handeln. Meine Wahl ist bestimmt. Hinweg, Welt, mit deinen Sünden und Freuden. Ich will Jesum und den Himmel haben. Ich will selig seyn.
Vier und zwanzigste Betrachtung. Entsetzliche Verwünschung der Juden.
Matth. 27, 24. 25. Als Pilatus sah, daß er nichts schaffte, sondern daß viel ein grösseres Getümmel ward, nahm er Wasser, und wusch die Hände vor dem Volk, und sprach: ich bin unschuldig an dem Blute des Gerechten; sehet ihr zu. Da antwortete das ganze Volk und sprach: sein Blut komme über uns und über unsre Kinder.
Gewiß, kein sündlicher Wunsch ist jemals mit so vie- lem Gepränge, Einmüthigkeit und Eifer, und un- ter so schrecklichen Umständen ausgesprochen wor- den. Es war nicht die Handlung einer plötzlich aufstei- genden Wuth, sondern eine überlegte und unerbittliche Bosheit. Das Volk, welches diese Verfluchung ausstieß, kannte die Person und den Charakter Jesu Christi; sie waren Augenzeugen seines unbefleckten Lebens; sie hatten unzähligemal die göttliche Lehre, die er predigte, gehöret, und die Wunder, die er verrichtete, gesehen. Pilatus bemühete sich einmal über das andere, Jesum in Frey- heit zu setzen. Allein ihr rachgieriges und blutdürstiges Herz konnte nicht besänftiget werden. Sie schrieen hefti- ger, als jemals, kreuzige, kreuzige ihn. Und da der heid- nische Richter seine Unschuld erklärte, so hatten sie die Frechheit auszurufen: sein Blut komme über uns und über unsre Kinder.
Es
Vier und zwanzigſte Betrachtung.
handeln. Meine Wahl iſt beſtimmt. Hinweg, Welt, mit deinen Sünden und Freuden. Ich will Jeſum und den Himmel haben. Ich will ſelig ſeyn.
Vier und zwanzigſte Betrachtung. Entſetzliche Verwünſchung der Juden.
Matth. 27, 24. 25. Als Pilatus ſah, daß er nichts ſchaffte, ſondern daß viel ein gröſſeres Getümmel ward, nahm er Waſſer, und wuſch die Hände vor dem Volk, und ſprach: ich bin unſchuldig an dem Blute des Gerechten; ſehet ihr zu. Da antwortete das ganze Volk und ſprach: ſein Blut komme über uns und über unſre Kinder.
Gewiß, kein ſündlicher Wunſch iſt jemals mit ſo vie- lem Gepränge, Einmüthigkeit und Eifer, und un- ter ſo ſchrecklichen Umſtänden ausgeſprochen wor- den. Es war nicht die Handlung einer plötzlich aufſtei- genden Wuth, ſondern eine überlegte und unerbittliche Bosheit. Das Volk, welches dieſe Verfluchung ausſtieß, kannte die Perſon und den Charakter Jeſu Chriſti; ſie waren Augenzeugen ſeines unbefleckten Lebens; ſie hatten unzähligemal die göttliche Lehre, die er predigte, gehöret, und die Wunder, die er verrichtete, geſehen. Pilatus bemühete ſich einmal über das andere, Jeſum in Frey- heit zu ſetzen. Allein ihr rachgieriges und blutdürſtiges Herz konnte nicht beſänftiget werden. Sie ſchrieen hefti- ger, als jemals, kreuzige, kreuzige ihn. Und da der heid- niſche Richter ſeine Unſchuld erklärte, ſo hatten ſie die Frechheit auszurufen: ſein Blut komme über uns und über unſre Kinder.
Es
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Vier und zwanzigſte Betrachtung.
handeln. Meine Wahl iſt beſtimmt. Hinweg, Welt,
mit deinen Sünden und Freuden. Ich will Jeſum und
den Himmel haben. Ich will ſelig ſeyn.
Vier und zwanzigſte Betrachtung.
Entſetzliche Verwünſchung der Juden.
Matth. 27, 24. 25.
Als Pilatus ſah, daß er nichts ſchaffte, ſondern daß viel ein
gröſſeres Getümmel ward, nahm er Waſſer, und wuſch die
Hände vor dem Volk, und ſprach: ich bin unſchuldig an
dem Blute des Gerechten; ſehet ihr zu. Da antwortete das
ganze Volk und ſprach: ſein Blut komme über uns und
über unſre Kinder.
Gewiß, kein ſündlicher Wunſch iſt jemals mit ſo vie-
lem Gepränge, Einmüthigkeit und Eifer, und un-
ter ſo ſchrecklichen Umſtänden ausgeſprochen wor-
den. Es war nicht die Handlung einer plötzlich aufſtei-
genden Wuth, ſondern eine überlegte und unerbittliche
Bosheit. Das Volk, welches dieſe Verfluchung ausſtieß,
kannte die Perſon und den Charakter Jeſu Chriſti; ſie
waren Augenzeugen ſeines unbefleckten Lebens; ſie hatten
unzähligemal die göttliche Lehre, die er predigte, gehöret,
und die Wunder, die er verrichtete, geſehen. Pilatus
bemühete ſich einmal über das andere, Jeſum in Frey-
heit zu ſetzen. Allein ihr rachgieriges und blutdürſtiges
Herz konnte nicht beſänftiget werden. Sie ſchrieen hefti-
ger, als jemals, kreuzige, kreuzige ihn. Und da der heid-
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/130>, abgerufen am 16.02.2025.
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