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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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auserlesener Paßionslieder.
[Spaltenumbruch] ligkeit aus Gnaden mich wirst brin-
gen, dann will ich, dein Erlöseter
dich ewig und viel würdiger mit al-
len Seelgen loben.

6. Herr Jesu! deine Angst und
Pein, und dein betrübtes Leiden
laß meine letzte Zuflucht seyn, wenn
ich von hier soll scheiden. Ach, hilf
daß ich durch deinen Tod fein sanft
beschließe meine Noth, und selig
sterbe, Amen.

23. Mel. Herzliebster Jesu etc.

Herr, stärke mich, dein Leiden zu
bedenken, mich in das Meer
der Liebe zu versenken, die dich be-
wog, von aller Schuld des Bösen
uns zu erlösen.

2. Vereint mit Gott, ein Mensch
gleich uns, auf Erden, und bis
zum Tod am Kreuz gehorsam wer-
den: an unsrer statt gemartert und
geschlagen die Sünde tragen.

3. Welch wundervoll hochheili-
ges Geschäfte! Sinn ich ihm nach:
so zagen meine Kräfte, mein Herz
erbebt; ich seh und ich empfinde den
Fluch der Sünde.

4. Gott ist gerecht, ein Nächer
alles Vösen. Gott ist die Lieb, und
läßt die Welt erlösen: dieß kann
mein Geist, mit Schrecken und
Entzücken, am Kreuz erblicken.

5. Es schlägt den Stoltz und mein
Verdienst darnieder. Es stürtzt mich
tief, und es erhebt mich wieder;
lehrt mich mein Glück, macht mich
aus Gottes Feinde zu Gottes
Freunde.

6. O Herr, mein Heil, an des-
sen Blut ich glaube, ich liege hier,
vor dir gebückt im Staube, ver-
liere mich mit dankendem Gemüthe
in deine Güte.

7. Sie übersteigt die menschli-
chen Gedanken; allein solt ich da-
[Spaltenumbruch] rum im Glauben wanken? Ich bin
ein Mensch; darf der sich unterwin-
den Gott zu ergründen?

8. Das Größt' in Gott ist, Gnad
und Lieb erweisen; uns kömmt es
zu, sie demuthsvoll zu preisen, zu
sehn, wie hoch, wenn Gott uns
Gnad erzeiget, die Gnade steiget.

9. Laß deinen Geist mich stets,
mein Heiland lehren, dein göttlich
Kreuz im Glauben zu verehren;
daß ich, getren in dem Beruf der
Liebe, mich christlich übe.

10. Das Gute thun, das Böse
fliehn und meiden, Herr diese
Pflicht lehrt mich dein heilig Leiden.
Kann ich zugleich das Böse mir er-
lauben, und an dich glauben?

11. Da du dich selbst für mich
dahin gegeben, wie könnt ich noch
nach meinem Willen leben? und nicht
vielmehr, weil ich dir angehöre, zu
deiner Ehre?

12. Ich sollte nicht, wenn Lei-
den dieser Erden, wenn Kreuz mich
trift, gelaßnes Herzens werden;
da du so viel für uns, die wirs ver-
schuldet, liebreich erduldet?

13. Für welche du dein Leben
selbst gelaßen, wie könnt ich sie, sie
meine Brüder, haßen? und nicht
wie du, wenn sie mich untertreten,
für sie noch beten?

14. Ich will nicht Haß mit glei-
chem Haß vergelten; wenn man
mich schilt, nicht rächend wieder-
schelten. Du Heiliger, du Herr
und Haupt der Glieder, schaltst
auch nicht wieder.

15. Ein reines Herz, gleich dei-
nem edlen Herzen, dieß ist der Dank
für deines Kreuzes Schmerzen. Und
Gott giebt uns die Kraft in deinem
Namen, dir nachzuahmen.

16. Un-
U 2

auserleſener Paßionslieder.
[Spaltenumbruch] ligkeit aus Gnaden mich wirſt brin-
gen, dann will ich, dein Erlöſeter
dich ewig und viel würdiger mit al-
len Seelgen loben.

6. Herr Jeſu! deine Angſt und
Pein, und dein betrübtes Leiden
laß meine letzte Zuflucht ſeyn, wenn
ich von hier ſoll ſcheiden. Ach, hilf
daß ich durch deinen Tod fein ſanft
beſchließe meine Noth, und ſelig
ſterbe, Amen.

23. Mel. Herzliebſter Jeſu ꝛc.

Herr, ſtärke mich, dein Leiden zu
bedenken, mich in das Meer
der Liebe zu verſenken, die dich be-
wog, von aller Schuld des Böſen
uns zu erlöſen.

2. Vereint mit Gott, ein Menſch
gleich uns, auf Erden, und bis
zum Tod am Kreuz gehorſam wer-
den: an unſrer ſtatt gemartert und
geſchlagen die Sünde tragen.

3. Welch wundervoll hochheili-
ges Geſchäfte! Sinn ich ihm nach:
ſo zagen meine Kräfte, mein Herz
erbebt; ich ſeh und ich empfinde den
Fluch der Sünde.

4. Gott iſt gerecht, ein Nächer
alles Vöſen. Gott iſt die Lieb, und
läßt die Welt erlöſen: dieß kann
mein Geiſt, mit Schrecken und
Entzücken, am Kreuz erblicken.

5. Es ſchlägt den Stoltz und mein
Verdienſt darnieder. Es ſtürtzt mich
tief, und es erhebt mich wieder;
lehrt mich mein Glück, macht mich
aus Gottes Feinde zu Gottes
Freunde.

6. O Herr, mein Heil, an deſ-
ſen Blut ich glaube, ich liege hier,
vor dir gebückt im Staube, ver-
liere mich mit dankendem Gemüthe
in deine Güte.

7. Sie überſteigt die menſchli-
chen Gedanken; allein ſolt ich da-
[Spaltenumbruch] rum im Glauben wanken? Ich bin
ein Menſch; darf der ſich unterwin-
den Gott zu ergründen?

8. Das Größt’ in Gott iſt, Gnad
und Lieb erweiſen; uns kömmt es
zu, ſie demuthsvoll zu preiſen, zu
ſehn, wie hoch, wenn Gott uns
Gnad erzeiget, die Gnade ſteiget.

9. Laß deinen Geiſt mich ſtets,
mein Heiland lehren, dein göttlich
Kreuz im Glauben zu verehren;
daß ich, getren in dem Beruf der
Liebe, mich chriſtlich übe.

10. Das Gute thun, das Böſe
fliehn und meiden, Herr dieſe
Pflicht lehrt mich dein heilig Leiden.
Kann ich zugleich das Böſe mir er-
lauben, und an dich glauben?

11. Da du dich ſelbſt für mich
dahin gegeben, wie könnt ich noch
nach meinem Willen leben? und nicht
vielmehr, weil ich dir angehöre, zu
deiner Ehre?

12. Ich ſollte nicht, wenn Lei-
den dieſer Erden, wenn Kreuz mich
trift, gelaßnes Herzens werden;
da du ſo viel für uns, die wirs ver-
ſchuldet, liebreich erduldet?

13. Für welche du dein Leben
ſelbſt gelaßen, wie könnt ich ſie, ſie
meine Brüder, haßen? und nicht
wie du, wenn ſie mich untertreten,
für ſie noch beten?

14. Ich will nicht Haß mit glei-
chem Haß vergelten; wenn man
mich ſchilt, nicht rächend wieder-
ſchelten. Du Heiliger, du Herr
und Haupt der Glieder, ſchaltſt
auch nicht wieder.

15. Ein reines Herz, gleich dei-
nem edlen Herzen, dieß iſt der Dank
für deines Kreuzes Schmerzen. Und
Gott giebt uns die Kraft in deinem
Namen, dir nachzuahmen.

16. Un-
U 2
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[307/0329] auserleſener Paßionslieder. ligkeit aus Gnaden mich wirſt brin- gen, dann will ich, dein Erlöſeter dich ewig und viel würdiger mit al- len Seelgen loben. 6. Herr Jeſu! deine Angſt und Pein, und dein betrübtes Leiden laß meine letzte Zuflucht ſeyn, wenn ich von hier ſoll ſcheiden. Ach, hilf daß ich durch deinen Tod fein ſanft beſchließe meine Noth, und ſelig ſterbe, Amen. 23. Mel. Herzliebſter Jeſu ꝛc. Herr, ſtärke mich, dein Leiden zu bedenken, mich in das Meer der Liebe zu verſenken, die dich be- wog, von aller Schuld des Böſen uns zu erlöſen. 2. Vereint mit Gott, ein Menſch gleich uns, auf Erden, und bis zum Tod am Kreuz gehorſam wer- den: an unſrer ſtatt gemartert und geſchlagen die Sünde tragen. 3. Welch wundervoll hochheili- ges Geſchäfte! Sinn ich ihm nach: ſo zagen meine Kräfte, mein Herz erbebt; ich ſeh und ich empfinde den Fluch der Sünde. 4. Gott iſt gerecht, ein Nächer alles Vöſen. Gott iſt die Lieb, und läßt die Welt erlöſen: dieß kann mein Geiſt, mit Schrecken und Entzücken, am Kreuz erblicken. 5. Es ſchlägt den Stoltz und mein Verdienſt darnieder. Es ſtürtzt mich tief, und es erhebt mich wieder; lehrt mich mein Glück, macht mich aus Gottes Feinde zu Gottes Freunde. 6. O Herr, mein Heil, an deſ- ſen Blut ich glaube, ich liege hier, vor dir gebückt im Staube, ver- liere mich mit dankendem Gemüthe in deine Güte. 7. Sie überſteigt die menſchli- chen Gedanken; allein ſolt ich da- rum im Glauben wanken? Ich bin ein Menſch; darf der ſich unterwin- den Gott zu ergründen? 8. Das Größt’ in Gott iſt, Gnad und Lieb erweiſen; uns kömmt es zu, ſie demuthsvoll zu preiſen, zu ſehn, wie hoch, wenn Gott uns Gnad erzeiget, die Gnade ſteiget. 9. Laß deinen Geiſt mich ſtets, mein Heiland lehren, dein göttlich Kreuz im Glauben zu verehren; daß ich, getren in dem Beruf der Liebe, mich chriſtlich übe. 10. Das Gute thun, das Böſe fliehn und meiden, Herr dieſe Pflicht lehrt mich dein heilig Leiden. Kann ich zugleich das Böſe mir er- lauben, und an dich glauben? 11. Da du dich ſelbſt für mich dahin gegeben, wie könnt ich noch nach meinem Willen leben? und nicht vielmehr, weil ich dir angehöre, zu deiner Ehre? 12. Ich ſollte nicht, wenn Lei- den dieſer Erden, wenn Kreuz mich trift, gelaßnes Herzens werden; da du ſo viel für uns, die wirs ver- ſchuldet, liebreich erduldet? 13. Für welche du dein Leben ſelbſt gelaßen, wie könnt ich ſie, ſie meine Brüder, haßen? und nicht wie du, wenn ſie mich untertreten, für ſie noch beten? 14. Ich will nicht Haß mit glei- chem Haß vergelten; wenn man mich ſchilt, nicht rächend wieder- ſchelten. Du Heiliger, du Herr und Haupt der Glieder, ſchaltſt auch nicht wieder. 15. Ein reines Herz, gleich dei- nem edlen Herzen, dieß iſt der Dank für deines Kreuzes Schmerzen. Und Gott giebt uns die Kraft in deinem Namen, dir nachzuahmen. 16. Un- U 2

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/329>, abgerufen am 27.11.2024.