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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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Geigen, Flöten, Mandolinen, Sänger mit kräftigen oder schrillen Stimmen, überbieten einander und erwecken durch ihre alten Karnevalsmelodien die Erinnerung an vergangene Freuden, himmlische Intriguen, herausfordernde Masken, wollüstige Dominos. Sie preisen die Stadt der Versuchung, des Entzückens, des Traumes, die war und ewig sein wird: Venedig.

Wie um das Festschiff zu grüßen, tauchen nacheinander die Marmorstufen der Kirche Santa Maria della Salecte und die Paläste aus dem Dunkel, vom plötzlich entflammten bengalischen Licht grell beleuchtet, auf. Die kleinen Kanäle färben sich purpurrot durch einen heitern Streifen Lichtes, die Fenster werden geöffnet, auf den Balkonen erscheinen braune und blonde Köpfe, auf die auch ein Lichtstrahl fällt.

Hunderte von Gondeln drängen sich, gleichsam ins Schlepptau genommen, vom Festschiff, als wären sie von einer einzigen Hand gelenkt. So folgt in der Finsternis ein langer unförmlicher Fisch der leuchtenden Spur eines Schiffes.

Beim Rialto, dessen stolzer mit goldschimmernden Platten besetzter Bogen der Tiara eines Riesengötzenbildes gleicht, bleibt das Schiff lange stehen. Auf den illuminierten Kais und auf der Brücke wimmelt

Geigen, Flöten, Mandolinen, Sänger mit kräftigen oder schrillen Stimmen, überbieten einander und erwecken durch ihre alten Karnevalsmelodien die Erinnerung an vergangene Freuden, himmlische Intriguen, herausfordernde Masken, wollüstige Dominos. Sie preisen die Stadt der Versuchung, des Entzückens, des Traumes, die war und ewig sein wird: Venedig.

Wie um das Festschiff zu grüßen, tauchen nacheinander die Marmorstufen der Kirche Santa Maria della Salecte und die Paläste aus dem Dunkel, vom plötzlich entflammten bengalischen Licht grell beleuchtet, auf. Die kleinen Kanäle färben sich purpurrot durch einen heitern Streifen Lichtes, die Fenster werden geöffnet, auf den Balkonen erscheinen braune und blonde Köpfe, auf die auch ein Lichtstrahl fällt.

Hunderte von Gondeln drängen sich, gleichsam ins Schlepptau genommen, vom Festschiff, als wären sie von einer einzigen Hand gelenkt. So folgt in der Finsternis ein langer unförmlicher Fisch der leuchtenden Spur eines Schiffes.

Beim Rialto, dessen stolzer mit goldschimmernden Platten besetzter Bogen der Tiara eines Riesengötzenbildes gleicht, bleibt das Schiff lange stehen. Auf den illuminierten Kais und auf der Brücke wimmelt

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[132/0133] Geigen, Flöten, Mandolinen, Sänger mit kräftigen oder schrillen Stimmen, überbieten einander und erwecken durch ihre alten Karnevalsmelodien die Erinnerung an vergangene Freuden, himmlische Intriguen, herausfordernde Masken, wollüstige Dominos. Sie preisen die Stadt der Versuchung, des Entzückens, des Traumes, die war und ewig sein wird: Venedig. Wie um das Festschiff zu grüßen, tauchen nacheinander die Marmorstufen der Kirche Santa Maria della Salecte und die Paläste aus dem Dunkel, vom plötzlich entflammten bengalischen Licht grell beleuchtet, auf. Die kleinen Kanäle färben sich purpurrot durch einen heitern Streifen Lichtes, die Fenster werden geöffnet, auf den Balkonen erscheinen braune und blonde Köpfe, auf die auch ein Lichtstrahl fällt. Hunderte von Gondeln drängen sich, gleichsam ins Schlepptau genommen, vom Festschiff, als wären sie von einer einzigen Hand gelenkt. So folgt in der Finsternis ein langer unförmlicher Fisch der leuchtenden Spur eines Schiffes. Beim Rialto, dessen stolzer mit goldschimmernden Platten besetzter Bogen der Tiara eines Riesengötzenbildes gleicht, bleibt das Schiff lange stehen. Auf den illuminierten Kais und auf der Brücke wimmelt

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/133>, abgerufen am 23.11.2024.