazu gekommen. 3.) Wenn nun zu vorigen
Unſtaͤnden noch gottloſe Lehren hinzu kommen, ſo
werden dadurch die Hinderniſſe des Selbſtmordes
noch mehr gehoben. Denn, wenn ein Menſch kei-
ne Unſterblichkeit der Seele und kuͤnftiges Gerichte
glaubet, und ſetzet ſich unter die Zahl der unvernuͤnf-
tigen Thiere, ſo iſt wohl nichts leichter als dieſer
ungluͤckſelige Entſchluß. Oder wenn auch nur ein
Menſch glaubet, daß der Selbſtmord erlaubet ſey
wie der Engellaͤnder Johann Donne [u] in einem

in
[u] Kuchelbeckers Beſchreibung der Stadt London.
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[300/0348] Von denen Kranckheiten gung uͤber der Art ihres Todes gefunden, daß das haͤngen, erſchieſſen und erſauffen nichts beſonderes waͤre, deshalb habe ſie dieſe Art erwehlet, ſie habe rings um ſich her ein Feuer gemacht, habe ſich hin- ein geſtellet und ſo lange aufrecht geſtanden als es ihre Kraͤfte zugelaſſen. Nach 2 Stunden hat ſie den Geiſt aufgegeben. Daß ſie lange Zeit muͤſſe im Feuer geſtanden haben, hat man daraus erken- nen koͤnnen, weil alle fleiſchichte Theile gleich hart geroͤſtet geweſen. Gewiß, es iſt dieſe Handlung ſo ſonderbahr, daß ein Scaͤvola und andre Stoicker (was die Veſtigkeit des Gemuͤths betrift) damit nicht zu vergleichen. Haͤtte ſie dieſen Muth in einer tugend- haften Handlung bewieſen, wuͤrde dieſes Weib un- ter allen ſtandhaften Helden oben an ſtehen muͤſſen, ſo wie ihr anjetzo unter denen raſenden keiner den Rang wird ſtreitig machen koͤnnen. Ein faſt un- glaublicher Hochmuth hat ſie zu denen empfindlich- ſten Schmertzen verleitet, der aber dabey ſo naͤrriſch iſt als man es nur dencken kan, weil keiner die Um- ſtaͤnde haͤtte wiſſen koͤnnen, wenn nicht noch andere waͤren dazu gekommen. 3.) Wenn nun zu vorigen Unſtaͤnden noch gottloſe Lehren hinzu kommen, ſo werden dadurch die Hinderniſſe des Selbſtmordes noch mehr gehoben. Denn, wenn ein Menſch kei- ne Unſterblichkeit der Seele und kuͤnftiges Gerichte glaubet, und ſetzet ſich unter die Zahl der unvernuͤnf- tigen Thiere, ſo iſt wohl nichts leichter als dieſer ungluͤckſelige Entſchluß. Oder wenn auch nur ein Menſch glaubet, daß der Selbſtmord erlaubet ſey wie der Engellaͤnder Johann Donne [u] in einem in [u] Kuchelbeckers Beſchreibung der Stadt London.

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/348>, abgerufen am 22.11.2024.