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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Von dem Leiden Jesu selbst.
tern, Stöcken und Fackeln hieher gekommen, mich
gefangen zu nehmen; nicht anders, als wenn ihr ei-
nen Strassenräuber mit seiner Bande aufsuchen
wolltet, von dem ihr die stärkste Gegenwehr zu be-
sorgen hättet. Ich habe ja, wie ihr selbst wisset,
Tag vor Tag auf euren Lehrstühlen in dem Tempel
das Volk unterrichtet. Warum legtet ihr da nicht
die Hände an mich? Jedoch, ihr konntet es nicht
thun, so sehr ihr auch darnach trachtetet; denn die
Zeit meines Leidens war noch nicht vorhanden. Aber
jetzt ist die Stunde da, die ihr schon längst so sehnlich
erwartet habt; die Stunde, wo ihr aus Verblen-
dung eure Bosheit an mir ausübet. Aber glaubet
nicht, daß ihr hierin nach eurer eignen Willkühr han-
delt. Alles, was mir begegnen mag, ist durch ei-
nen höhern Rathschluß über mich verhänget, und ge-
schieht zur Erfüllung desjenigen, was die Propheten
von meinem Leiden geweissaget haben.
Diese so
liebreiche und nachdrückliche Rede machte auf das Herz der
Feinde so wenig Eindruck, daß sie vielmehr Jesu unverzüg-
lich die Fesseln anlegten, und ihn, wie sie Befehl hatten,
fortführten.

Praktische Anmerkungen.

1. Die theure Pflicht, an den Seelen der Menschen zu arbei-
ten, mit welcher sich Jesus während seinem ganzen Aufenthalt
auf der Erde beschäftiget hatte, übt er noch unter den Leiden
aus. Möchte ich doch auch in guten und bösen Tagen so erbau-
lich durch meinem Wandel werden!

2. Es mag mir begegnen, was da will, so weiß ich, daß es
durch ein weises und gütiges Verhängniß Gottes geschieht.

3. Die Stunde, in welcher eine Trübsal über mich kommen
soll, ist von Gott genau bestimmt. Eher kann mich kein Unfall
berühren.

4. Auch
P 5.

Von dem Leiden Jeſu ſelbſt.
tern, Stöcken und Fackeln hieher gekommen, mich
gefangen zu nehmen; nicht anders, als wenn ihr ei-
nen Straſſenräuber mit ſeiner Bande aufſuchen
wolltet, von dem ihr die ſtärkſte Gegenwehr zu be-
ſorgen hättet. Ich habe ja, wie ihr ſelbſt wiſſet,
Tag vor Tag auf euren Lehrſtühlen in dem Tempel
das Volk unterrichtet. Warum legtet ihr da nicht
die Hände an mich? Jedoch, ihr konntet es nicht
thun, ſo ſehr ihr auch darnach trachtetet; denn die
Zeit meines Leidens war noch nicht vorhanden. Aber
jetzt iſt die Stunde da, die ihr ſchon längſt ſo ſehnlich
erwartet habt; die Stunde, wo ihr aus Verblen-
dung eure Bosheit an mir ausübet. Aber glaubet
nicht, daß ihr hierin nach eurer eignen Willkühr han-
delt. Alles, was mir begegnen mag, iſt durch ei-
nen höhern Rathſchluß über mich verhänget, und ge-
ſchieht zur Erfüllung desjenigen, was die Propheten
von meinem Leiden geweiſſaget haben.
Dieſe ſo
liebreiche und nachdrückliche Rede machte auf das Herz der
Feinde ſo wenig Eindruck, daß ſie vielmehr Jeſu unverzüg-
lich die Feſſeln anlegten, und ihn, wie ſie Befehl hatten,
fortführten.

Praktiſche Anmerkungen.

1. Die theure Pflicht, an den Seelen der Menſchen zu arbei-
ten, mit welcher ſich Jeſus während ſeinem ganzen Aufenthalt
auf der Erde beſchäftiget hatte, übt er noch unter den Leiden
aus. Möchte ich doch auch in guten und böſen Tagen ſo erbau-
lich durch meinem Wandel werden!

2. Es mag mir begegnen, was da will, ſo weiß ich, daß es
durch ein weiſes und gütiges Verhängniß Gottes geſchieht.

3. Die Stunde, in welcher eine Trübſal über mich kommen
ſoll, iſt von Gott genau beſtimmt. Eher kann mich kein Unfall
berühren.

4. Auch
P 5.
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[233/0255] Von dem Leiden Jeſu ſelbſt. tern, Stöcken und Fackeln hieher gekommen, mich gefangen zu nehmen; nicht anders, als wenn ihr ei- nen Straſſenräuber mit ſeiner Bande aufſuchen wolltet, von dem ihr die ſtärkſte Gegenwehr zu be- ſorgen hättet. Ich habe ja, wie ihr ſelbſt wiſſet, Tag vor Tag auf euren Lehrſtühlen in dem Tempel das Volk unterrichtet. Warum legtet ihr da nicht die Hände an mich? Jedoch, ihr konntet es nicht thun, ſo ſehr ihr auch darnach trachtetet; denn die Zeit meines Leidens war noch nicht vorhanden. Aber jetzt iſt die Stunde da, die ihr ſchon längſt ſo ſehnlich erwartet habt; die Stunde, wo ihr aus Verblen- dung eure Bosheit an mir ausübet. Aber glaubet nicht, daß ihr hierin nach eurer eignen Willkühr han- delt. Alles, was mir begegnen mag, iſt durch ei- nen höhern Rathſchluß über mich verhänget, und ge- ſchieht zur Erfüllung desjenigen, was die Propheten von meinem Leiden geweiſſaget haben. Dieſe ſo liebreiche und nachdrückliche Rede machte auf das Herz der Feinde ſo wenig Eindruck, daß ſie vielmehr Jeſu unverzüg- lich die Feſſeln anlegten, und ihn, wie ſie Befehl hatten, fortführten. Praktiſche Anmerkungen. 1. Die theure Pflicht, an den Seelen der Menſchen zu arbei- ten, mit welcher ſich Jeſus während ſeinem ganzen Aufenthalt auf der Erde beſchäftiget hatte, übt er noch unter den Leiden aus. Möchte ich doch auch in guten und böſen Tagen ſo erbau- lich durch meinem Wandel werden! 2. Es mag mir begegnen, was da will, ſo weiß ich, daß es durch ein weiſes und gütiges Verhängniß Gottes geſchieht. 3. Die Stunde, in welcher eine Trübſal über mich kommen ſoll, iſt von Gott genau beſtimmt. Eher kann mich kein Unfall berühren. 4. Auch P 5.

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/255>, abgerufen am 25.11.2024.