Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.Eilfte Betrachtung. Die Furchtsamkeit Petri. Joh. 18, 15. 16. Welche unerwartete Veränderung! Hätte ich nach nicht
Eilfte Betrachtung. Die Furchtſamkeit Petri. Joh. 18, 15. 16. Welche unerwartete Veränderung! Hätte ich nach nicht
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Eilfte Betrachtung.
Die Furchtſamkeit Petri.
Joh. 18, 15. 16.
Simon Petrus folgte Jeſu nach, und ein andrer Jünger. Der-
ſelbige Jünger war dem Hohenprieſter bekannt, und gieng
mit Jeſu hinein in des Hohenprieſters Pallaſt. Petrus aber
ſtund drauſſen vor der Thür.
Welche unerwartete Veränderung! Hätte ich nach
dem Muth, welchen Petrus bey der Gefan-
gennehmung Jeſu bewieſen und nach der Ver-
ſicherung, die er ihm gab, urtheilen ſollen, ſo würde ich
geglaubt haben, daß ſeine Standhaftigkeit und Treue mit
der zunehmenden Gefahr Jeſu zugenommen haben würde.
Allein wie plötzlich hat ſich dieſes Jüngers Geſinnung
verändert! Jtzt, da alle Umſtände ihn aufforderten,
Muth zu beweiſen, itzt wird er furchtſam. Er iſt zwar
ſeiner Zuſage eingedenk, kehrt von ſeiner Flucht um, und
folgt Jeſu nach. Aber nur von ferne, denn er beſorgt,
mit ſeinem Meiſter in gleiches Schickſal zu gerathen.
Aus allen ſeinen Handlungen und Reden blickt die Men-
ſchenfurcht hervor. Er miſcht ſich unter die Diener und
Knechte, um deſto leichter unbekannt zu bleiben. Es
ſchien zwar Heldenmuth zu ſeyn, der ihn antrieb, dem ge-
bundenen Jeſu in den Pallaſt des Hohenprieſters nachzu-
folgen: allein es war Verwegenheit, die noch tadelhafter
war, je mehr Zaghaftigkeit ſich in dieſelbe miſchte. Es war
ein unanſtändiger Trotz, da er, ohne einen Beruf dazu zu
haben, ſich in einen Kampf wagte, dem er ganz und gar
nicht
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