Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

Bild:
<< vorherige Seite

"Aber Sie gestehen ein, daß Sie mich nicht mehr lieben, und Sie glauben, ich könnte ohne Ihre Liebe weiterleben?"

"Kind! ..."

"Ich bin kein Kind mehr, Mira, ich bin ein Mann, der leidet, der Sie lieben will und muß!"

"Ach Fred, was Sie heute wollen, das ist nicht mehr die ideale Zärtlichkeit, die Ihnen bisher genügte, Sie wollen das Weib! - den brutalen Besitz."

"Ja, Mira, ich sehne mich nach Ihrer ganzen Hingabe, nach Ihrer Liebe, mehr, viel, viel mehr als früher ..."

"Haben Sie überlegt, Fred, daß ich für Sie nicht die Frau sein kann, die zwei Herzen in eines vereint?"

"Bin ich denn Ihrer so unwürdig, Mira? Nun, und wenn ich die höchsten Grenzen erreichte, die menschliche Kraft dem größten Genie steckt, wäre ich auch dann noch nicht Ihrer völligen Hingabe wert?" Und in plötzlichem Zorn, die Augen voll Tränen, rief Fred: "Ich begehre Sie!"

Mira blieb erbleichend stehen und fragte voll Würde:

"Zur Frau?"

„Aber Sie gestehen ein, daß Sie mich nicht mehr lieben, und Sie glauben, ich könnte ohne Ihre Liebe weiterleben?“

„Kind! …“

„Ich bin kein Kind mehr, Mira, ich bin ein Mann, der leidet, der Sie lieben will und muß!“

„Ach Fred, was Sie heute wollen, das ist nicht mehr die ideale Zärtlichkeit, die Ihnen bisher genügte, Sie wollen das Weib! – den brutalen Besitz.“

„Ja, Mira, ich sehne mich nach Ihrer ganzen Hingabe, nach Ihrer Liebe, mehr, viel, viel mehr als früher …“

„Haben Sie überlegt, Fred, daß ich für Sie nicht die Frau sein kann, die zwei Herzen in eines vereint?“

„Bin ich denn Ihrer so unwürdig, Mira? Nun, und wenn ich die höchsten Grenzen erreichte, die menschliche Kraft dem größten Genie steckt, wäre ich auch dann noch nicht Ihrer völligen Hingabe wert?“ Und in plötzlichem Zorn, die Augen voll Tränen, rief Fred: „Ich begehre Sie!“

Mira blieb erbleichend stehen und fragte voll Würde:

„Zur Frau?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0024" n="23"/>
        <p>&#x201E;Aber Sie gestehen ein, daß Sie mich nicht mehr lieben, und Sie glauben, ich könnte ohne Ihre Liebe weiterleben?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Kind! &#x2026;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ich bin kein Kind mehr, Mira, ich bin ein Mann, der leidet, der Sie lieben will und muß!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ach Fred, was Sie heute wollen, das ist nicht mehr die ideale Zärtlichkeit, die Ihnen bisher genügte, Sie wollen das Weib! &#x2013; den brutalen Besitz.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ja, Mira, ich sehne mich nach Ihrer ganzen Hingabe, nach Ihrer Liebe, mehr, viel, viel mehr als früher &#x2026;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Haben Sie überlegt, Fred, daß ich für Sie nicht die Frau sein kann, die zwei Herzen in eines vereint?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Bin ich denn Ihrer so unwürdig, Mira? Nun, und wenn ich die höchsten Grenzen erreichte, die menschliche Kraft dem größten Genie steckt, wäre ich auch dann noch nicht Ihrer völligen Hingabe wert?&#x201C; Und in plötzlichem Zorn, die Augen voll Tränen, rief Fred: &#x201E;Ich begehre Sie!&#x201C;</p>
        <p>Mira blieb erbleichend stehen und fragte voll Würde:</p>
        <p>&#x201E;Zur Frau?&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0024] „Aber Sie gestehen ein, daß Sie mich nicht mehr lieben, und Sie glauben, ich könnte ohne Ihre Liebe weiterleben?“ „Kind! …“ „Ich bin kein Kind mehr, Mira, ich bin ein Mann, der leidet, der Sie lieben will und muß!“ „Ach Fred, was Sie heute wollen, das ist nicht mehr die ideale Zärtlichkeit, die Ihnen bisher genügte, Sie wollen das Weib! – den brutalen Besitz.“ „Ja, Mira, ich sehne mich nach Ihrer ganzen Hingabe, nach Ihrer Liebe, mehr, viel, viel mehr als früher …“ „Haben Sie überlegt, Fred, daß ich für Sie nicht die Frau sein kann, die zwei Herzen in eines vereint?“ „Bin ich denn Ihrer so unwürdig, Mira? Nun, und wenn ich die höchsten Grenzen erreichte, die menschliche Kraft dem größten Genie steckt, wäre ich auch dann noch nicht Ihrer völligen Hingabe wert?“ Und in plötzlichem Zorn, die Augen voll Tränen, rief Fred: „Ich begehre Sie!“ Mira blieb erbleichend stehen und fragte voll Würde: „Zur Frau?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/24
Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/24>, abgerufen am 24.11.2024.