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Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670.

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Archimedes
Von
Denen Schnekken-Lineen.


Archimedes dem Dositheo seinen
Gruß!

DEn meisten Teihl derer/ an Konon abgeschikkten/
Betrachtungen/ deren Beweißthume du so vielfaltig von
mir begehrest/ hast du allbereit unter denen Sachen/ welche
dir vom Hercule überbracht worden sind/ würklich em-
pfangen: etliche aber hab ich in dieses Buch zusammge-
schrieben/ die ich dann hiermit auch übersende. Du darfst
dich aber nicht verwundern/ daß ich eine geraume Zeit mit Ausfertigung ih-
rer Beweißthume zugebracht habe; sintemal solches ist daher kommen/ dieweil
ich wolte/ daß vorher andere dieser Wissenschafften erfahrne/ und auf Erfor-
schung dieser Dinge schon bedachte/ ihre Gedanken zu Tage gäben. Dann wie
viel finden sich doch Betrachtungen in der Meßkunst/ die da anfänglich zwar
kaum-er gründlich scheinen/ mit der Zeit aber dannoch ihre Vollkommenheit
erreichen? Konon hat zwar das Glükk nicht gehabt/ genugsame Zeit auf
Durchsuchung solcher Dinge zu wenden/ sondern/ von dem Todt übereilet/ die-
selbe in einiger Dunkelheit und Unvollkommenheit hinterlassen müssen/ ob er
schon alles gefunden hatte/ neben vielen andern Dingen/ durch welche er die
Meßkunst umb ein merkliches erweitert hat. Dann wir wissen/ daß er ein
Mann gewesen/ eines nicht gemeinen Verstandes/ und eines übermässigen
Fleisses in denen Mathematischen Wissenschafften. Nach des Konons Todt
aber sind viel Jahre vtrgangen/ da/ meines Wissens/ niemand einige von die-
sen Aufgaben berühret hat/ welche ich jezund alle nacheinander zu behandeln
gesonnen bin. Es werden zwar auch zwey (oder drey) von Konon ausgeson-
derte Betrachtungen/ so ihre Vollkommenheit nicht erreichet hatten/ mit einge-
menget; auf daß die jenigen/ so sich rühmen alles erfunden zu haben und doch
keinen Beweiß aufbringen/ beschämet werden/ als die jenige/ welche sich un-
möglicher Dinge Erfindung rühmen. Was nun dieses für Aufgaben seyen/
will ich dir nächst denen/ deren Beweißthume du allbereit hast/ wie auch denen
übrigen/ so in diesem Buch fürkommen und von mir für gut gehalten werden/
jezund kundt machen. Die erste war: Eine ebene Fläche finden/ wel-
che der äussern Fläche einer gegebenen Kugel gleich sey;
welche dann
auch zum ersten aufgelöset worden in dem Buch/ welches ich von der Kugel
heraus gegeben habe. Dann/ weil daselbsten (a) bewiesen worden/ daß einer

jeden
B b b ij


Archimedes
Von
Denen Schnekken-Lineen.


Archimedes dem Doſitheo ſeinen
Gruß!

DEn meiſten Teihl derer/ an Konon abgeſchikkten/
Betrachtungen/ deren Beweißthume du ſo vielfaltig von
mir begehreſt/ haſt du allbereit unter denen Sachen/ welche
dir vom Hercule uͤberbracht worden ſind/ wuͤrklich em-
pfangen: etliche aber hab ich in dieſes Buch zuſammge-
ſchrieben/ die ich dann hiermit auch uͤberſende. Du darfſt
dich aber nicht verwundern/ daß ich eine geraume Zeit mit Ausfertigung ih-
rer Beweißthume zugebracht habe; ſintemal ſolches iſt daher kommen/ dieweil
ich wolte/ daß vorher andere dieſer Wiſſenſchafften erfahrne/ und auf Erfor-
ſchung dieſer Dinge ſchon bedachte/ ihre Gedanken zu Tage gaͤben. Dann wie
viel finden ſich doch Betrachtungen in der Meßkunſt/ die da anfaͤnglich zwar
kaum-er gruͤndlich ſcheinen/ mit der Zeit aber dannoch ihre Vollkommenheit
erreichen? Konon hat zwar das Gluͤkk nicht gehabt/ genugſame Zeit auf
Durchſuchung ſolcher Dinge zu wenden/ ſondern/ von dem Todt uͤbereilet/ die-
ſelbe in einiger Dunkelheit und Unvollkommenheit hinterlaſſen muͤſſen/ ob er
ſchon alles gefunden hatte/ neben vielen andern Dingen/ durch welche er die
Meßkunſt umb ein merkliches erweitert hat. Dann wir wiſſen/ daß er ein
Mann geweſen/ eines nicht gemeinen Verſtandes/ und eines uͤbermaͤſſigen
Fleiſſes in denen Mathematiſchen Wiſſenſchafften. Nach des Konons Todt
aber ſind viel Jahre vtrgangen/ da/ meines Wiſſens/ niemand einige von die-
ſen Aufgaben beruͤhret hat/ welche ich jezund alle nacheinander zu behandeln
geſonnen bin. Es werden zwar auch zwey (oder drey) von Konon ausgeſon-
derte Betrachtungen/ ſo ihre Vollkommenheit nicht erreichet hatten/ mit einge-
menget; auf daß die jenigen/ ſo ſich ruͤhmen alles erfunden zu haben und doch
keinen Beweiß aufbringen/ beſchaͤmet werden/ als die jenige/ welche ſich un-
moͤglicher Dinge Erfindung ruͤhmen. Was nun dieſes fuͤr Aufgaben ſeyen/
will ich dir naͤchſt denen/ deren Beweißthume du allbereit haſt/ wie auch denen
uͤbrigen/ ſo in dieſem Buch fuͤrkommen und von mir fuͤr gut gehalten werden/
jezund kundt machen. Die erſte war: Eine ebene Flaͤche finden/ wel-
che der aͤuſſern Flaͤche einer gegebenen Kugel gleich ſey;
welche dann
auch zum erſten aufgeloͤſet worden in dem Buch/ welches ich von der Kugel
heraus gegeben habe. Dann/ weil daſelbſten (a) bewieſen worden/ daß einer

jeden
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[383/0411] Archimedes Von Denen Schnekken-Lineen. Archimedes dem Doſitheo ſeinen Gruß! DEn meiſten Teihl derer/ an Konon abgeſchikkten/ Betrachtungen/ deren Beweißthume du ſo vielfaltig von mir begehreſt/ haſt du allbereit unter denen Sachen/ welche dir vom Hercule uͤberbracht worden ſind/ wuͤrklich em- pfangen: etliche aber hab ich in dieſes Buch zuſammge- ſchrieben/ die ich dann hiermit auch uͤberſende. Du darfſt dich aber nicht verwundern/ daß ich eine geraume Zeit mit Ausfertigung ih- rer Beweißthume zugebracht habe; ſintemal ſolches iſt daher kommen/ dieweil ich wolte/ daß vorher andere dieſer Wiſſenſchafften erfahrne/ und auf Erfor- ſchung dieſer Dinge ſchon bedachte/ ihre Gedanken zu Tage gaͤben. Dann wie viel finden ſich doch Betrachtungen in der Meßkunſt/ die da anfaͤnglich zwar kaum-er gruͤndlich ſcheinen/ mit der Zeit aber dannoch ihre Vollkommenheit erreichen? Konon hat zwar das Gluͤkk nicht gehabt/ genugſame Zeit auf Durchſuchung ſolcher Dinge zu wenden/ ſondern/ von dem Todt uͤbereilet/ die- ſelbe in einiger Dunkelheit und Unvollkommenheit hinterlaſſen muͤſſen/ ob er ſchon alles gefunden hatte/ neben vielen andern Dingen/ durch welche er die Meßkunſt umb ein merkliches erweitert hat. Dann wir wiſſen/ daß er ein Mann geweſen/ eines nicht gemeinen Verſtandes/ und eines uͤbermaͤſſigen Fleiſſes in denen Mathematiſchen Wiſſenſchafften. Nach des Konons Todt aber ſind viel Jahre vtrgangen/ da/ meines Wiſſens/ niemand einige von die- ſen Aufgaben beruͤhret hat/ welche ich jezund alle nacheinander zu behandeln geſonnen bin. Es werden zwar auch zwey (oder drey) von Konon ausgeſon- derte Betrachtungen/ ſo ihre Vollkommenheit nicht erreichet hatten/ mit einge- menget; auf daß die jenigen/ ſo ſich ruͤhmen alles erfunden zu haben und doch keinen Beweiß aufbringen/ beſchaͤmet werden/ als die jenige/ welche ſich un- moͤglicher Dinge Erfindung ruͤhmen. Was nun dieſes fuͤr Aufgaben ſeyen/ will ich dir naͤchſt denen/ deren Beweißthume du allbereit haſt/ wie auch denen uͤbrigen/ ſo in dieſem Buch fuͤrkommen und von mir fuͤr gut gehalten werden/ jezund kundt machen. Die erſte war: Eine ebene Flaͤche finden/ wel- che der aͤuſſern Flaͤche einer gegebenen Kugel gleich ſey; welche dann auch zum erſten aufgeloͤſet worden in dem Buch/ welches ich von der Kugel heraus gegeben habe. Dann/ weil daſelbſten (a) bewieſen worden/ daß einer jeden B b b ij

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Zitationshilfe: Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_kunst_1670/411>, abgerufen am 26.11.2024.