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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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"Die Liebe drückt sich nur durch die Ergebenheit aus," fuhr das alte Fräulein fort. "Sie werden sehen, daß Sie nicht das Recht haben auf Ihren Leiden auszuruhen wie auf einem Ruhebett, das zwar ein wenig hart ist, aber auf dem man schließlich doch einschläft. Kopf hoch, meine liebe Freundin, jetzt mehr als jemals! So lange man geben kann und noch gibt, muß man sich aufrecht halten, bereit zu jedem Sühnopfer. Das ist Ihre Aufgabe, die Sie sich hienieden erwählt haben und für die Sie der Gott, den Sie nicht lieben konnten, dem Sie aber nach seinem ewigen und geheimnisvollen Willen dienten, mit unbeschreiblichen Freuden belohnen wird. Ach, wenn Sie ihn lieben würden, den Bruder der Menschheit, der sein blutiges Opfer gebracht hat, der Ihre liebende Seele geschaffen hat, der unbekannte Gott, der von flammernder Liebe erfüllt, durch die erhabenen Seelen der Menschheit leuchtet! Wie glücklich Sie sein werden! ... Ja sehr glücklich, so wie ich es bin, ich, die ebenso gelitten hat wie Sie, mehr als Sie, denn ich habe keine Freude auf der Welt kennen gelernt und ich sterbe mit einem Herzen, das zum Lieben und zur Mutterschaft geschaffen war. Aber ich habe den göttlichen Willen erkannt, und ich

„Die Liebe drückt sich nur durch die Ergebenheit aus,“ fuhr das alte Fräulein fort. „Sie werden sehen, daß Sie nicht das Recht haben auf Ihren Leiden auszuruhen wie auf einem Ruhebett, das zwar ein wenig hart ist, aber auf dem man schließlich doch einschläft. Kopf hoch, meine liebe Freundin, jetzt mehr als jemals! So lange man geben kann und noch gibt, muß man sich aufrecht halten, bereit zu jedem Sühnopfer. Das ist Ihre Aufgabe, die Sie sich hienieden erwählt haben und für die Sie der Gott, den Sie nicht lieben konnten, dem Sie aber nach seinem ewigen und geheimnisvollen Willen dienten, mit unbeschreiblichen Freuden belohnen wird. Ach, wenn Sie ihn lieben würden, den Bruder der Menschheit, der sein blutiges Opfer gebracht hat, der Ihre liebende Seele geschaffen hat, der unbekannte Gott, der von flammernder Liebe erfüllt, durch die erhabenen Seelen der Menschheit leuchtet! Wie glücklich Sie sein werden! … Ja sehr glücklich, so wie ich es bin, ich, die ebenso gelitten hat wie Sie, mehr als Sie, denn ich habe keine Freude auf der Welt kennen gelernt und ich sterbe mit einem Herzen, das zum Lieben und zur Mutterschaft geschaffen war. Aber ich habe den göttlichen Willen erkannt, und ich

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[218/0219] „Die Liebe drückt sich nur durch die Ergebenheit aus,“ fuhr das alte Fräulein fort. „Sie werden sehen, daß Sie nicht das Recht haben auf Ihren Leiden auszuruhen wie auf einem Ruhebett, das zwar ein wenig hart ist, aber auf dem man schließlich doch einschläft. Kopf hoch, meine liebe Freundin, jetzt mehr als jemals! So lange man geben kann und noch gibt, muß man sich aufrecht halten, bereit zu jedem Sühnopfer. Das ist Ihre Aufgabe, die Sie sich hienieden erwählt haben und für die Sie der Gott, den Sie nicht lieben konnten, dem Sie aber nach seinem ewigen und geheimnisvollen Willen dienten, mit unbeschreiblichen Freuden belohnen wird. Ach, wenn Sie ihn lieben würden, den Bruder der Menschheit, der sein blutiges Opfer gebracht hat, der Ihre liebende Seele geschaffen hat, der unbekannte Gott, der von flammernder Liebe erfüllt, durch die erhabenen Seelen der Menschheit leuchtet! Wie glücklich Sie sein werden! … Ja sehr glücklich, so wie ich es bin, ich, die ebenso gelitten hat wie Sie, mehr als Sie, denn ich habe keine Freude auf der Welt kennen gelernt und ich sterbe mit einem Herzen, das zum Lieben und zur Mutterschaft geschaffen war. Aber ich habe den göttlichen Willen erkannt, und ich

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/219>, abgerufen am 22.11.2024.