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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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bisher vollständigsten Aufführung seiner geistlichen Musik in die Provinz zu reisen.

Man redete ihm zu, sich mit einem seiner in der stillen ländlichen Zurückgezogenheit ausgereiften Werke kühn auf einer lyrischen Bühne der Hauptstadt vorzustellen.

Am Schlusse der großen Woche sah sich Fred allein; sein Fieber war vergangen und er blieb geschwächt, weil er an das bewegte Leben der jungen Künstler in der Hauptstadt nicht gewohnt war. Er fühlte sich völlig zerschlagen, sogar entmutigt, weil er entdeckte, daß er zu schwach sei, nicht nur zum Kampfe, sondern auch zum Streben.

Diese Krise hatte indessen seinem Herzen sozusagen Erholung gebracht. Ohne die Qual seiner Liebesenttäuschung zu vergessen, hatte er weniger unter ihr gelitten. Sein Verkehr in Frau von Ellissens Haus war notwendigerweise eingeschränkt, sein Alleinsein mit Mira oder Stella hatte beinahe ganz aufgehört. In diesen Tagen hatten sie alle wie in einem Wirbel von neuen und darum beruhigenden Sensationen gelebt.

Die Stille brachte aber die gewohnten Zusammenkünfte wieder und die Leidenschaft trat in ihre Rechte, umso heftiger, als sie beinahe ganz unterdrückt gewesen war.

bisher vollständigsten Aufführung seiner geistlichen Musik in die Provinz zu reisen.

Man redete ihm zu, sich mit einem seiner in der stillen ländlichen Zurückgezogenheit ausgereiften Werke kühn auf einer lyrischen Bühne der Hauptstadt vorzustellen.

Am Schlusse der großen Woche sah sich Fred allein; sein Fieber war vergangen und er blieb geschwächt, weil er an das bewegte Leben der jungen Künstler in der Hauptstadt nicht gewohnt war. Er fühlte sich völlig zerschlagen, sogar entmutigt, weil er entdeckte, daß er zu schwach sei, nicht nur zum Kampfe, sondern auch zum Streben.

Diese Krise hatte indessen seinem Herzen sozusagen Erholung gebracht. Ohne die Qual seiner Liebesenttäuschung zu vergessen, hatte er weniger unter ihr gelitten. Sein Verkehr in Frau von Ellissens Haus war notwendigerweise eingeschränkt, sein Alleinsein mit Mira oder Stella hatte beinahe ganz aufgehört. In diesen Tagen hatten sie alle wie in einem Wirbel von neuen und darum beruhigenden Sensationen gelebt.

Die Stille brachte aber die gewohnten Zusammenkünfte wieder und die Leidenschaft trat in ihre Rechte, umso heftiger, als sie beinahe ganz unterdrückt gewesen war.

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[119/0120] bisher vollständigsten Aufführung seiner geistlichen Musik in die Provinz zu reisen. Man redete ihm zu, sich mit einem seiner in der stillen ländlichen Zurückgezogenheit ausgereiften Werke kühn auf einer lyrischen Bühne der Hauptstadt vorzustellen. Am Schlusse der großen Woche sah sich Fred allein; sein Fieber war vergangen und er blieb geschwächt, weil er an das bewegte Leben der jungen Künstler in der Hauptstadt nicht gewohnt war. Er fühlte sich völlig zerschlagen, sogar entmutigt, weil er entdeckte, daß er zu schwach sei, nicht nur zum Kampfe, sondern auch zum Streben. Diese Krise hatte indessen seinem Herzen sozusagen Erholung gebracht. Ohne die Qual seiner Liebesenttäuschung zu vergessen, hatte er weniger unter ihr gelitten. Sein Verkehr in Frau von Ellissens Haus war notwendigerweise eingeschränkt, sein Alleinsein mit Mira oder Stella hatte beinahe ganz aufgehört. In diesen Tagen hatten sie alle wie in einem Wirbel von neuen und darum beruhigenden Sensationen gelebt. Die Stille brachte aber die gewohnten Zusammenkünfte wieder und die Leidenschaft trat in ihre Rechte, umso heftiger, als sie beinahe ganz unterdrückt gewesen war.

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/120>, abgerufen am 27.11.2024.