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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Zweyter Abschnitt.
Unwillen und bestrafte ihn deswegen. Und du, sagte er
zu ihm: fürchtest dich auch nicht vor Gott? Du
scheuest dich auch nicht, mit den Umstehenden die-
sen Mann zu verspotten, da du doch, wie er, auf
gleiche Art sterben mußt. Und für uns ist der Kreu-
zestod eine gerechte Strafe, da wir den Lohn unsrer
Verbrechen empfangen. Dieser aber, der von dir
gelästert wird, hat nichts verbrochen: ja nicht ein-
mal etwas Unanständiges begangen.

Praktische Anmerkungen.

1. Die Gottlosen bleiben auch unter der Empsindung der
Strafgerichte Gottes gefühlloß, ja sie vermehren noch ihre Ver-
schuldung durch neue Missethaten. Ein starker Beweis für die
ewige Dauer der Höllenstrafen!

2. Es ist die höchste Stufe der Bosheit und Verstockung,
wenn man noch am Rande des Grabes und bey der sichtbaren
Annäherung des Todes in seinen gewohnten Sünden fortfährt.

3. Es ist schwer, in den letzten Augenblicken des Lebens die
Fertigkeit im Sündigen abzulegen und sich aufrichtig zu bekehren.

4. Wer sich besleißiget, allezeit vor Gott zu wandeln, der
wird sich nie zum Spotten hinreissen lassen, sondern seine Zunge
im Zaum halten, daß er nicht Böses rede.

5. Es ist ein Beweis unserer Sinnesänderung, wenn wir
an den Seelen dererjenigen arbeiten, welche Mitgenossen unsrer
Bosheit waren.

6. Bey allen Trübsalen, die wir erdulden, müssen wir immer
bedenken, daß wir dieselben verschuldet haben.

7. Wenn es jemals nöthig ist, seine Sünden lebendig zu er-
kennen, so muß es alsdenn geschehen, wenn wir im Begriffe
sind, vor den Richterstuhl Jesu zu treten.

8. Eine der Hauptpflichten im Tode ist: wo wir jemand belei-
diget oder geärgert haben, dessen Aussöhnung und Besserung zu
suchen; wo wir beleidiget worden sind, zur Versöhnung willig zu
seyn, und keine Zeit zu versäumen, andre zu ermuntern oder zu
segnen.

45. Be-

Zweyter Abſchnitt.
Unwillen und beſtrafte ihn deswegen. Und du, ſagte er
zu ihm: fürchteſt dich auch nicht vor Gott? Du
ſcheueſt dich auch nicht, mit den Umſtehenden die-
ſen Mann zu verſpotten, da du doch, wie er, auf
gleiche Art ſterben mußt. Und für uns iſt der Kreu-
zestod eine gerechte Strafe, da wir den Lohn unſrer
Verbrechen empfangen. Dieſer aber, der von dir
geläſtert wird, hat nichts verbrochen: ja nicht ein-
mal etwas Unanſtändiges begangen.

Praktiſche Anmerkungen.

1. Die Gottloſen bleiben auch unter der Empſindung der
Strafgerichte Gottes gefühlloß, ja ſie vermehren noch ihre Ver-
ſchuldung durch neue Miſſethaten. Ein ſtarker Beweis für die
ewige Dauer der Höllenſtrafen!

2. Es iſt die höchſte Stufe der Bosheit und Verſtockung,
wenn man noch am Rande des Grabes und bey der ſichtbaren
Annäherung des Todes in ſeinen gewohnten Sünden fortfährt.

3. Es iſt ſchwer, in den letzten Augenblicken des Lebens die
Fertigkeit im Sündigen abzulegen und ſich aufrichtig zu bekehren.

4. Wer ſich beſleißiget, allezeit vor Gott zu wandeln, der
wird ſich nie zum Spotten hinreiſſen laſſen, ſondern ſeine Zunge
im Zaum halten, daß er nicht Böſes rede.

5. Es iſt ein Beweis unſerer Sinnesänderung, wenn wir
an den Seelen dererjenigen arbeiten, welche Mitgenoſſen unſrer
Bosheit waren.

6. Bey allen Trübſalen, die wir erdulden, müſſen wir immer
bedenken, daß wir dieſelben verſchuldet haben.

7. Wenn es jemals nöthig iſt, ſeine Sünden lebendig zu er-
kennen, ſo muß es alsdenn geſchehen, wenn wir im Begriffe
ſind, vor den Richterſtuhl Jeſu zu treten.

8. Eine der Hauptpflichten im Tode iſt: wo wir jemand belei-
diget oder geärgert haben, deſſen Ausſöhnung und Beſſerung zu
ſuchen; wo wir beleidiget worden ſind, zur Verſöhnung willig zu
ſeyn, und keine Zeit zu verſäumen, andre zu ermuntern oder zu
ſegnen.

45. Be-
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[278/0300] Zweyter Abſchnitt. Unwillen und beſtrafte ihn deswegen. Und du, ſagte er zu ihm: fürchteſt dich auch nicht vor Gott? Du ſcheueſt dich auch nicht, mit den Umſtehenden die- ſen Mann zu verſpotten, da du doch, wie er, auf gleiche Art ſterben mußt. Und für uns iſt der Kreu- zestod eine gerechte Strafe, da wir den Lohn unſrer Verbrechen empfangen. Dieſer aber, der von dir geläſtert wird, hat nichts verbrochen: ja nicht ein- mal etwas Unanſtändiges begangen. Praktiſche Anmerkungen. 1. Die Gottloſen bleiben auch unter der Empſindung der Strafgerichte Gottes gefühlloß, ja ſie vermehren noch ihre Ver- ſchuldung durch neue Miſſethaten. Ein ſtarker Beweis für die ewige Dauer der Höllenſtrafen! 2. Es iſt die höchſte Stufe der Bosheit und Verſtockung, wenn man noch am Rande des Grabes und bey der ſichtbaren Annäherung des Todes in ſeinen gewohnten Sünden fortfährt. 3. Es iſt ſchwer, in den letzten Augenblicken des Lebens die Fertigkeit im Sündigen abzulegen und ſich aufrichtig zu bekehren. 4. Wer ſich beſleißiget, allezeit vor Gott zu wandeln, der wird ſich nie zum Spotten hinreiſſen laſſen, ſondern ſeine Zunge im Zaum halten, daß er nicht Böſes rede. 5. Es iſt ein Beweis unſerer Sinnesänderung, wenn wir an den Seelen dererjenigen arbeiten, welche Mitgenoſſen unſrer Bosheit waren. 6. Bey allen Trübſalen, die wir erdulden, müſſen wir immer bedenken, daß wir dieſelben verſchuldet haben. 7. Wenn es jemals nöthig iſt, ſeine Sünden lebendig zu er- kennen, ſo muß es alsdenn geſchehen, wenn wir im Begriffe ſind, vor den Richterſtuhl Jeſu zu treten. 8. Eine der Hauptpflichten im Tode iſt: wo wir jemand belei- diget oder geärgert haben, deſſen Ausſöhnung und Beſſerung zu ſuchen; wo wir beleidiget worden ſind, zur Verſöhnung willig zu ſeyn, und keine Zeit zu verſäumen, andre zu ermuntern oder zu ſegnen. 45. Be-

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/300>, abgerufen am 22.11.2024.