pheten: Tod, ich will dir ein Gift seyn: Grab, ich ich will dir eine Pestilenz seyn.
Aber wie erkenne ich aus diesem Umstande die Grösse meiner Verschuldungen, und die Unendlichkeit der Liebe Jesu! Wie abscheulich muß meine Sünde seyn, da um derselben willen mein Jesus an dem Orte der Missethäter in der größten Schmach und unter den heftigsten Schmer- zen sterben muß! Wie innig muß der Dank seyn, wel- chen ich meinem Erlöser auch für diesen Theil seines Lei- dens schuldig bin! Nun mag ich sterben, wo ich will, so wird allemal mein Tod ein seliger Tod seyn. Ich mag unter den Händen meiner Feinde, oder in den Armen mei- ner Geliebten von dem Tode überfallen werden; ich wer- de in beyden Fällen nicht zu verzagen Ursache haben. Je- der Ort, wo ich den Tod leide, wird für mich ein Weg zum Himmel seyn, wenn ich in der Vereinigung mit Jesu sterbe.
Ein und dreyßigste Betrachtung. Jesus am Kreuze.
Joh. 19, 18. Allda kreuzigten sie ihn.
Sie kreuzigten ihn! Drey Worte, welche alles in sich fassen, was eine Seele mit Schrecken und Freude erfüllen kann. Johannes sagt uns in der nachdruckvollesten Kürze alles, was die Empfindungen des Mitleidens, der Liebe und Dankbarkeit rege machen kann. Ein andrer Schriftsteller würde unter diesen Umständen
al-
Ein und dreyßigſte Betrachtung.
pheten: Tod, ich will dir ein Gift ſeyn: Grab, ich ich will dir eine Peſtilenz ſeyn.
Aber wie erkenne ich aus dieſem Umſtande die Gröſſe meiner Verſchuldungen, und die Unendlichkeit der Liebe Jeſu! Wie abſcheulich muß meine Sünde ſeyn, da um derſelben willen mein Jeſus an dem Orte der Miſſethäter in der größten Schmach und unter den heftigſten Schmer- zen ſterben muß! Wie innig muß der Dank ſeyn, wel- chen ich meinem Erlöſer auch für dieſen Theil ſeines Lei- dens ſchuldig bin! Nun mag ich ſterben, wo ich will, ſo wird allemal mein Tod ein ſeliger Tod ſeyn. Ich mag unter den Händen meiner Feinde, oder in den Armen mei- ner Geliebten von dem Tode überfallen werden; ich wer- de in beyden Fällen nicht zu verzagen Urſache haben. Je- der Ort, wo ich den Tod leide, wird für mich ein Weg zum Himmel ſeyn, wenn ich in der Vereinigung mit Jeſu ſterbe.
Ein und dreyßigſte Betrachtung. Jeſus am Kreuze.
Joh. 19, 18. Allda kreuzigten ſie ihn.
Sie kreuzigten ihn! Drey Worte, welche alles in ſich faſſen, was eine Seele mit Schrecken und Freude erfüllen kann. Johannes ſagt uns in der nachdruckvolleſten Kürze alles, was die Empfindungen des Mitleidens, der Liebe und Dankbarkeit rege machen kann. Ein andrer Schriftſteller würde unter dieſen Umſtänden
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Ein und dreyßigſte Betrachtung.
pheten: Tod, ich will dir ein Gift ſeyn: Grab, ich
ich will dir eine Peſtilenz ſeyn.
Aber wie erkenne ich aus dieſem Umſtande die Gröſſe
meiner Verſchuldungen, und die Unendlichkeit der Liebe
Jeſu! Wie abſcheulich muß meine Sünde ſeyn, da um
derſelben willen mein Jeſus an dem Orte der Miſſethäter
in der größten Schmach und unter den heftigſten Schmer-
zen ſterben muß! Wie innig muß der Dank ſeyn, wel-
chen ich meinem Erlöſer auch für dieſen Theil ſeines Lei-
dens ſchuldig bin! Nun mag ich ſterben, wo ich will, ſo
wird allemal mein Tod ein ſeliger Tod ſeyn. Ich mag
unter den Händen meiner Feinde, oder in den Armen mei-
ner Geliebten von dem Tode überfallen werden; ich wer-
de in beyden Fällen nicht zu verzagen Urſache haben. Je-
der Ort, wo ich den Tod leide, wird für mich ein Weg
zum Himmel ſeyn, wenn ich in der Vereinigung mit
Jeſu ſterbe.
Ein und dreyßigſte Betrachtung.
Jeſus am Kreuze.
Joh. 19, 18.
Allda kreuzigten ſie ihn.
Sie kreuzigten ihn! Drey Worte, welche alles
in ſich faſſen, was eine Seele mit Schrecken und
Freude erfüllen kann. Johannes ſagt uns in der
nachdruckvolleſten Kürze alles, was die Empfindungen des
Mitleidens, der Liebe und Dankbarkeit rege machen kann.
Ein andrer Schriftſteller würde unter dieſen Umſtänden
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/160>, abgerufen am 16.02.2025.
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