Ein und zwanzigste Betrachtung. Bekenntniß Jesu vor Pilato.
Joh. 18, 33 - 38. Da gieng Pilatus wieder hinein in das Richthauß, und rief Jesu und sprach zu ihm: Bist du der Jüden König? -- Jesus antwortete: mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt; meine Diener würden drob kämpfen, daß ich den Jüden nicht überantwortet wür- de. Aber nun ist mein Reich nicht von dannen. Da sprach Pilatus zu ihm: So bist du dennoch ein König? Je- sus antwortete: du sagests. Ich bin ein König. Ich bin dazu gebohren, und in die Welt kommen, daß ich die Wahrheit zeugen soll.
Es ist zur Ueberzeugung meines Glaubens und zu meiner Beruhigung unumgänglich nothwendig, daß ich an dir, gemarterter Heiland, einen Kö- nig finde, von welchem ich alles zu erwarten berechtiget bin, was zu meinem Glück, zu meiner Sicherheit und zu meiner Befreyung nöthig ist. Wie leicht konnte es geschehen, daß deine Jünger unter der grossen Schmach, die du littst, dich verkannten! Denn du hattest keine Gestalt noch Schöne. Du warst der Allerverachteste und Unwertheste, voller Schmerzen und Krankheit: du warst so verachtet, daß man vor dir, als dem niedrig- sten Sklaven, sein Angesicht verbarg. Darum war es nöthig, daß du jetzt ein Bekenntniß von deiner könig- lichen Hoheit ablegtest. Und war dieses Bekenntniß für Pilatum fruchtlos; so ist es doch für mich nicht. Für mich ist es von der äussersten Wichtigkeit, daß ich es weiß: Jesus sey ein König, er sey der verheissene
Mes-
Ein und zwanzigſte Betrachtung. Bekenntniß Jeſu vor Pilato.
Joh. 18, 33 – 38. Da gieng Pilatus wieder hinein in das Richthauß, und rief Jeſu und ſprach zu ihm: Biſt du der Jüden König? — Jeſus antwortete: mein Reich iſt nicht von dieſer Welt. Wäre mein Reich von dieſer Welt; meine Diener würden drob kämpfen, daß ich den Jüden nicht überantwortet wür- de. Aber nun iſt mein Reich nicht von dannen. Da ſprach Pilatus zu ihm: So biſt du dennoch ein König? Je- ſus antwortete: du ſageſts. Ich bin ein König. Ich bin dazu gebohren, und in die Welt kommen, daß ich die Wahrheit zeugen ſoll.
Es iſt zur Ueberzeugung meines Glaubens und zu meiner Beruhigung unumgänglich nothwendig, daß ich an dir, gemarterter Heiland, einen Kö- nig finde, von welchem ich alles zu erwarten berechtiget bin, was zu meinem Glück, zu meiner Sicherheit und zu meiner Befreyung nöthig iſt. Wie leicht konnte es geſchehen, daß deine Jünger unter der groſſen Schmach, die du littſt, dich verkannten! Denn du hatteſt keine Geſtalt noch Schöne. Du warſt der Allerverachteſte und Unwertheſte, voller Schmerzen und Krankheit: du warſt ſo verachtet, daß man vor dir, als dem niedrig- ſten Sklaven, ſein Angeſicht verbarg. Darum war es nöthig, daß du jetzt ein Bekenntniß von deiner könig- lichen Hoheit ablegteſt. Und war dieſes Bekenntniß für Pilatum fruchtlos; ſo iſt es doch für mich nicht. Für mich iſt es von der äuſſerſten Wichtigkeit, daß ich es weiß: Jeſus ſey ein König, er ſey der verheiſſene
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Ein und zwanzigſte Betrachtung.
Bekenntniß Jeſu vor Pilato.
Joh. 18, 33 – 38.
Da gieng Pilatus wieder hinein in das Richthauß, und rief
Jeſu und ſprach zu ihm: Biſt du der Jüden König? —
Jeſus antwortete: mein Reich iſt nicht von dieſer Welt.
Wäre mein Reich von dieſer Welt; meine Diener würden
drob kämpfen, daß ich den Jüden nicht überantwortet wür-
de. Aber nun iſt mein Reich nicht von dannen. Da ſprach
Pilatus zu ihm: So biſt du dennoch ein König? Je-
ſus antwortete: du ſageſts. Ich bin ein König. Ich bin dazu
gebohren, und in die Welt kommen, daß ich die Wahrheit
zeugen ſoll.
Es iſt zur Ueberzeugung meines Glaubens und zu
meiner Beruhigung unumgänglich nothwendig,
daß ich an dir, gemarterter Heiland, einen Kö-
nig finde, von welchem ich alles zu erwarten berechtiget
bin, was zu meinem Glück, zu meiner Sicherheit und
zu meiner Befreyung nöthig iſt. Wie leicht konnte es
geſchehen, daß deine Jünger unter der groſſen Schmach,
die du littſt, dich verkannten! Denn du hatteſt keine
Geſtalt noch Schöne. Du warſt der Allerverachteſte
und Unwertheſte, voller Schmerzen und Krankheit: du
warſt ſo verachtet, daß man vor dir, als dem niedrig-
ſten Sklaven, ſein Angeſicht verbarg. Darum war es
nöthig, daß du jetzt ein Bekenntniß von deiner könig-
lichen Hoheit ablegteſt. Und war dieſes Bekenntniß
für Pilatum fruchtlos; ſo iſt es doch für mich nicht.
Für mich iſt es von der äuſſerſten Wichtigkeit, daß ich
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/118>, abgerufen am 16.02.2025.
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