liebe, immer mehr seinem Beyspiel zu nähern; darin müsse ich meine Ehre suchen, durch Geduld alle meine Feinde zu überwinden.
Sechs und dreyßigste Betrachtung. Bekehrung des Schächers zu Jesu.
Luc. 23, 42. Einer der Uebelthäter, welche gehenkt waren, sprach zu Jesu: Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommest.
Hier fand nun mein Heiland unter der grossen Entkräf- tung, die alle seine Glieder einnahm, eine Erqui- ckung, die sein Herz stärkte. Die Schmach, die ihm von dem rohen Haufen seiner Feinde widerfuhr, wur- de dadurch ersetzet, daß ihn ein Sünder für den Heiland der Welt erkannte. Es war seine Freude in seinem gan- zen Lebenswandel gewesen, wenn er Sünder zu sich kom- men sahe, die seine Hülfe in ihrer Noth suchten. Dis versüßte ihm alle Mühseligkeiten, alle Lästerungen, alle Reisen, alle Nachtwachen. Und nun, da seine Feinde zu grausam waren, ihm in seinen grossen Schmerzen eine Erleichterung zu schenken, fand er bey diesem Sünder, der sich bußfertig zu ihm wandte, eine Erquickung, die ihn mehr als alle Erfrischungen stärkte. Und nur er, der in seinem ganzen Leben es zu seinem Hauptgeschäfte gemacht hatte, Sünder zu suchen und selig zu machen, er, dem ein bußfertiger Sünder theurer als eine eroberte Welt war; er, der es für die auserlesenste Freude schätzte, wenn er das Herz eines Sünders erquicken konnte; nur er war dieser Erquickung unter seinen Leiden fähig.
Der
Sechs und dreyßigſte Betrachtung.
liebe, immer mehr ſeinem Beyſpiel zu nähern; darin müſſe ich meine Ehre ſuchen, durch Geduld alle meine Feinde zu überwinden.
Sechs und dreyßigſte Betrachtung. Bekehrung des Schächers zu Jeſu.
Luc. 23, 42. Einer der Uebelthäter, welche gehenkt waren, ſprach zu Jeſu: Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommeſt.
Hier fand nun mein Heiland unter der groſſen Entkräf- tung, die alle ſeine Glieder einnahm, eine Erqui- ckung, die ſein Herz ſtärkte. Die Schmach, die ihm von dem rohen Haufen ſeiner Feinde widerfuhr, wur- de dadurch erſetzet, daß ihn ein Sünder für den Heiland der Welt erkannte. Es war ſeine Freude in ſeinem gan- zen Lebenswandel geweſen, wenn er Sünder zu ſich kom- men ſahe, die ſeine Hülfe in ihrer Noth ſuchten. Dis verſüßte ihm alle Mühſeligkeiten, alle Läſterungen, alle Reiſen, alle Nachtwachen. Und nun, da ſeine Feinde zu grauſam waren, ihm in ſeinen groſſen Schmerzen eine Erleichterung zu ſchenken, fand er bey dieſem Sünder, der ſich bußfertig zu ihm wandte, eine Erquickung, die ihn mehr als alle Erfriſchungen ſtärkte. Und nur er, der in ſeinem ganzen Leben es zu ſeinem Hauptgeſchäfte gemacht hatte, Sünder zu ſuchen und ſelig zu machen, er, dem ein bußfertiger Sünder theurer als eine eroberte Welt war; er, der es für die auserleſenſte Freude ſchätzte, wenn er das Herz eines Sünders erquicken konnte; nur er war dieſer Erquickung unter ſeinen Leiden fähig.
Der
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Sechs und dreyßigſte Betrachtung.
liebe, immer mehr ſeinem Beyſpiel zu nähern; darin müſſe
ich meine Ehre ſuchen, durch Geduld alle meine Feinde zu
überwinden.
Sechs und dreyßigſte Betrachtung.
Bekehrung des Schächers zu Jeſu.
Luc. 23, 42.
Einer der Uebelthäter, welche gehenkt waren, ſprach zu Jeſu:
Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommeſt.
Hier fand nun mein Heiland unter der groſſen Entkräf-
tung, die alle ſeine Glieder einnahm, eine Erqui-
ckung, die ſein Herz ſtärkte. Die Schmach, die
ihm von dem rohen Haufen ſeiner Feinde widerfuhr, wur-
de dadurch erſetzet, daß ihn ein Sünder für den Heiland
der Welt erkannte. Es war ſeine Freude in ſeinem gan-
zen Lebenswandel geweſen, wenn er Sünder zu ſich kom-
men ſahe, die ſeine Hülfe in ihrer Noth ſuchten. Dis
verſüßte ihm alle Mühſeligkeiten, alle Läſterungen, alle
Reiſen, alle Nachtwachen. Und nun, da ſeine Feinde
zu grauſam waren, ihm in ſeinen groſſen Schmerzen eine
Erleichterung zu ſchenken, fand er bey dieſem Sünder, der
ſich bußfertig zu ihm wandte, eine Erquickung, die ihn
mehr als alle Erfriſchungen ſtärkte. Und nur er, der in
ſeinem ganzen Leben es zu ſeinem Hauptgeſchäfte gemacht
hatte, Sünder zu ſuchen und ſelig zu machen, er, dem ein
bußfertiger Sünder theurer als eine eroberte Welt war;
er, der es für die auserleſenſte Freude ſchätzte, wenn er das
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/184>, abgerufen am 16.02.2025.
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