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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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Das junge Mädchen erwiderte:

"Möchtest du mich vielleicht ernst und sentenziös wie du selbst?"

"Ich glaube, ich ermüde dich nicht allzusehr mit meinen Sentenzen. Weniger aus Vergnügen, als aus Pflichtgefühl predige ich dir manchmal."

"Als wenn ich das nötig hätte!" versetzte Stella.

"Wir haben das alle nötig, liebes Kind, besonders die Jugend, die das Leben und seine Verpflichtungen noch nicht kennt."

"Diese Wissenschaft lernt sich von selbst, durch die Gewohnheit. Was die Verpflichtungen betrifft, so erduldet man nur jene, die man sich selbst schafft."

"Du irrst dich gründlich: der Instinkt ist egoistisch, und die Moral lehnt sich gegen den Instinkt auf."

"Ich sehe den Nutzen nicht ein."

"Deshalb eben bemühe ich mich, dich verstehen zu lehren, - vor allem die Pflichten gegen andere."

"O, Mama, ich bitte dich, keine Predigt heute abend! Dazu ist jetzt nicht die Zeit. Und dann bin ich etwas nervös."

"Bist du nicht wohl?" rief Frau von Ellissen schon beunruhigt.

Das junge Mädchen erwiderte:

„Möchtest du mich vielleicht ernst und sentenziös wie du selbst?“

„Ich glaube, ich ermüde dich nicht allzusehr mit meinen Sentenzen. Weniger aus Vergnügen, als aus Pflichtgefühl predige ich dir manchmal.“

„Als wenn ich das nötig hätte!“ versetzte Stella.

„Wir haben das alle nötig, liebes Kind, besonders die Jugend, die das Leben und seine Verpflichtungen noch nicht kennt.“

„Diese Wissenschaft lernt sich von selbst, durch die Gewohnheit. Was die Verpflichtungen betrifft, so erduldet man nur jene, die man sich selbst schafft.“

„Du irrst dich gründlich: der Instinkt ist egoistisch, und die Moral lehnt sich gegen den Instinkt auf.“

„Ich sehe den Nutzen nicht ein.“

„Deshalb eben bemühe ich mich, dich verstehen zu lehren, – vor allem die Pflichten gegen andere.“

„O, Mama, ich bitte dich, keine Predigt heute abend! Dazu ist jetzt nicht die Zeit. Und dann bin ich etwas nervös.“

„Bist du nicht wohl?“ rief Frau von Ellissen schon beunruhigt.

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[71/0072] Das junge Mädchen erwiderte: „Möchtest du mich vielleicht ernst und sentenziös wie du selbst?“ „Ich glaube, ich ermüde dich nicht allzusehr mit meinen Sentenzen. Weniger aus Vergnügen, als aus Pflichtgefühl predige ich dir manchmal.“ „Als wenn ich das nötig hätte!“ versetzte Stella. „Wir haben das alle nötig, liebes Kind, besonders die Jugend, die das Leben und seine Verpflichtungen noch nicht kennt.“ „Diese Wissenschaft lernt sich von selbst, durch die Gewohnheit. Was die Verpflichtungen betrifft, so erduldet man nur jene, die man sich selbst schafft.“ „Du irrst dich gründlich: der Instinkt ist egoistisch, und die Moral lehnt sich gegen den Instinkt auf.“ „Ich sehe den Nutzen nicht ein.“ „Deshalb eben bemühe ich mich, dich verstehen zu lehren, – vor allem die Pflichten gegen andere.“ „O, Mama, ich bitte dich, keine Predigt heute abend! Dazu ist jetzt nicht die Zeit. Und dann bin ich etwas nervös.“ „Bist du nicht wohl?“ rief Frau von Ellissen schon beunruhigt.

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/72>, abgerufen am 24.11.2024.