Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905Als Fred vor seiner Abreise bei Mira war, hatten sie sich nur zu gut verstanden. Ihre beiden liebenden Herzen schlugen im Gefühle unsagbarster Reinheit zusammen. Wohltätige Beruhigung sank sanft und traurig auf sie herab. Er tröstete sich fast, in dem Gefühle, von dieser großen Seele so herrlich geliebt zu sein. Sie genoß seine zarte Verehrung wie ein Glück, daß sie für alle Schmerzen ihres Lebens entschädigte. Sie sahen sich zum ersten Mal seit Stellas Hochzeit tief und ernst in die Augen, als ob sie ihre geblendeten Blicke in übermenschlichem Verstehen in das Geheimnis unendlicher Weiten versenken wollten. So sahen sie sich im gegenseitigen Verstehen an, ganz hingegeben dem Entzücken, daß ihre magnetisch sich anziehenden Augen sich wiedergefunden hatten, die doch von jeher für einander bestimmt waren. Es war wie eine bräutliche Entkleidung ihrer hohen Seelen. Eine physische Erregung konnte nicht mehr an sie herankommen. Und künftig, wenn sie es wollte, sollte sie alles erfahren. Fred würde ihr alle seine Gedanken gestehen und sie trug Sorge in ihrer erhabenen Seele, daß sie in seiner unendlichen Liebe unpersönlich blieb. Als Fred vor seiner Abreise bei Mira war, hatten sie sich nur zu gut verstanden. Ihre beiden liebenden Herzen schlugen im Gefühle unsagbarster Reinheit zusammen. Wohltätige Beruhigung sank sanft und traurig auf sie herab. Er tröstete sich fast, in dem Gefühle, von dieser großen Seele so herrlich geliebt zu sein. Sie genoß seine zarte Verehrung wie ein Glück, daß sie für alle Schmerzen ihres Lebens entschädigte. Sie sahen sich zum ersten Mal seit Stellas Hochzeit tief und ernst in die Augen, als ob sie ihre geblendeten Blicke in übermenschlichem Verstehen in das Geheimnis unendlicher Weiten versenken wollten. So sahen sie sich im gegenseitigen Verstehen an, ganz hingegeben dem Entzücken, daß ihre magnetisch sich anziehenden Augen sich wiedergefunden hatten, die doch von jeher für einander bestimmt waren. Es war wie eine bräutliche Entkleidung ihrer hohen Seelen. Eine physische Erregung konnte nicht mehr an sie herankommen. Und künftig, wenn sie es wollte, sollte sie alles erfahren. Fred würde ihr alle seine Gedanken gestehen und sie trug Sorge in ihrer erhabenen Seele, daß sie in seiner unendlichen Liebe unpersönlich blieb. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0275" n="274"/> Als Fred vor seiner Abreise bei Mira war, hatten sie sich nur zu gut verstanden. Ihre beiden liebenden Herzen schlugen im Gefühle unsagbarster Reinheit zusammen. Wohltätige Beruhigung sank sanft und traurig auf sie herab. Er tröstete sich fast, in dem Gefühle, von dieser großen Seele so herrlich geliebt zu sein. Sie genoß seine zarte Verehrung wie ein Glück, daß sie für alle Schmerzen ihres Lebens entschädigte.</p> <p>Sie sahen sich zum ersten Mal seit Stellas Hochzeit tief und ernst in die Augen, als ob sie ihre geblendeten Blicke in übermenschlichem Verstehen in das Geheimnis unendlicher Weiten versenken wollten.</p> <p>So sahen sie sich im gegenseitigen Verstehen an, ganz hingegeben dem Entzücken, daß ihre magnetisch sich anziehenden Augen sich wiedergefunden hatten, die doch von jeher für einander bestimmt waren. Es war wie eine bräutliche Entkleidung ihrer hohen Seelen. Eine physische Erregung konnte nicht mehr an sie herankommen.</p> <p>Und künftig, wenn sie es wollte, sollte sie alles erfahren. Fred würde ihr alle seine Gedanken gestehen und sie trug Sorge in ihrer erhabenen Seele, daß sie in seiner unendlichen Liebe unpersönlich blieb.</p> </div> </body> </text> </TEI> [274/0275]
Als Fred vor seiner Abreise bei Mira war, hatten sie sich nur zu gut verstanden. Ihre beiden liebenden Herzen schlugen im Gefühle unsagbarster Reinheit zusammen. Wohltätige Beruhigung sank sanft und traurig auf sie herab. Er tröstete sich fast, in dem Gefühle, von dieser großen Seele so herrlich geliebt zu sein. Sie genoß seine zarte Verehrung wie ein Glück, daß sie für alle Schmerzen ihres Lebens entschädigte.
Sie sahen sich zum ersten Mal seit Stellas Hochzeit tief und ernst in die Augen, als ob sie ihre geblendeten Blicke in übermenschlichem Verstehen in das Geheimnis unendlicher Weiten versenken wollten.
So sahen sie sich im gegenseitigen Verstehen an, ganz hingegeben dem Entzücken, daß ihre magnetisch sich anziehenden Augen sich wiedergefunden hatten, die doch von jeher für einander bestimmt waren. Es war wie eine bräutliche Entkleidung ihrer hohen Seelen. Eine physische Erregung konnte nicht mehr an sie herankommen.
Und künftig, wenn sie es wollte, sollte sie alles erfahren. Fred würde ihr alle seine Gedanken gestehen und sie trug Sorge in ihrer erhabenen Seele, daß sie in seiner unendlichen Liebe unpersönlich blieb.
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Zitationshilfe: | Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/275>, abgerufen am 16.07.2024. |