Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.Siebende Betrachtung. übernommen habe. Zum Zeugniß dieser Freywilligkeit,eilet er mit Freudigkeit seinem Tode entgegen. Er konnte es verwehren, daß die Schaar seiner Feinde, die auf sein Wort zur Erde fielen, wieder aufstünde und aufs neue ih- re grausamen Hände an ihn legten. Er konnte die kleine Zahl seiner Freunde mit göttlicher Stärke ausrüsten, daß sie Verderben und Tod unter seinen Feinden verbreiteten. Es war nur ein Wort nöthig, so kamen Legionen Engel herbey, welche seine Feinde mit unsichtbarer Gewalt zu- rückhalten konnten. Wie leicht konnte der Herr der Na- tur alle Elemente zu Werkzeugen seiner Rache gebrauchen! Und was bedurfte er fremden Beystandes? Seine ihm beywohnende Allmacht, durch welche er ganze Legionen Teufel überwältigte, durch welche er die Todten ins Leben zurückbrachte, durch welche er so vielmals die Tücke und Anschläge seiner Wiedersacher vereitelte, diese gottliche Macht konnte er jetzt auch anwenden, die Bosheit seiner Mörder zu Schanden zu machen. Auf sein Wort würde sich die Erde eröfnet, und diese Rotte Bösewichter verschlungen haben. Auf sein Wort würde Feuer vom Himmel auf sie gefallen seyn, und sie verzehrt haben. Sein blosser Blick würde diese Verwegnen in ihr Nichts zurückgestürzt haben. Aber er bediente sich jetzt nicht dieser Mittel, sich in Freyheit zu setzen. Vielmehr, als seine Jünger den Anfang machten, sich mit gewafneter Hand seinen Fein- den zu wiedersetzen, und als Petrus sogar einen von die- ser Schaar verwundete, so untersagte er ihnen diese Ge- genwehr und heilte den verwundeten Knecht. Sein gan- zes Verhalten bey der Gefangennehmung gab seine Frey- willigkeit zu erkennen, mit welcher er sich zum Heil der Welt aufopferte. Soll ich den Kelch nicht trinken, spricht er, den mir mein Vater gegeben hat? Und welch ein bittrer, vollgemeßner Kelch war es, den ihm sein
Siebende Betrachtung. übernommen habe. Zum Zeugniß dieſer Freywilligkeit,eilet er mit Freudigkeit ſeinem Tode entgegen. Er konnte es verwehren, daß die Schaar ſeiner Feinde, die auf ſein Wort zur Erde fielen, wieder aufſtünde und aufs neue ih- re grauſamen Hände an ihn legten. Er konnte die kleine Zahl ſeiner Freunde mit göttlicher Stärke ausrüſten, daß ſie Verderben und Tod unter ſeinen Feinden verbreiteten. Es war nur ein Wort nöthig, ſo kamen Legionen Engel herbey, welche ſeine Feinde mit unſichtbarer Gewalt zu- rückhalten konnten. Wie leicht konnte der Herr der Na- tur alle Elemente zu Werkzeugen ſeiner Rache gebrauchen! Und was bedurfte er fremden Beyſtandes? Seine ihm beywohnende Allmacht, durch welche er ganze Legionen Teufel überwältigte, durch welche er die Todten ins Leben zurückbrachte, durch welche er ſo vielmals die Tücke und Anſchläge ſeiner Wiederſacher vereitelte, dieſe gottliche Macht konnte er jetzt auch anwenden, die Bosheit ſeiner Mörder zu Schanden zu machen. Auf ſein Wort würde ſich die Erde eröfnet, und dieſe Rotte Böſewichter verſchlungen haben. Auf ſein Wort würde Feuer vom Himmel auf ſie gefallen ſeyn, und ſie verzehrt haben. Sein bloſſer Blick würde dieſe Verwegnen in ihr Nichts zurückgeſtürzt haben. Aber er bediente ſich jetzt nicht dieſer Mittel, ſich in Freyheit zu ſetzen. Vielmehr, als ſeine Jünger den Anfang machten, ſich mit gewafneter Hand ſeinen Fein- den zu wiederſetzen, und als Petrus ſogar einen von die- ſer Schaar verwundete, ſo unterſagte er ihnen dieſe Ge- genwehr und heilte den verwundeten Knecht. Sein gan- zes Verhalten bey der Gefangennehmung gab ſeine Frey- willigkeit zu erkennen, mit welcher er ſich zum Heil der Welt aufopferte. Soll ich den Kelch nicht trinken, ſpricht er, den mir mein Vater gegeben hat? Und welch ein bittrer, vollgemeßner Kelch war es, den ihm ſein
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Siebende Betrachtung.
übernommen habe. Zum Zeugniß dieſer Freywilligkeit,
eilet er mit Freudigkeit ſeinem Tode entgegen. Er konnte
es verwehren, daß die Schaar ſeiner Feinde, die auf ſein
Wort zur Erde fielen, wieder aufſtünde und aufs neue ih-
re grauſamen Hände an ihn legten. Er konnte die kleine
Zahl ſeiner Freunde mit göttlicher Stärke ausrüſten, daß
ſie Verderben und Tod unter ſeinen Feinden verbreiteten.
Es war nur ein Wort nöthig, ſo kamen Legionen Engel
herbey, welche ſeine Feinde mit unſichtbarer Gewalt zu-
rückhalten konnten. Wie leicht konnte der Herr der Na-
tur alle Elemente zu Werkzeugen ſeiner Rache gebrauchen!
Und was bedurfte er fremden Beyſtandes? Seine ihm
beywohnende Allmacht, durch welche er ganze Legionen
Teufel überwältigte, durch welche er die Todten ins Leben
zurückbrachte, durch welche er ſo vielmals die Tücke und
Anſchläge ſeiner Wiederſacher vereitelte, dieſe gottliche Macht
konnte er jetzt auch anwenden, die Bosheit ſeiner Mörder
zu Schanden zu machen. Auf ſein Wort würde ſich die
Erde eröfnet, und dieſe Rotte Böſewichter verſchlungen
haben. Auf ſein Wort würde Feuer vom Himmel auf
ſie gefallen ſeyn, und ſie verzehrt haben. Sein bloſſer
Blick würde dieſe Verwegnen in ihr Nichts zurückgeſtürzt
haben. Aber er bediente ſich jetzt nicht dieſer Mittel, ſich
in Freyheit zu ſetzen. Vielmehr, als ſeine Jünger den
Anfang machten, ſich mit gewafneter Hand ſeinen Fein-
den zu wiederſetzen, und als Petrus ſogar einen von die-
ſer Schaar verwundete, ſo unterſagte er ihnen dieſe Ge-
genwehr und heilte den verwundeten Knecht. Sein gan-
zes Verhalten bey der Gefangennehmung gab ſeine Frey-
willigkeit zu erkennen, mit welcher er ſich zum Heil der
Welt aufopferte. Soll ich den Kelch nicht trinken,
ſpricht er, den mir mein Vater gegeben hat? Und
welch ein bittrer, vollgemeßner Kelch war es, den ihm
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