2. Es ist was sehr gewöhnliches, unschuldige Handlungen mit argem Verdachte zu belegen.
3. Ein gutes Gewissen ist die einzige Quelle einer wahren Freymüthigkeit.
4. Wer arges thut, scheuet das Licht; wer aber die Wahr- heit redet und thut, darf sich nicht scheuen, seine Worte und Werke offenbar werden zu lassen.
5. Die Geduld Jesu bey der erlittnen Schmach, ist die sicht- barste Erfüllung der Vorschriften, welche Jesus seinen Jüngern ertheilt hatte.
6. Aus dem Betragen Jesu erhellet, daß es keinesweges un- tersagt sey, seine öffentlich verletzte Ehre auf eine vernünftige Weise zu vertheidigen.
15. Abhörung falscher Zeugen gegen Jesum.
Da nun durch diese Vertheidigung Jesu alle Anschlä- ge der Feinde auf einmal vernichtet waren: so war man auf ein anderes Mittel bedacht, den Mordanschlag gegen das Leben Jesu auszuführen. Die Hohenpriester, die Aelte- sten und sämtliche Mitglieder des hohen Raths bewarben sich nunmehr um falsche Zeugnisse wider Jesum. Es fan- den sich auch wirklich verschiedene ein, die falsche Zeugen abgeben wollten. Man verhörte sie, einen nach dem an- dern; allein ihre Aussagen waren ihnen zu ihrer Absicht nicht behülflich. Denn theils waren sie nicht von der Cr- heblichkeit, daß sie auch nur mit einigem Schein ein To- desurtheil darauf hätten gründen können; theils stimmten sie nicht mit einander überein, welches doch das Gesetz er- forderte, dem sie äusserlich gemäß zu handeln scheinen woll- ten. Endlich traten zween Zeugen wider Jesum auf, de- ren Aussage wichtiger zu seyn schien. Der eine bezeugte, Jesus habe gesagt: ich kann den Tempel Gottes ab- brechen, und in dreyen Tagen einen andern bauen.
Der
Von dem Leiden Jeſu ſelbſt.
ſchüchternen Zurückhaltung verleiten laſſe!
2. Es iſt was ſehr gewöhnliches, unſchuldige Handlungen mit argem Verdachte zu belegen.
3. Ein gutes Gewiſſen iſt die einzige Quelle einer wahren Freymüthigkeit.
4. Wer arges thut, ſcheuet das Licht; wer aber die Wahr- heit redet und thut, darf ſich nicht ſcheuen, ſeine Worte und Werke offenbar werden zu laſſen.
5. Die Geduld Jeſu bey der erlittnen Schmach, iſt die ſicht- barſte Erfüllung der Vorſchriften, welche Jeſus ſeinen Jüngern ertheilt hatte.
6. Aus dem Betragen Jeſu erhellet, daß es keinesweges un- terſagt ſey, ſeine öffentlich verletzte Ehre auf eine vernünftige Weiſe zu vertheidigen.
15. Abhörung falſcher Zeugen gegen Jeſum.
Da nun durch dieſe Vertheidigung Jeſu alle Anſchlä- ge der Feinde auf einmal vernichtet waren: ſo war man auf ein anderes Mittel bedacht, den Mordanſchlag gegen das Leben Jeſu auszuführen. Die Hohenprieſter, die Aelte- ſten und ſämtliche Mitglieder des hohen Raths bewarben ſich nunmehr um falſche Zeugniſſe wider Jeſum. Es fan- den ſich auch wirklich verſchiedene ein, die falſche Zeugen abgeben wollten. Man verhörte ſie, einen nach dem an- dern; allein ihre Auſſagen waren ihnen zu ihrer Abſicht nicht behülflich. Denn theils waren ſie nicht von der Cr- heblichkeit, daß ſie auch nur mit einigem Schein ein To- desurtheil darauf hätten gründen können; theils ſtimmten ſie nicht mit einander überein, welches doch das Geſetz er- forderte, dem ſie äuſſerlich gemäß zu handeln ſcheinen woll- ten. Endlich traten zween Zeugen wider Jeſum auf, de- ren Auſſage wichtiger zu ſeyn ſchien. Der eine bezeugte, Jeſus habe geſagt: ich kann den Tempel Gottes ab- brechen, und in dreyen Tagen einen andern bauen.
Der
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Von dem Leiden Jeſu ſelbſt.
ſchüchternen Zurückhaltung verleiten laſſe!
2. Es iſt was ſehr gewöhnliches, unſchuldige Handlungen
mit argem Verdachte zu belegen.
3. Ein gutes Gewiſſen iſt die einzige Quelle einer wahren
Freymüthigkeit.
4. Wer arges thut, ſcheuet das Licht; wer aber die Wahr-
heit redet und thut, darf ſich nicht ſcheuen, ſeine Worte und
Werke offenbar werden zu laſſen.
5. Die Geduld Jeſu bey der erlittnen Schmach, iſt die ſicht-
barſte Erfüllung der Vorſchriften, welche Jeſus ſeinen Jüngern
ertheilt hatte.
6. Aus dem Betragen Jeſu erhellet, daß es keinesweges un-
terſagt ſey, ſeine öffentlich verletzte Ehre auf eine vernünftige
Weiſe zu vertheidigen.
15. Abhörung falſcher Zeugen gegen Jeſum.
Da nun durch dieſe Vertheidigung Jeſu alle Anſchlä-
ge der Feinde auf einmal vernichtet waren: ſo war man auf
ein anderes Mittel bedacht, den Mordanſchlag gegen das
Leben Jeſu auszuführen. Die Hohenprieſter, die Aelte-
ſten und ſämtliche Mitglieder des hohen Raths bewarben
ſich nunmehr um falſche Zeugniſſe wider Jeſum. Es fan-
den ſich auch wirklich verſchiedene ein, die falſche Zeugen
abgeben wollten. Man verhörte ſie, einen nach dem an-
dern; allein ihre Auſſagen waren ihnen zu ihrer Abſicht
nicht behülflich. Denn theils waren ſie nicht von der Cr-
heblichkeit, daß ſie auch nur mit einigem Schein ein To-
desurtheil darauf hätten gründen können; theils ſtimmten
ſie nicht mit einander überein, welches doch das Geſetz er-
forderte, dem ſie äuſſerlich gemäß zu handeln ſcheinen woll-
ten. Endlich traten zween Zeugen wider Jeſum auf, de-
ren Auſſage wichtiger zu ſeyn ſchien. Der eine bezeugte,
Jeſus habe geſagt: ich kann den Tempel Gottes ab-
brechen, und in dreyen Tagen einen andern bauen.
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/261>, abgerufen am 16.02.2025.
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