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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Von dem Leiden Jesu selbst.

2. Wenn ich bey allen guten Verdiensten um die Welt den-
noch als ein Uebelthäter betrachtet oder behandelt werde: so sey
es mein Trost, daß der größte Wohlthäter des ganzen mensch-
lichen Geschlechts ein gleiches Schicksal erfahren müssen.

3. Auch die Art meines Todes ist von Gott bestimmt. Ob
ich auf dem Siechbette, oder auf andre Art sterben werde, die-
ses ist alles von meinem himmlischen Vater zuvor versehen
worden.

4. Es dient zur Stärkung meines Glaubens, daß ich sehe,
wie in allen Umständen eine weise Vorsehung über Jesum ge-
waltet hat.

5. Je unverschämter und boshafter die Anklage der Jüden
war, desto einleuchtender ist die Unschuld Jesu.

25. Bekenntniß Jesu vor Pilato.

Nachdem die Juden diese Klage vorgebracht hatten, so
gieng Pilatus wieder in seinen Pallast, und stellte mit Je-
su ein besondres Verhör an, um zu erfahren, ob er wirk-
lich des Hochverraths schuldig wäre. Er fragte ihn da-
her: Bist du der König der Jüden? Jesus antwor-
tete: Hast du irgend etwas in meinem Wandel ent-
deckt, daß dich auf diese Vermuthung bringen könn-
te? Oder thust du nur deswegen diese Frage,
weil mich der hohe Rath dessen beschuldiget hat?

Pilatus erwiederte hierauf mit einigem Unwillen: Bin
ich den nein Jude, von dem du voraussetzen könn-
test, daß er sich um dergleichen Dinge bekümmern
werde? Genug, dein Volk und noch dazu der
Oberpriester haben dich meinen Händen überlie-
fert. Sage also, was hast du verbrochen?
Je-
sus gab zur Antwort: Es ist wahr, ich bin ein
König; aber mein Reich ist nicht von derjenigen
Beschaffenheit, von welcher irdische Reiche sind.
Wäre es von der Art weltlicher Königreiche, so

hät-
Von dem Leiden Jeſu ſelbſt.

2. Wenn ich bey allen guten Verdienſten um die Welt den-
noch als ein Uebelthäter betrachtet oder behandelt werde: ſo ſey
es mein Troſt, daß der größte Wohlthäter des ganzen menſch-
lichen Geſchlechts ein gleiches Schickſal erfahren müſſen.

3. Auch die Art meines Todes iſt von Gott beſtimmt. Ob
ich auf dem Siechbette, oder auf andre Art ſterben werde, die-
ſes iſt alles von meinem himmliſchen Vater zuvor verſehen
worden.

4. Es dient zur Stärkung meines Glaubens, daß ich ſehe,
wie in allen Umſtänden eine weiſe Vorſehung über Jeſum ge-
waltet hat.

5. Je unverſchämter und boshafter die Anklage der Jüden
war, deſto einleuchtender iſt die Unſchuld Jeſu.

25. Bekenntniß Jeſu vor Pilato.

Nachdem die Juden dieſe Klage vorgebracht hatten, ſo
gieng Pilatus wieder in ſeinen Pallaſt, und ſtellte mit Je-
ſu ein beſondres Verhör an, um zu erfahren, ob er wirk-
lich des Hochverraths ſchuldig wäre. Er fragte ihn da-
her: Biſt du der König der Jüden? Jeſus antwor-
tete: Haſt du irgend etwas in meinem Wandel ent-
deckt, daß dich auf dieſe Vermuthung bringen könn-
te? Oder thuſt du nur deswegen dieſe Frage,
weil mich der hohe Rath deſſen beſchuldiget hat?

Pilatus erwiederte hierauf mit einigem Unwillen: Bin
ich den nein Jude, von dem du vorausſetzen könn-
teſt, daß er ſich um dergleichen Dinge bekümmern
werde? Genug, dein Volk und noch dazu der
Oberprieſter haben dich meinen Händen überlie-
fert. Sage alſo, was haſt du verbrochen?
Je-
ſus gab zur Antwort: Es iſt wahr, ich bin ein
König; aber mein Reich iſt nicht von derjenigen
Beſchaffenheit, von welcher irdiſche Reiche ſind.
Wäre es von der Art weltlicher Königreiche, ſo

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[253/0275] Von dem Leiden Jeſu ſelbſt. 2. Wenn ich bey allen guten Verdienſten um die Welt den- noch als ein Uebelthäter betrachtet oder behandelt werde: ſo ſey es mein Troſt, daß der größte Wohlthäter des ganzen menſch- lichen Geſchlechts ein gleiches Schickſal erfahren müſſen. 3. Auch die Art meines Todes iſt von Gott beſtimmt. Ob ich auf dem Siechbette, oder auf andre Art ſterben werde, die- ſes iſt alles von meinem himmliſchen Vater zuvor verſehen worden. 4. Es dient zur Stärkung meines Glaubens, daß ich ſehe, wie in allen Umſtänden eine weiſe Vorſehung über Jeſum ge- waltet hat. 5. Je unverſchämter und boshafter die Anklage der Jüden war, deſto einleuchtender iſt die Unſchuld Jeſu. 25. Bekenntniß Jeſu vor Pilato. Nachdem die Juden dieſe Klage vorgebracht hatten, ſo gieng Pilatus wieder in ſeinen Pallaſt, und ſtellte mit Je- ſu ein beſondres Verhör an, um zu erfahren, ob er wirk- lich des Hochverraths ſchuldig wäre. Er fragte ihn da- her: Biſt du der König der Jüden? Jeſus antwor- tete: Haſt du irgend etwas in meinem Wandel ent- deckt, daß dich auf dieſe Vermuthung bringen könn- te? Oder thuſt du nur deswegen dieſe Frage, weil mich der hohe Rath deſſen beſchuldiget hat? Pilatus erwiederte hierauf mit einigem Unwillen: Bin ich den nein Jude, von dem du vorausſetzen könn- teſt, daß er ſich um dergleichen Dinge bekümmern werde? Genug, dein Volk und noch dazu der Oberprieſter haben dich meinen Händen überlie- fert. Sage alſo, was haſt du verbrochen? Je- ſus gab zur Antwort: Es iſt wahr, ich bin ein König; aber mein Reich iſt nicht von derjenigen Beſchaffenheit, von welcher irdiſche Reiche ſind. Wäre es von der Art weltlicher Königreiche, ſo hät-

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/275>, abgerufen am 25.11.2024.