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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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"Ihr, die die Zeit verschont, ja selbst verjüngt..."

"Nein, nein," widersprach die junge Frau, "manchmal sehne ich das Ende herbei."

Dieser Ausspruch tönte wie eine Mahnung an Herrn Deaken's Ohr. Er ließ seinen Claque vom rechten Knie auf's linke gleiten, zog die Manschette hervor und fuhr fort:

"Kurz heute abend ging man so weit, von Fräulein Alicens Verlobung zu sprechen. Die jungen Leute walzten zusammen, plauderten zusammen. Auch sollten sie den Kotillion vortanzen."

"Nun, und ...?"

"Nun, und plötzlich verschwindet Fräulein von Werner, und es geht das Gerücht, daß sie unwohl geworden sei und sich in ihr Zimmer zurückziehen mußte."

"War es auch so?"

"Ah, das ist's eben. Die Damen tuschelten einander hinter den Fächern zu, daß Fräulein Alice einen kleinen Streit mit dem schönen Fernand hatte, infolge - aber, es ist zu dumm, wissen Sie!"

"Was denn, so sprechen Sie doch!"

"Na - Herr von Eulenburg, der schöne Fernand, hätte mit Fräulein Stella geflirtet."

„Ihr, die die Zeit verschont, ja selbst verjüngt…“

„Nein, nein,“ widersprach die junge Frau, „manchmal sehne ich das Ende herbei.“

Dieser Ausspruch tönte wie eine Mahnung an Herrn Deaken’s Ohr. Er ließ seinen Claque vom rechten Knie auf’s linke gleiten, zog die Manschette hervor und fuhr fort:

„Kurz heute abend ging man so weit, von Fräulein Alicens Verlobung zu sprechen. Die jungen Leute walzten zusammen, plauderten zusammen. Auch sollten sie den Kotillion vortanzen.“

„Nun, und …?“

„Nun, und plötzlich verschwindet Fräulein von Werner, und es geht das Gerücht, daß sie unwohl geworden sei und sich in ihr Zimmer zurückziehen mußte.“

„War es auch so?“

„Ah, das ist’s eben. Die Damen tuschelten einander hinter den Fächern zu, daß Fräulein Alice einen kleinen Streit mit dem schönen Fernand hatte, infolge – aber, es ist zu dumm, wissen Sie!“

„Was denn, so sprechen Sie doch!“

„Na – Herr von Eulenburg, der schöne Fernand, hätte mit Fräulein Stella geflirtet.“

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[92/0093] „Ihr, die die Zeit verschont, ja selbst verjüngt…“ „Nein, nein,“ widersprach die junge Frau, „manchmal sehne ich das Ende herbei.“ Dieser Ausspruch tönte wie eine Mahnung an Herrn Deaken’s Ohr. Er ließ seinen Claque vom rechten Knie auf’s linke gleiten, zog die Manschette hervor und fuhr fort: „Kurz heute abend ging man so weit, von Fräulein Alicens Verlobung zu sprechen. Die jungen Leute walzten zusammen, plauderten zusammen. Auch sollten sie den Kotillion vortanzen.“ „Nun, und …?“ „Nun, und plötzlich verschwindet Fräulein von Werner, und es geht das Gerücht, daß sie unwohl geworden sei und sich in ihr Zimmer zurückziehen mußte.“ „War es auch so?“ „Ah, das ist’s eben. Die Damen tuschelten einander hinter den Fächern zu, daß Fräulein Alice einen kleinen Streit mit dem schönen Fernand hatte, infolge – aber, es ist zu dumm, wissen Sie!“ „Was denn, so sprechen Sie doch!“ „Na – Herr von Eulenburg, der schöne Fernand, hätte mit Fräulein Stella geflirtet.“

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/93>, abgerufen am 25.11.2024.