Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905zu jung für die Anrede Mama - eilen Sie also zu ihr und teilen Sie ihr mit, welche Suppe mir da eingebrockt worden ist, und bitten Sie sie, nicht auf mich zu warten. Sie war so bleich, ich glaube sie ist leidend, die Arme. Sagen Sie ihr, daß ich ihr befehle zu Bett zu gehen, sagen Sie ihr, daß ich mit Fred tanze'?!" "Da wird sie wohl spät nach Hause kommen?" fragte Frau von Ellissen. "Sicher nicht vor fünf Uhr." Frau von Ellissen neigte traurig das Haupt mit dem Ausdruck solcher Müdigkeit, daß Herr Deaken, der seiner nachsichtigen Freundin herzlich zugetan war aufstand und ihr empfahl, ein wenig zu ruhen. "Ich werde schlafen gehen," erwiderte die junge Frau, und wie gewöhnlich reichte sie zum Abschied Herrn Deaken die Hand, der sie ehrfurchtsvoll an seine Lippen führte. Frau von Ellissen läutete. Vom Diener gefolgt, zog sich Herr Deaken zurück. In die Knie gesunken, lag das junge Weib vor ihrem Bett. Sie weinte. zu jung für die Anrede Mama – eilen Sie also zu ihr und teilen Sie ihr mit, welche Suppe mir da eingebrockt worden ist, und bitten Sie sie, nicht auf mich zu warten. Sie war so bleich, ich glaube sie ist leidend, die Arme. Sagen Sie ihr, daß ich ihr befehle zu Bett zu gehen, sagen Sie ihr, daß ich mit Fred tanze‘?!“ „Da wird sie wohl spät nach Hause kommen?“ fragte Frau von Ellissen. „Sicher nicht vor fünf Uhr.“ Frau von Ellissen neigte traurig das Haupt mit dem Ausdruck solcher Müdigkeit, daß Herr Deaken, der seiner nachsichtigen Freundin herzlich zugetan war aufstand und ihr empfahl, ein wenig zu ruhen. „Ich werde schlafen gehen,“ erwiderte die junge Frau, und wie gewöhnlich reichte sie zum Abschied Herrn Deaken die Hand, der sie ehrfurchtsvoll an seine Lippen führte. Frau von Ellissen läutete. Vom Diener gefolgt, zog sich Herr Deaken zurück. In die Knie gesunken, lag das junge Weib vor ihrem Bett. Sie weinte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0097" n="96"/> zu jung für die Anrede Mama – eilen Sie also zu ihr und teilen Sie ihr mit, welche Suppe mir da eingebrockt worden ist, und bitten Sie sie, nicht auf mich zu warten. Sie war so bleich, ich glaube sie ist leidend, die Arme. Sagen Sie ihr, daß ich ihr befehle zu Bett zu gehen, sagen Sie ihr, daß ich mit Fred tanze‘?!“</p> <p>„Da wird sie wohl spät nach Hause kommen?“ fragte Frau von Ellissen.</p> <p>„Sicher nicht vor fünf Uhr.“</p> <p>Frau von Ellissen neigte traurig das Haupt mit dem Ausdruck solcher Müdigkeit, daß Herr Deaken, der seiner nachsichtigen Freundin herzlich zugetan war aufstand und ihr empfahl, ein wenig zu ruhen.</p> <p>„Ich werde schlafen gehen,“ erwiderte die junge Frau, und wie gewöhnlich reichte sie zum Abschied Herrn Deaken die Hand, der sie ehrfurchtsvoll an seine Lippen führte.</p> <p>Frau von Ellissen läutete. Vom Diener gefolgt, zog sich Herr Deaken zurück.</p> <p>In die Knie gesunken, lag das junge Weib vor ihrem Bett. Sie weinte.</p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0097]
zu jung für die Anrede Mama – eilen Sie also zu ihr und teilen Sie ihr mit, welche Suppe mir da eingebrockt worden ist, und bitten Sie sie, nicht auf mich zu warten. Sie war so bleich, ich glaube sie ist leidend, die Arme. Sagen Sie ihr, daß ich ihr befehle zu Bett zu gehen, sagen Sie ihr, daß ich mit Fred tanze‘?!“
„Da wird sie wohl spät nach Hause kommen?“ fragte Frau von Ellissen.
„Sicher nicht vor fünf Uhr.“
Frau von Ellissen neigte traurig das Haupt mit dem Ausdruck solcher Müdigkeit, daß Herr Deaken, der seiner nachsichtigen Freundin herzlich zugetan war aufstand und ihr empfahl, ein wenig zu ruhen.
„Ich werde schlafen gehen,“ erwiderte die junge Frau, und wie gewöhnlich reichte sie zum Abschied Herrn Deaken die Hand, der sie ehrfurchtsvoll an seine Lippen führte.
Frau von Ellissen läutete. Vom Diener gefolgt, zog sich Herr Deaken zurück.
In die Knie gesunken, lag das junge Weib vor ihrem Bett. Sie weinte.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |