5. Jesus überlies sich ohne Widerrede der Bosheit und Ver spottung seiner Feinde. Warum sollte ich nicht vielmehr bey den kleinen Beleidigungen, die mir widerfahren, Sanftmuth und Geduld ausüben?
19. Zwote Verläugnung Petri.
Bald nachher, als Petrus Jesum zum erstenmale verläugnet hatte, gieng er von dem Kohlfeuer weg, und schlich sich zur Thüre des Vorhofes, um einen so gefähr- lichen Ort ganz zu verlassen. Als er eben an der Thür stand, krähete der Hahn. Er befand sich in der größten Verlegenheit, besonders weil er die Thüre verschlossen fand, und sich nicht getrauete, jemand zu bitten, sie ihm zu öf- nen. Endlich hielt ers für das Beste, an seinen vorigen Ort wieder zurück zu gehen. So bald die Pförtnerin, die ihn schon einmal auf die Probe gestellt hatte, seiner wieder ansichtig wurde, so sagte sie abermal zu der Gesellschaft, die um das Feuer saß: Ich kann es mir nicht anders vorstellen, als daß dieser Mensch einer von denen seyn müsse, die es mit Jesu von Nazareth gehalten. Es gab ihr hierinn eine andre Magd des Hohenpriesters Beyfall. Die Gerichtsdiener fiengen hierauf an, ihn ge- nauer zu beobachten. Wie? sprachen sie, ist das wahr? bist du einer von denen, die es mit Jesu halten? Petrus sagte: ich bin der gar nicht, für den ihr mich haltet; ja ich kenne nicht einmal diesen Menschen. Um dieses Geständniß noch glaubwürdiger zu machen, be- theuerte er es mit einem Schwure bey dem lebendigen Gott.
Praktische Anmerkungen.
1. Das Fleisch gelüstet wider den Geist, und der Geist wider das Fleisch.
2. In welche Verlegenheit, Unruhe und Sorgen stürzet sich ein Mensch, der sich von der Sünde beherrschen läßt.
3. Je
Zweyter Abſchnitt.
5. Jeſus überlies ſich ohne Widerrede der Bosheit und Ver ſpottung ſeiner Feinde. Warum ſollte ich nicht vielmehr bey den kleinen Beleidigungen, die mir widerfahren, Sanftmuth und Geduld ausüben?
19. Zwote Verläugnung Petri.
Bald nachher, als Petrus Jeſum zum erſtenmale verläugnet hatte, gieng er von dem Kohlfeuer weg, und ſchlich ſich zur Thüre des Vorhofes, um einen ſo gefähr- lichen Ort ganz zu verlaſſen. Als er eben an der Thür ſtand, krähete der Hahn. Er befand ſich in der größten Verlegenheit, beſonders weil er die Thüre verſchloſſen fand, und ſich nicht getrauete, jemand zu bitten, ſie ihm zu öf- nen. Endlich hielt ers für das Beſte, an ſeinen vorigen Ort wieder zurück zu gehen. So bald die Pförtnerin, die ihn ſchon einmal auf die Probe geſtellt hatte, ſeiner wieder anſichtig wurde, ſo ſagte ſie abermal zu der Geſellſchaft, die um das Feuer ſaß: Ich kann es mir nicht anders vorſtellen, als daß dieſer Menſch einer von denen ſeyn müſſe, die es mit Jeſu von Nazareth gehalten. Es gab ihr hierinn eine andre Magd des Hohenprieſters Beyfall. Die Gerichtsdiener fiengen hierauf an, ihn ge- nauer zu beobachten. Wie? ſprachen ſie, iſt das wahr? biſt du einer von denen, die es mit Jeſu halten? Petrus ſagte: ich bin der gar nicht, für den ihr mich haltet; ja ich kenne nicht einmal dieſen Menſchen. Um dieſes Geſtändniß noch glaubwürdiger zu machen, be- theuerte er es mit einem Schwure bey dem lebendigen Gott.
Praktiſche Anmerkungen.
1. Das Fleiſch gelüſtet wider den Geiſt, und der Geiſt wider das Fleiſch.
2. In welche Verlegenheit, Unruhe und Sorgen ſtürzet ſich ein Menſch, der ſich von der Sünde beherrſchen läßt.
3. Je
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Zweyter Abſchnitt.
5. Jeſus überlies ſich ohne Widerrede der Bosheit und Ver
ſpottung ſeiner Feinde. Warum ſollte ich nicht vielmehr bey
den kleinen Beleidigungen, die mir widerfahren, Sanftmuth und
Geduld ausüben?
19. Zwote Verläugnung Petri.
Bald nachher, als Petrus Jeſum zum erſtenmale
verläugnet hatte, gieng er von dem Kohlfeuer weg, und
ſchlich ſich zur Thüre des Vorhofes, um einen ſo gefähr-
lichen Ort ganz zu verlaſſen. Als er eben an der Thür
ſtand, krähete der Hahn. Er befand ſich in der größten
Verlegenheit, beſonders weil er die Thüre verſchloſſen fand,
und ſich nicht getrauete, jemand zu bitten, ſie ihm zu öf-
nen. Endlich hielt ers für das Beſte, an ſeinen vorigen
Ort wieder zurück zu gehen. So bald die Pförtnerin, die
ihn ſchon einmal auf die Probe geſtellt hatte, ſeiner wieder
anſichtig wurde, ſo ſagte ſie abermal zu der Geſellſchaft,
die um das Feuer ſaß: Ich kann es mir nicht anders
vorſtellen, als daß dieſer Menſch einer von denen
ſeyn müſſe, die es mit Jeſu von Nazareth gehalten.
Es gab ihr hierinn eine andre Magd des Hohenprieſters
Beyfall. Die Gerichtsdiener fiengen hierauf an, ihn ge-
nauer zu beobachten. Wie? ſprachen ſie, iſt das wahr?
biſt du einer von denen, die es mit Jeſu halten?
Petrus ſagte: ich bin der gar nicht, für den ihr mich
haltet; ja ich kenne nicht einmal dieſen Menſchen.
Um dieſes Geſtändniß noch glaubwürdiger zu machen, be-
theuerte er es mit einem Schwure bey dem lebendigen
Gott.
Praktiſche Anmerkungen.
1. Das Fleiſch gelüſtet wider den Geiſt, und der Geiſt wider
das Fleiſch.
2. In welche Verlegenheit, Unruhe und Sorgen ſtürzet ſich
ein Menſch, der ſich von der Sünde beherrſchen läßt.
3. Je
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/266>, abgerufen am 16.02.2025.
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