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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Zweyter Abschnitt.
des Kreuzes bevestigte Holz. Seine Hände und Füsse
wurden fest gebunden und nachgehends angenagelt. Auf
gleiche Art wurden zween Uebelthäter gekreuziget, die we-
gen begangener Mordthaten und Strassenraub zu dieser
Todesstrafe verurtheilt worden waren. Sie setzten das
Kreuz des einen zur Rechten des Erlösers, das Kreuz des
andern zu seiner Linken. Jesus hieng also zwischen zween
Mördern. Die Soldaten thaten diß zu seiner Beschimpfung,
indem sie dadurch zu erkennen geben wollten, daß sie ihn
für den größten Missethäter hielten. Aber eben dadurch
wurde auf eine merkwürdige Art die Weissagung erfüllet:
Er ist den Uebelthätern gleich gerechnet worden.
Es war die dritte Stunde, oder nach unserer Uhr, ohnge-
fähr neun Uhr, als man Jesum kreuzigte.

Praktische Anmerkungen.

1. Es war ein Stück der Erniedrigung Jesu, daß sein letztes
Labsal so elend war.

2. Die Weigerung Jesu, den ihn gereichten Trank zu sich zu
nehmen; beweist die grosse Willigkeit, mit welcher er alle
Schmerzen übernahm.

3. Jesus der Gekreuzigte ist für meinen Glauben ein tröstlicher
Anblick, weil ich ihn für den erkennen kann, der meinen Fluch
trägt und mir den Segen erwirbt.

4. Obgleich Pilatus und das jüdische Volk bey der Kreuzigung
Jesu ihre blutdürstigen Absichten erfüllten, so konnten sie doch
nichts anders thun, als was von Gott beschlossen worden war.

5. Das Kreuz Jesu sey mir ein Denkmahl seiner Liebe, und
die Wissenschaft, deren ich mich vorzüglich rühmen müsse.

6. Das Kreuz Jesu treibe mich an, die Sünde und die Welt
zu verläugnen.

7. Hier litten drey Personen einerley Strafe, da doch nach
eines jeden Gemüthsbeschaffenheit das Leiden eine andre Gestalt
gewann.

40. Für-

Zweyter Abſchnitt.
des Kreuzes beveſtigte Holz. Seine Hände und Füſſe
wurden feſt gebunden und nachgehends angenagelt. Auf
gleiche Art wurden zween Uebelthäter gekreuziget, die we-
gen begangener Mordthaten und Straſſenraub zu dieſer
Todesſtrafe verurtheilt worden waren. Sie ſetzten das
Kreuz des einen zur Rechten des Erlöſers, das Kreuz des
andern zu ſeiner Linken. Jeſus hieng alſo zwiſchen zween
Mördern. Die Soldaten thaten diß zu ſeiner Beſchimpfung,
indem ſie dadurch zu erkennen geben wollten, daß ſie ihn
für den größten Miſſethäter hielten. Aber eben dadurch
wurde auf eine merkwürdige Art die Weiſſagung erfüllet:
Er iſt den Uebelthätern gleich gerechnet worden.
Es war die dritte Stunde, oder nach unſerer Uhr, ohnge-
fähr neun Uhr, als man Jeſum kreuzigte.

Praktiſche Anmerkungen.

1. Es war ein Stück der Erniedrigung Jeſu, daß ſein letztes
Labſal ſo elend war.

2. Die Weigerung Jeſu, den ihn gereichten Trank zu ſich zu
nehmen; beweiſt die groſſe Willigkeit, mit welcher er alle
Schmerzen übernahm.

3. Jeſus der Gekreuzigte iſt für meinen Glauben ein tröſtlicher
Anblick, weil ich ihn für den erkennen kann, der meinen Fluch
trägt und mir den Segen erwirbt.

4. Obgleich Pilatus und das jüdiſche Volk bey der Kreuzigung
Jeſu ihre blutdürſtigen Abſichten erfüllten, ſo konnten ſie doch
nichts anders thun, als was von Gott beſchloſſen worden war.

5. Das Kreuz Jeſu ſey mir ein Denkmahl ſeiner Liebe, und
die Wiſſenſchaft, deren ich mich vorzüglich rühmen müſſe.

6. Das Kreuz Jeſu treibe mich an, die Sünde und die Welt
zu verläugnen.

7. Hier litten drey Perſonen einerley Strafe, da doch nach
eines jeden Gemüthsbeſchaffenheit das Leiden eine andre Geſtalt
gewann.

40. Für-
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[272/0294] Zweyter Abſchnitt. des Kreuzes beveſtigte Holz. Seine Hände und Füſſe wurden feſt gebunden und nachgehends angenagelt. Auf gleiche Art wurden zween Uebelthäter gekreuziget, die we- gen begangener Mordthaten und Straſſenraub zu dieſer Todesſtrafe verurtheilt worden waren. Sie ſetzten das Kreuz des einen zur Rechten des Erlöſers, das Kreuz des andern zu ſeiner Linken. Jeſus hieng alſo zwiſchen zween Mördern. Die Soldaten thaten diß zu ſeiner Beſchimpfung, indem ſie dadurch zu erkennen geben wollten, daß ſie ihn für den größten Miſſethäter hielten. Aber eben dadurch wurde auf eine merkwürdige Art die Weiſſagung erfüllet: Er iſt den Uebelthätern gleich gerechnet worden. Es war die dritte Stunde, oder nach unſerer Uhr, ohnge- fähr neun Uhr, als man Jeſum kreuzigte. Praktiſche Anmerkungen. 1. Es war ein Stück der Erniedrigung Jeſu, daß ſein letztes Labſal ſo elend war. 2. Die Weigerung Jeſu, den ihn gereichten Trank zu ſich zu nehmen; beweiſt die groſſe Willigkeit, mit welcher er alle Schmerzen übernahm. 3. Jeſus der Gekreuzigte iſt für meinen Glauben ein tröſtlicher Anblick, weil ich ihn für den erkennen kann, der meinen Fluch trägt und mir den Segen erwirbt. 4. Obgleich Pilatus und das jüdiſche Volk bey der Kreuzigung Jeſu ihre blutdürſtigen Abſichten erfüllten, ſo konnten ſie doch nichts anders thun, als was von Gott beſchloſſen worden war. 5. Das Kreuz Jeſu ſey mir ein Denkmahl ſeiner Liebe, und die Wiſſenſchaft, deren ich mich vorzüglich rühmen müſſe. 6. Das Kreuz Jeſu treibe mich an, die Sünde und die Welt zu verläugnen. 7. Hier litten drey Perſonen einerley Strafe, da doch nach eines jeden Gemüthsbeſchaffenheit das Leiden eine andre Geſtalt gewann. 40. Für-

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/294>, abgerufen am 22.11.2024.