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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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des Männl. und Weibl. Geschlechtes.
Spanien will Ricciolus, daß daselbst mehr Wei-
ber als Männer. Es wäre gut, wenn es durch
richtige Verzeichnisse bewiesen wäre, weil man ohne
selbige in diesen Dingen keine Gewißheit haben kan.
Doch ich will zugestehen, daß man mehr Frauens-
Leute insgemein dort wahrnehme. Das hat aber
seine gute Ursachen. Es wird sogleich bewiesen
werden, daß nach dem 30ten Jahre mehr erwach-
sene Frauens-Personen leben. In Spanien und
überhaupt in allen papistischen Landen muß dieses
weit mercklicher seyn als anderswo, weil so viele
Mannsen in Clöstern leben. Oben ist ein Exempel
angeführet, da gegen eine Nonne mehr als drey,
oder gegen 2 Nonnen 7 Geistliche und Mönche vor-
gefallen. (§. 13. p. 47.) Da nun in Spanien an 200
tausend Geistliche, so werden allda nach dieser Ver-
hältniß 155556 unverheyrathete Mannsen und nur
45 tausend Frauen seyn. Folglich bleiben über
100 tausend Frauens mehr in der Welt zurück,
daß es also füglich angehet, daß einem dieses starck
in die Augen fället. Daraus aber wird noch nicht
das, was (§. 48.) bewiesen, umgestossen. Oder
aber, es müsten in Spanien mehr Mädgens als
Jungens gebohren werden, welches doch nicht be-
wiesen und auch in einem Lande nicht vermuthlich,
in welchem die Vielweiberei nicht erlaubet, und wo
das weibliche Geschlecht ohnedem schon ein gar zu
hartes Schicksaal wegen der vielen unverheyrathe-
ten Manns-Personen erdulden muß.

Das andere merckwürdige Exempel gegen
meinen Satz gibt die obige (§. 25. p. 87.) Liste der
Einwohner im gantzen Bolognesischen Gebiethe.
Es waren im Jahr 1657 in allen 103987 männli-

chen
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des Maͤnnl. und Weibl. Geſchlechtes.
Spanien will Ricciolus, daß daſelbſt mehr Wei-
ber als Maͤnner. Es waͤre gut, wenn es durch
richtige Verzeichniſſe bewieſen waͤre, weil man ohne
ſelbige in dieſen Dingen keine Gewißheit haben kan.
Doch ich will zugeſtehen, daß man mehr Frauens-
Leute insgemein dort wahrnehme. Das hat aber
ſeine gute Urſachen. Es wird ſogleich bewieſen
werden, daß nach dem 30ten Jahre mehr erwach-
ſene Frauens-Perſonen leben. In Spanien und
uͤberhaupt in allen papiſtiſchen Landen muß dieſes
weit mercklicher ſeyn als anderswo, weil ſo viele
Mannſen in Cloͤſtern leben. Oben iſt ein Exempel
angefuͤhret, da gegen eine Nonne mehr als drey,
oder gegen 2 Nonnen 7 Geiſtliche und Moͤnche vor-
gefallen. (§. 13. p. 47.) Da nun in Spanien an 200
tauſend Geiſtliche, ſo werden allda nach dieſer Ver-
haͤltniß 155556 unverheyrathete Mannſen und nur
45 tauſend Frauen ſeyn. Folglich bleiben uͤber
100 tauſend Frauens mehr in der Welt zuruͤck,
daß es alſo fuͤglich angehet, daß einem dieſes ſtarck
in die Augen faͤllet. Daraus aber wird noch nicht
das, was (§. 48.) bewieſen, umgeſtoſſen. Oder
aber, es muͤſten in Spanien mehr Maͤdgens als
Jungens gebohren werden, welches doch nicht be-
wieſen und auch in einem Lande nicht vermuthlich,
in welchem die Vielweiberei nicht erlaubet, und wo
das weibliche Geſchlecht ohnedem ſchon ein gar zu
hartes Schickſaal wegen der vielen unverheyrathe-
ten Manns-Perſonen erdulden muß.

Das andere merckwuͤrdige Exempel gegen
meinen Satz gibt die obige (§. 25. p. 87.) Liſte der
Einwohner im gantzen Bologneſiſchen Gebiethe.
Es waren im Jahr 1657 in allen 103987 maͤnnli-

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[149/0195] des Maͤnnl. und Weibl. Geſchlechtes. Spanien will Ricciolus, daß daſelbſt mehr Wei- ber als Maͤnner. Es waͤre gut, wenn es durch richtige Verzeichniſſe bewieſen waͤre, weil man ohne ſelbige in dieſen Dingen keine Gewißheit haben kan. Doch ich will zugeſtehen, daß man mehr Frauens- Leute insgemein dort wahrnehme. Das hat aber ſeine gute Urſachen. Es wird ſogleich bewieſen werden, daß nach dem 30ten Jahre mehr erwach- ſene Frauens-Perſonen leben. In Spanien und uͤberhaupt in allen papiſtiſchen Landen muß dieſes weit mercklicher ſeyn als anderswo, weil ſo viele Mannſen in Cloͤſtern leben. Oben iſt ein Exempel angefuͤhret, da gegen eine Nonne mehr als drey, oder gegen 2 Nonnen 7 Geiſtliche und Moͤnche vor- gefallen. (§. 13. p. 47.) Da nun in Spanien an 200 tauſend Geiſtliche, ſo werden allda nach dieſer Ver- haͤltniß 155556 unverheyrathete Mannſen und nur 45 tauſend Frauen ſeyn. Folglich bleiben uͤber 100 tauſend Frauens mehr in der Welt zuruͤck, daß es alſo fuͤglich angehet, daß einem dieſes ſtarck in die Augen faͤllet. Daraus aber wird noch nicht das, was (§. 48.) bewieſen, umgeſtoſſen. Oder aber, es muͤſten in Spanien mehr Maͤdgens als Jungens gebohren werden, welches doch nicht be- wieſen und auch in einem Lande nicht vermuthlich, in welchem die Vielweiberei nicht erlaubet, und wo das weibliche Geſchlecht ohnedem ſchon ein gar zu hartes Schickſaal wegen der vielen unverheyrathe- ten Manns-Perſonen erdulden muß. Das andere merckwuͤrdige Exempel gegen meinen Satz gibt die obige (§. 25. p. 87.) Liſte der Einwohner im gantzen Bologneſiſchen Gebiethe. Es waren im Jahr 1657 in allen 103987 maͤnnli- chen K 3

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/195>, abgerufen am 23.11.2024.