Tod Jesu, welch ein Tod für mich! Gott seyn, und Mensch werden, um nur unendlich leiden zu können; Gott seyn, und der Verachteste und Niedrigste unter den Menschen werden; Gott seyn, und in Gethsemane im Kam- pfe mit Gott blutigen Schweiß schwitzen; Gott seyn, und am Kreuze ausrufen: mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen; Gott seyn, und sterben; für auf- rührische Geschöpfe, für Menschen, für mich sterben, welch ein Tod ist dieses! So starb kein Stephanus, kein Ja- cobus, kein Paulus.
Wenn ich die Leidensgeschichte Jesu aus diesem ih- ren wahren Gesichtspunkte betrachte, so ist es nicht mög- lich, daß ich sie lesen, oder an sie gedenken kann, ohne al- le Regungen des Erstaunens und Mitleidens, des Glau- bens und der Liebe, der Dankbarkeit und Nacheiferung zu fühlen, die sie zu erwecken fähig ist. Mit welcher In- brunst muß ich einen Erlöser lieben, der alles, was er besaß, alle Hoheit, Majestät und Freude mir aufopferte, um mich von dem Elende zu befreyen, in welches ich durch die Sünde gerathen war. Kann meine Dankbarkeit feu- rig genug seyn, wenn ich an die unendliche Seligkeit ge- denke, die ich meinem Mittler zu danken habe?
Ach, undankbares Herz, noch immer zu wenig liebest du den, der dich bis in Tod geliebet hat. O laß dich durch das Feuer der göttlichen Liebe in Flammen se- tzen, und beeifre dich im Glauben, dich an den zu erge- ben, der dir so unaussprechliche Seligkeiten durch seinen Mittlertod erworben hat.
Achtzehnte
Siebzehnte Betr. Gottheit des leidenden Jeſu.
Tod Jeſu, welch ein Tod für mich! Gott ſeyn, und Menſch werden, um nur unendlich leiden zu können; Gott ſeyn, und der Verachteſte und Niedrigſte unter den Menſchen werden; Gott ſeyn, und in Gethſemane im Kam- pfe mit Gott blutigen Schweiß ſchwitzen; Gott ſeyn, und am Kreuze ausrufen: mein Gott, mein Gott, warum haſt du mich verlaſſen; Gott ſeyn, und ſterben; für auf- rühriſche Geſchöpfe, für Menſchen, für mich ſterben, welch ein Tod iſt dieſes! So ſtarb kein Stephanus, kein Ja- cobus, kein Paulus.
Wenn ich die Leidensgeſchichte Jeſu aus dieſem ih- ren wahren Geſichtspunkte betrachte, ſo iſt es nicht mög- lich, daß ich ſie leſen, oder an ſie gedenken kann, ohne al- le Regungen des Erſtaunens und Mitleidens, des Glau- bens und der Liebe, der Dankbarkeit und Nacheiferung zu fühlen, die ſie zu erwecken fähig iſt. Mit welcher In- brunſt muß ich einen Erlöſer lieben, der alles, was er beſaß, alle Hoheit, Majeſtät und Freude mir aufopferte, um mich von dem Elende zu befreyen, in welches ich durch die Sünde gerathen war. Kann meine Dankbarkeit feu- rig genug ſeyn, wenn ich an die unendliche Seligkeit ge- denke, die ich meinem Mittler zu danken habe?
Ach, undankbares Herz, noch immer zu wenig liebeſt du den, der dich bis in Tod geliebet hat. O laß dich durch das Feuer der göttlichen Liebe in Flammen ſe- tzen, und beeifre dich im Glauben, dich an den zu erge- ben, der dir ſo unausſprechliche Seligkeiten durch ſeinen Mittlertod erworben hat.
Achtzehnte
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Siebzehnte Betr. Gottheit des leidenden Jeſu.
Tod Jeſu, welch ein Tod für mich! Gott ſeyn, und
Menſch werden, um nur unendlich leiden zu können;
Gott ſeyn, und der Verachteſte und Niedrigſte unter den
Menſchen werden; Gott ſeyn, und in Gethſemane im Kam-
pfe mit Gott blutigen Schweiß ſchwitzen; Gott ſeyn, und
am Kreuze ausrufen: mein Gott, mein Gott, warum
haſt du mich verlaſſen; Gott ſeyn, und ſterben; für auf-
rühriſche Geſchöpfe, für Menſchen, für mich ſterben, welch
ein Tod iſt dieſes! So ſtarb kein Stephanus, kein Ja-
cobus, kein Paulus.
Wenn ich die Leidensgeſchichte Jeſu aus dieſem ih-
ren wahren Geſichtspunkte betrachte, ſo iſt es nicht mög-
lich, daß ich ſie leſen, oder an ſie gedenken kann, ohne al-
le Regungen des Erſtaunens und Mitleidens, des Glau-
bens und der Liebe, der Dankbarkeit und Nacheiferung
zu fühlen, die ſie zu erwecken fähig iſt. Mit welcher In-
brunſt muß ich einen Erlöſer lieben, der alles, was er
beſaß, alle Hoheit, Majeſtät und Freude mir aufopferte,
um mich von dem Elende zu befreyen, in welches ich durch
die Sünde gerathen war. Kann meine Dankbarkeit feu-
rig genug ſeyn, wenn ich an die unendliche Seligkeit ge-
denke, die ich meinem Mittler zu danken habe?
Ach, undankbares Herz, noch immer zu wenig
liebeſt du den, der dich bis in Tod geliebet hat. O laß
dich durch das Feuer der göttlichen Liebe in Flammen ſe-
tzen, und beeifre dich im Glauben, dich an den zu erge-
ben, der dir ſo unausſprechliche Seligkeiten durch ſeinen
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/104>, abgerufen am 16.02.2025.
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