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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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hatten, mit der offiziellen Welt auf gutem Fuß zu stehen. Der ärmere Bürgerstand drängte sich herzu, um auf diesem günstigen Boden seine Heiratsjagd nach einem der großen Industriellen fortzusetzen, die ihrerseits eine Ehre dareinsetzten, in der müßigen Gesellschaft zu verkehren und sie zu blenden. Lange vorher schon wurden die Toiletten zusammengestellt. In den alten schweigsamen Häusern bemühten sich Hausschneiderinnen heimlich, die abgetragenen Sachen nach Bildern der Modeblätter wieder aufzufrischen. Das Ergebnis war nicht immer glücklich, und viele reizende junge Mädchen verloren ihre Anmut in einem stil- und geschmacklosen Aufzug. Aber erst unter dem Glanze der Luster gewahrten sie ihre Niederlage neben den aus Paris bezogenen Toiletten. Dadurch gekränkt, verscheuchten sie mit ihren unzufriedenen Gesichtern die Tänzer. Neid und Haß entbrannten bei solcher Enttäuschung; Bitterkeit stieg auf die Lippen der Mütter; das Geplauder wurde zum Klatsch, und der Abend zeitigte Nachträgereien, die die ganze Stadt auf ein Jahr mit Streit versorgten. Auch bereitete man von langer Hand her die Revanche vor.

"Welche Farbe werden Sie tragen, meine Liebe?" fragte man mit honigsüßer Stimme.

hatten, mit der offiziellen Welt auf gutem Fuß zu stehen. Der ärmere Bürgerstand drängte sich herzu, um auf diesem günstigen Boden seine Heiratsjagd nach einem der großen Industriellen fortzusetzen, die ihrerseits eine Ehre dareinsetzten, in der müßigen Gesellschaft zu verkehren und sie zu blenden. Lange vorher schon wurden die Toiletten zusammengestellt. In den alten schweigsamen Häusern bemühten sich Hausschneiderinnen heimlich, die abgetragenen Sachen nach Bildern der Modeblätter wieder aufzufrischen. Das Ergebnis war nicht immer glücklich, und viele reizende junge Mädchen verloren ihre Anmut in einem stil- und geschmacklosen Aufzug. Aber erst unter dem Glanze der Luster gewahrten sie ihre Niederlage neben den aus Paris bezogenen Toiletten. Dadurch gekränkt, verscheuchten sie mit ihren unzufriedenen Gesichtern die Tänzer. Neid und Haß entbrannten bei solcher Enttäuschung; Bitterkeit stieg auf die Lippen der Mütter; das Geplauder wurde zum Klatsch, und der Abend zeitigte Nachträgereien, die die ganze Stadt auf ein Jahr mit Streit versorgten. Auch bereitete man von langer Hand her die Revanche vor.

„Welche Farbe werden Sie tragen, meine Liebe?“ fragte man mit honigsüßer Stimme.

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[67/0068] hatten, mit der offiziellen Welt auf gutem Fuß zu stehen. Der ärmere Bürgerstand drängte sich herzu, um auf diesem günstigen Boden seine Heiratsjagd nach einem der großen Industriellen fortzusetzen, die ihrerseits eine Ehre dareinsetzten, in der müßigen Gesellschaft zu verkehren und sie zu blenden. Lange vorher schon wurden die Toiletten zusammengestellt. In den alten schweigsamen Häusern bemühten sich Hausschneiderinnen heimlich, die abgetragenen Sachen nach Bildern der Modeblätter wieder aufzufrischen. Das Ergebnis war nicht immer glücklich, und viele reizende junge Mädchen verloren ihre Anmut in einem stil- und geschmacklosen Aufzug. Aber erst unter dem Glanze der Luster gewahrten sie ihre Niederlage neben den aus Paris bezogenen Toiletten. Dadurch gekränkt, verscheuchten sie mit ihren unzufriedenen Gesichtern die Tänzer. Neid und Haß entbrannten bei solcher Enttäuschung; Bitterkeit stieg auf die Lippen der Mütter; das Geplauder wurde zum Klatsch, und der Abend zeitigte Nachträgereien, die die ganze Stadt auf ein Jahr mit Streit versorgten. Auch bereitete man von langer Hand her die Revanche vor. „Welche Farbe werden Sie tragen, meine Liebe?“ fragte man mit honigsüßer Stimme.

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/68>, abgerufen am 22.11.2024.