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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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Er glaubte, daß Stella noch einmal heraufkomme und klopfte an die Türe. Niemand antwortete. Er dachte. "Mira ist vielleicht nicht mehr drin. Oder sie muß sich eingeschlossen haben!"

Er öffnete die Türe.

Frau von Ellissen hatte sich wieder aufgerichtet. Mit ausgestreckten Armen wehrte sie sein Näherkommen ab. Auf ihrem Gesichte konnte man aus den geschlossenen Augen die Tränen fließen sehen. Schmerzlich betroffen wich er zurück. Oh! wie sie litt! Wenn er das zu glauben gewagte hätte, das geahnt hätte, ... niemals ... nein niemals ..!

Aber sie rührte sich nicht, streng und eigensinnig blieb sie bei ihrer Abweisung. Eine Ehrfurcht ergriff ihn. Mit verwirrtem Blick trat er vor dieser schrecklichen Erscheinung zurück, fühlte sich durch die abwehrenden Hände zurückgestoßen, hingestoßen zum Glück, durch diese Frau und Mutter, die in der Apotheose ihres Opfers zu tragischer Erhabenheit und Größe emporwuchs.

"Auf Wiedersehen ... Mira ... Mutter" sagte er im Hinausgehen.

Als der Wagen davon rollte senkte die junge Frau ihre Arme; und als das Gittertor krachend geschlossen

Er glaubte, daß Stella noch einmal heraufkomme und klopfte an die Türe. Niemand antwortete. Er dachte. „Mira ist vielleicht nicht mehr drin. Oder sie muß sich eingeschlossen haben!“

Er öffnete die Türe.

Frau von Ellissen hatte sich wieder aufgerichtet. Mit ausgestreckten Armen wehrte sie sein Näherkommen ab. Auf ihrem Gesichte konnte man aus den geschlossenen Augen die Tränen fließen sehen. Schmerzlich betroffen wich er zurück. Oh! wie sie litt! Wenn er das zu glauben gewagte hätte, das geahnt hätte, … niemals … nein niemals ..!

Aber sie rührte sich nicht, streng und eigensinnig blieb sie bei ihrer Abweisung. Eine Ehrfurcht ergriff ihn. Mit verwirrtem Blick trat er vor dieser schrecklichen Erscheinung zurück, fühlte sich durch die abwehrenden Hände zurückgestoßen, hingestoßen zum Glück, durch diese Frau und Mutter, die in der Apotheose ihres Opfers zu tragischer Erhabenheit und Größe emporwuchs.

„Auf Wiedersehen … Mira … Mutter“ sagte er im Hinausgehen.

Als der Wagen davon rollte senkte die junge Frau ihre Arme; und als das Gittertor krachend geschlossen

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[216/0217] Er glaubte, daß Stella noch einmal heraufkomme und klopfte an die Türe. Niemand antwortete. Er dachte. „Mira ist vielleicht nicht mehr drin. Oder sie muß sich eingeschlossen haben!“ Er öffnete die Türe. Frau von Ellissen hatte sich wieder aufgerichtet. Mit ausgestreckten Armen wehrte sie sein Näherkommen ab. Auf ihrem Gesichte konnte man aus den geschlossenen Augen die Tränen fließen sehen. Schmerzlich betroffen wich er zurück. Oh! wie sie litt! Wenn er das zu glauben gewagte hätte, das geahnt hätte, … niemals … nein niemals ..! Aber sie rührte sich nicht, streng und eigensinnig blieb sie bei ihrer Abweisung. Eine Ehrfurcht ergriff ihn. Mit verwirrtem Blick trat er vor dieser schrecklichen Erscheinung zurück, fühlte sich durch die abwehrenden Hände zurückgestoßen, hingestoßen zum Glück, durch diese Frau und Mutter, die in der Apotheose ihres Opfers zu tragischer Erhabenheit und Größe emporwuchs. „Auf Wiedersehen … Mira … Mutter“ sagte er im Hinausgehen. Als der Wagen davon rollte senkte die junge Frau ihre Arme; und als das Gittertor krachend geschlossen

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/217>, abgerufen am 24.11.2024.