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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Von dem Leiden Jesu selbst.
40. Fürbitte Jesu für seine Feinde.

Jesus überließ sich seinen Feinden mit völliger Erge-
bung in den Willen seines Vaters. Man hörte keine Dro-
hungen von ihm, als die Soldaten seine Hände und Füsse
durchbohrten. Ja vielmehr, während den Mißhandlun-
gen, die ihm widerfuhren, betete er für seine Feinde:
Vater, sprach er, vergib ihnen ihre Versündigung:
denn sie wissen nicht, was sie thun: sie bedenken
weder die Beschaffenheit ihrer Handlung, noch
die Heiligkeit der Person, an der sie sich ver-
schulden.

Praktische Anmerkungen.

1. In welcher seligen Gemüthsfassung litt mein Heiland, da
er auch unter den heftigsten Schmerzen seinem Vater treu blieb!
O! warum wollte ich unter den kleinen Trübsalen, die mir be-
gegnen, weniger treu seyn?

2. Gewiß ein überschwenglicher Trost, daß ich, wenn ich von
allen Menschen verlassen bin, doch immer das Recht habe, mich
zu Gott, als meinem Vater zu wenden.

3. Dem Erlöser war die Rettung der Menschen theurer, als
seine eigne Wohlfahrt. Und hierinn besteht das Kennzeichen ei-
nes wahren Christen.

4. Die Unwissenheit hat oft grossen Antheil an den Versündi-
gungen der Menschen, sowohl gegen Gott, als gegen andre.

5. An Jesu habe ich einen barmherzigen Hohenpriester und
Fürsprecher bey dem Vater.

6. Ich bin auch in dis Gebet meines leidenden Jesu einge-
schlossen, und seiner Fürbitte habe ich noch die Gnadenfrist, die
mir geschenkt ist, zu danken.

7. Jesus hat mir hierinn ein Fürbild der Sanftmuth hinter-
lassen, dem ich nachfolgen soll.

41. Ueberschrift des Kreuzes Jesu.

Die Römer hatten die Gewohnheit, daß, wenn je-
mand zum Tode gebracht wurde, die Ursache seiner Hin-

rich-
Sturms Leidensgeschichte. S
Von dem Leiden Jeſu ſelbſt.
40. Fürbitte Jeſu für ſeine Feinde.

Jeſus überließ ſich ſeinen Feinden mit völliger Erge-
bung in den Willen ſeines Vaters. Man hörte keine Dro-
hungen von ihm, als die Soldaten ſeine Hände und Füſſe
durchbohrten. Ja vielmehr, während den Mißhandlun-
gen, die ihm widerfuhren, betete er für ſeine Feinde:
Vater, ſprach er, vergib ihnen ihre Verſündigung:
denn ſie wiſſen nicht, was ſie thun: ſie bedenken
weder die Beſchaffenheit ihrer Handlung, noch
die Heiligkeit der Perſon, an der ſie ſich ver-
ſchulden.

Praktiſche Anmerkungen.

1. In welcher ſeligen Gemüthsfaſſung litt mein Heiland, da
er auch unter den heftigſten Schmerzen ſeinem Vater treu blieb!
O! warum wollte ich unter den kleinen Trübſalen, die mir be-
gegnen, weniger treu ſeyn?

2. Gewiß ein überſchwenglicher Troſt, daß ich, wenn ich von
allen Menſchen verlaſſen bin, doch immer das Recht habe, mich
zu Gott, als meinem Vater zu wenden.

3. Dem Erlöſer war die Rettung der Menſchen theurer, als
ſeine eigne Wohlfahrt. Und hierinn beſteht das Kennzeichen ei-
nes wahren Chriſten.

4. Die Unwiſſenheit hat oft groſſen Antheil an den Verſündi-
gungen der Menſchen, ſowohl gegen Gott, als gegen andre.

5. An Jeſu habe ich einen barmherzigen Hohenprieſter und
Fürſprecher bey dem Vater.

6. Ich bin auch in dis Gebet meines leidenden Jeſu einge-
ſchloſſen, und ſeiner Fürbitte habe ich noch die Gnadenfriſt, die
mir geſchenkt iſt, zu danken.

7. Jeſus hat mir hierinn ein Fürbild der Sanftmuth hinter-
laſſen, dem ich nachfolgen ſoll.

41. Ueberſchrift des Kreuzes Jeſu.

Die Römer hatten die Gewohnheit, daß, wenn je-
mand zum Tode gebracht wurde, die Urſache ſeiner Hin-

rich-
Sturms Leidensgeſchichte. S
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[273/0295] Von dem Leiden Jeſu ſelbſt. 40. Fürbitte Jeſu für ſeine Feinde. Jeſus überließ ſich ſeinen Feinden mit völliger Erge- bung in den Willen ſeines Vaters. Man hörte keine Dro- hungen von ihm, als die Soldaten ſeine Hände und Füſſe durchbohrten. Ja vielmehr, während den Mißhandlun- gen, die ihm widerfuhren, betete er für ſeine Feinde: Vater, ſprach er, vergib ihnen ihre Verſündigung: denn ſie wiſſen nicht, was ſie thun: ſie bedenken weder die Beſchaffenheit ihrer Handlung, noch die Heiligkeit der Perſon, an der ſie ſich ver- ſchulden. Praktiſche Anmerkungen. 1. In welcher ſeligen Gemüthsfaſſung litt mein Heiland, da er auch unter den heftigſten Schmerzen ſeinem Vater treu blieb! O! warum wollte ich unter den kleinen Trübſalen, die mir be- gegnen, weniger treu ſeyn? 2. Gewiß ein überſchwenglicher Troſt, daß ich, wenn ich von allen Menſchen verlaſſen bin, doch immer das Recht habe, mich zu Gott, als meinem Vater zu wenden. 3. Dem Erlöſer war die Rettung der Menſchen theurer, als ſeine eigne Wohlfahrt. Und hierinn beſteht das Kennzeichen ei- nes wahren Chriſten. 4. Die Unwiſſenheit hat oft groſſen Antheil an den Verſündi- gungen der Menſchen, ſowohl gegen Gott, als gegen andre. 5. An Jeſu habe ich einen barmherzigen Hohenprieſter und Fürſprecher bey dem Vater. 6. Ich bin auch in dis Gebet meines leidenden Jeſu einge- ſchloſſen, und ſeiner Fürbitte habe ich noch die Gnadenfriſt, die mir geſchenkt iſt, zu danken. 7. Jeſus hat mir hierinn ein Fürbild der Sanftmuth hinter- laſſen, dem ich nachfolgen ſoll. 41. Ueberſchrift des Kreuzes Jeſu. Die Römer hatten die Gewohnheit, daß, wenn je- mand zum Tode gebracht wurde, die Urſache ſeiner Hin- rich- Sturms Leidensgeſchichte. S

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/295>, abgerufen am 22.11.2024.